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Möwennest-Reihe Gesamtband (German Edition)

Möwennest-Reihe Gesamtband (German Edition)

Titel: Möwennest-Reihe Gesamtband (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Biesenbach
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klar, denke ich.“
    Unvermittelt stand Petr auf, ging zu einer Vitrine in der Ecke, schnappte sich sowohl eine bauchige Flasche sowie zwei hohe Schnapsgläser und kam zurück. Er schenkte den goldbraunen Obstbrand aus und reichte Harry eines der Gläser.
    „Guter Slivovica , sehr guter Slivovica , Harry“, versprach er.
    Petr prostete ihm zu, dann stürzte er die Flüssigkeit mit einem Schluck hinunter und gab einen Seufzer von sich.
    Harry roch an seinem Schnaps und verzog das Gesicht . Ihm blieb keine Wahl. Ein Getränk von Petr Stojic abzulehnen, kam einem selbst unterzeichneten Todesurteil gleich. Also setzte er das Glas unter der wachsamen Aufsicht seines Chefs an die Lippen und trank es aus.
    Obwohl es ihm die Gänsehaut auf die Arme trieb und außerdem in seinem gereizten Rachen brannte, nickte er pflichtschuldig und brachte ein leises „Der ist wirklich gut“ heraus. Petr nickte zufrieden. Die erste richtig erkennbare Gefühlsregung, die Harry bei ihm ausmachen konnte, seit sie sich gegenübersaßen.
    Sie war nicht von Dauer. Nachdem Petr einmal mehr nachgeschenkt und die Flasche anschließend beiseite gestellt hatte, neutralisierte sich seine Miene.
    „Man erzählt sich“, sagte er, „dass Verräter darin den Geschmack ihres Verrats schmecken können.“
    „Erzählt man sich das?“ fragte Harry vorsichtig. Er hatte eine sehr genaue Vorstellung, worauf diese Bemerkung abzielte. Scheinbar jedoch hatte er die falschen Worte der Erwiderung gewählt.
    „Genug davon. Du weißt, wieso du hier bist und wieso das alles passiert ist.“
    „Ich kann …“
    Petr knallte sein Schnapsglas auf das Schachbrett, sodass die elfenbeinernen Figuren umhersprangen.
    „Schnauze!“, schrie er, fing seine Stimme ein und redete danach intensiv , jedoch in gewohnt sachlich kalter Manier auf Harry ein.
    „Du hattest in den letzten zehn Jahren nur eine Aufgabe. Nur eine, Harry. Die lautete: Harry, lass das scheiß Gebäude nicht aus den Augen. Und wenn was passiert, melde dich bei uns. Wenn sich Ari Sklaaten blicken lässt, ruf uns an. Wir haben dich in Ruhe gelassen, weil wir dachten, du schaffst das. Und dann erfahre ich aus dem Fernsehen, dass Het Meeuwennest eingestürzt ist und zu allem Überfluss, dass sich mein Informant dort befand als es geschah.“
    „ Petr, ich …“
    „ Schnauze habe ich gesagt. Meine Familie hat dir vertraut, Harry. Wir haben dir anvertraut, wieso wir Sklaaten unbedingt finden müssen. Er hat etwas gestohlen, etwas sehr Wichtiges. Und dann verschwindest du einfach aus dem Krankenhaus und meine Leute finden dich zusammen mit dem, dem wir seit Jahren hinterherjagen. Du hast mich enttäuscht, Harry. Und wie du weißt, enttäuscht man mich besser nicht.“
    Er runzelte die Stirn und schien für Sekunden nicht zu wissen, wie er seinen Vortrag fortsetzen sollte. Schließlich fragte er: „Du warst damals dabei oder nicht?“
    Mit damals meinte Petr zweifellos jenen Tag, an dem Ari Sklaaten sich Petr zum Todfeind gemacht hatte. Deshalb nickte Harry. Diesen Tag hatte keiner von Stojics Angestellten je vergessen. Die Bilder und Erinnerungen vor seinem inneren Auge waren zwar etwas angestaubt, dennoch wurden sie in dieser Sekunde präsenter als alles andere.
    „Gut“, sagte Stojic, „dann weißt du wohl auch, was für ein schlechtes Bild diese ganze Sache auf dich wirft.“
    Er wandte die Augen ab, schaute auf das Schachbrett und rückte nach kurzer Pause das Glas, das er vorhin auf das Brett geknallt hatte in ein freies Feld, welches früher einmal ein weißer Bauer vor dem König ausgefüllt hatte. Harry beobachtete, wie er danach die übrigen (durch seinen Wutausbruch versprengten) Figuren an ihre Plätze zurückstellte.
    Als sein Chef die Ordnung vollends wiederhergestellt hatte, schaute er zu Harry auf.
    „Viktor hat mir einige Dinge erzählt. Und die hören sich alle nach Höchstverrat an. Also, sag mir, Harry: Hast du uns verraten?“
    Harry wollte „Nein“ sagen. I rgendwie blieb ihm das Wort im Hals stecken, sodass er nur ein unverständliches Krächzen über die Lippen brachte.
    Petr zog die Stirn in Falten. „Das reicht mir nicht, Harry“, sagte er dann.
    Im Unterton seiner Stimme schwang eine Bedrohung mit, die beinahe greifbar schien. Harry kannte keinen anderen Menschen, der derart viel Macht und Nachdruck in das legen konnte, was er aussprach, ohne dabei Lautstärke oder Tonhöhe auch nur um Nuancen zu verändern. Mehr noch, P etrs Stimme war in jenem Augenblick dermaßen

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