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Möwennest-Reihe Gesamtband (German Edition)

Möwennest-Reihe Gesamtband (German Edition)

Titel: Möwennest-Reihe Gesamtband (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Biesenbach
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werdende Reihe seiner Bauern hinweg. Petr schaute auf die Armbanduhr und schüttelte den Kopf. Sein Gesichtsausdruck offenbarte für Bruchteile eines Augenblicks etwas, das man bei den meisten Menschen für Bedauern gehalten hätte. Weil Harry wusste, dass Petr Stojic, so lange er ihn kannte, nie jemanden bedauert hatte, tippte er eher darauf, dass es der Ärger darüber war, dass Harry ihm fünf Minuten seines Lebens gestohlen hatte.
    „Die Zeit ist um, Harry … Schach“, sagte Petr und zog seine Dame genau vor Harrys blank stehenden König. Die Figur saß fest, links und rechts blockiert von einer bewegungsunfähigen Dame und einem ebenfalls nicht einsatzbereiten Läufer. Er konnte nur die Flucht nach vorne antreten und schlug in letzter Konsequenz mit seinem König die gegnerische Dame. Petrs Mund kräuselte sich zu einem Lächeln.
    „Schachmatt.“
    Der nahe Läufer schlug Harrys König und das Spiel war vorbei. Harry hatte verloren. Verloren nach nur vier oder fünf Zügen.
    Elender Verlierer , ätzte seine innere Stimme.
    E r ignorierte sie. Es war bei dieser Sache nicht um das Schachspiel gegangen. Sein Leben hatte nur davon abgehangen, ob Petr ihm noch einmal Glauben schenkte. Doch der hatte erst einmal anderes im Sinn.
    „Harry, Harry, Harry, reingefallen auf den ältesten Bauerntrick, den es beim Schach gibt“, tadelte er und griff nach der Flasche, die er vorhin beiseite gestellt hatte. Er füllte seinen Aushilfsbauern und forderte auch Harrys Glas. Dem war speiübel und überhaupt nicht nach mehr Sliwowitz. Er wagte nur nicht, das gegenüber Petr zum Ausdruck zu bringen.
    „ Dieser Sem, war der nur hinter Sklaatens Geld her?“, wollte Stojic wissen, bevor er seinen Schnaps in einem Zug leerte. Harry nippte an der Flüssigkeit und stellte sie dann auf dem Schachbrett ab.
    Er vers uchte, eine Antwort auf die Frage zu finden. Die versteckte sich allerdings unter einer ganzen Reihe von Ereignissen, an die sich Harry nur bruchstückhaft erinnerte. Vor allem fiel ihm der Schmerz ein, den seine abgeschossener Zehe ihm bereitet hatte ... und jetzt noch bereitete.
    „War er hinter dem Geld her oder nicht?!“
    „Er … also … Er“, stammelte Harry.
    „Antworte oder ich knall dich auf der Stelle ab!“, schrie Petr und sprang aus seinem Sessel. In diesem Moment schoss die Antwort (wie gerufen) durch Harrys Kopf. Er packte sie so fest er konnte.
    „Herrje … Nein, nein … Also … nicht nur jedenfalls. Zuerst ja, aber dann redete er irgendwas mit Rache, und dass Sklaaten irgendjemandes Vater getötet hatte und von abgehackten Händen und … und … und“, sprudelte es aus Harrys Mund. Er musste sich zusammenreißen, damit sich seine Stimme nicht währenddessen überschlug.
    „Und weiter?“
    „Weiter? Herrje … Er hat mir eine Waffe an den Kopf gehalten und irgendeinen Stuss erzählt.“
    „Das reicht mir nicht, Harry.“
    „Aber …“
    Petr hob gebieterisch die Hand und schüttelte den Kopf. Harry verstummte. Stojic seufzte, als müsste er etwas erledigen, das er nur sehr ungern tat und am liebsten vermieden hätte. Er zögerte eine Sekunde, dann entfernte er sich. Harry wagte nicht, ihm hinterherzuschauen. Er hörte deutlich, wie sein Boss den Raum durchschritt, die Flügeltür entriegelte und sie öffnete.
    „Du.“
    „Ja, Chef?“
    „Reinkommen.“
    Petr kam mit Viktor im Schlepptau zurück. Der Auftragskiller stellte eine zufriedene Visage zur Schau, als er vollends in Harrys Blickfeld stand.
    Dass er hinzugebeten worden war, konnte nur eines bedeuten. Die letzten Minuten in Harrys Leben hatten geschlagen und Viktor würde es beenden. Es war kaum ein Geheimnis, dass Kulac nichts lieber tat, als nach erfolgreicher Jagd die gefangene Beute endlich zu erlegen. Der Mann war eine Tötungsmaschine und dabei keine vierzig Jahre alt. Wie viele Morde in und um Rotterdam auf das Konto des gelockten Todesengels gingen, war schwer bis gar nicht zu beantworten. Harry wusste nur, dass es mehr als genug waren. Er kannte Kulac seit dieser begonnen hatte für Stojic zu arbeiten. Das war sicher schon fünfzehn Jahre her. Damals war Viktor ein hitziger Jungspund gewesen, der vor allem als Schläger und Handlanger für Drecksarbeiten gebraucht worden war. Ein knappes Jahr später hatte er einen von Stojics Dealern bei dem Versuch erwischt, ihren gemeinsamen Boss um eine Summe von weniger als 200 Gulden zu bescheißen. Konsequent, wie er seit jeher war, hatte Kulac dem Kerl mit einer Eisenstange den

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