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Möwennest-Reihe Gesamtband (German Edition)

Möwennest-Reihe Gesamtband (German Edition)

Titel: Möwennest-Reihe Gesamtband (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Biesenbach
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wimmerte er. Er wurde unruhig, wirbelte um die eigene Achse, als würde er etwas im Raum suchen, es aber nicht finden. Er raufte sich die Haare, öffnete den Mund, schloss ihn und öffnete ihn erneut.
    „Müssen weg. Muss gehen. War schon zu lange hier … Nein, nein, nein! ... Lass mich! Ich hör‘ nicht mehr auf dich!“, quiekte er und schien endgültig dem Wahnsinn zu verfallen.
    „Sie kommen, kennen keine Gnade. Wir haben keine Opfer auf der Sandbank. Ohne Opfer wird es wütend. Die Hand ist das Pfand. Keiner kann es dann bändigen. Es funktioniert nur, wenn das Schloss befestigt wird. Aber es wird’s nicht zulassen. Ist unter Beton vergraben jetzt. Seit Jahren, keiner kann ‘s auswechseln. Hab gelogen gestohlen, versagt, mein Versprechen gebrochen.“
    Harry hatte genug von diesem Kauderwelsch gehört. Zuerst hatte Sklaaten ihn beinahe erwürgt, jetzt redete er nur wirres Zeug. Harry riss der Geduldsfaden. Er wusste nicht, woher die plötzliche Wut kam, aber sie machte ihn rasend. Nein, Ari machte ihn rasend. Diese Seite an sich selbst kannte Harry überhaupt nicht, eigentlich war er ein gemütlicher Typ, den nichts aus der Fassung brachte, doch jetzt war alles anders. Er sprang nach vorn und packte Sklaaten am Mantelkragen. Der vor Jahren so berühmte Sternekoch war einen Kopf größer, aber das machte in diesem Moment nichts. Harry drückte ihn gegen die Tür.
    „Sag uns, was wir wissen müssen, du Spinner! Hast du nicht genug angerichtet?! Jetzt sag schon! Herrje, verdammt und zugenäht! Du hast die Lösung gefunden, also raus mit der Sprache!“
    Ari winselte unter seinem Griff, obwohl Harry ihm damit wohl kaum wehtat. Er wollte nur die Wahrheit, eine eindeutige Antwort, einen Hinweis, irgendetwas das half, diesem ganzen Treiben ein Ende zu machen.
    Eine Schweißperle rollte Harry über die Wange, das Blut war ihm bis in beide Ohren gestiegen. Im gleichen Moment spürte er Ingas Hand auf der Schulter und sein Zorn, der so explosiv aus ihm herausgebrochen war, verrauchte unerklärlicherweise. Er ließ Sklaaten los und atmete schwer. Das Blut wich aus seinem Kopf. Eine Sekunde zuvor war er noch voller Energie gewesen, jetzt fühlte er sich kraftlos und verbraucht.
    Was geschieht hier zum Teufel?
    „Ich weiß nicht, was hier läuft“, krächzte er und musste seine Hände dabei auf die Oberschenkel stützen, um nicht umzufallen, „aber irgendwas stimmt mit dem Kerl nicht. Irgendwas stimmt nicht.“
    Ari stand unterdessen da wie versteinert, sein Gesicht wirkte weinerlich und verwirrt. Man konnte den Eindruck gewinnen, er sei ein großes Kind, das sich in einem dunklen Wald verlaufen hatte und allein nicht wieder hinaus fand. Vermutlich war er so tief verirrt, dass auch niemand jemals mehr käme und ihn wieder hinausführen. Selbst Inga Heemstedde, traute Harry das nicht zu. Und dann fing Ari Sklaaten von jetzt auf gleich an zu schluchzen, sank zu Boden und weinte.
    „Tut mir leid, so leid, so leid“, wimmerte er immer wieder.
    „Ist schon gut, Ari“, beruhigte Inga, ging zu ihm hin und strich ihm sanft über die verfilzten Haarsträhnen.
    „Es ist bei dir im Haus, Harry“, brachte Sklaaten irgendwo zwischen Schluchzern und „Tut mir leid“ hervor, aber das war keine neue Information und half nicht wirklich. Was bei Harry in der Wohnung war und wo genau es sich befand, behielt er auch weiterhin für sich und verriet es nicht.
    Wenn sie ein wenig Glück gehabt hätten und er noch länger in diesem Zustand hilfloser Verlorenheit verbracht hätte, wäre er möglicherweise bereit gewesen, ihnen mehr verraten, aber sie hatten das Glück in dieser Nacht nicht auf ihrer Seite. Schon im nächsten Moment kippte Ari Sklaatens verwirrtes Bewusstsein in eine völlig andere Rolle.
    Er riss Ingas Hand weg, schubste die alte Frau von sich und sprang entsetzt auf, die Augen gefüllt mit Wahnsinn. Es war der Wahnsinn, den Harry bereits vor drei Nächten in seinen Blicken gesehen hatte.
    „Du“, brüllte Ari Sklaaten. „Du bist es.“
    Inga wankte zwei Schritte zurück, bevor sie sich fing, und bewahrte dann in bewundernswerter Weise die Ruhe.
    „Ich bin was, Ari?“ fragte sie ruhig und machte schon wieder einen Schritt nach vorn.
    „Du bist Es!“ wiederholte der Tobende nur, schnappte sich das Messer auf der Spüle und wedelte damit drohend durch die Luft.
    Vermutlich konnte er sich nicht entscheiden, ob er angreifen oder weglaufen sollte, denn er blieb Sekunden in dieser Haltung, sprang einen Schritt vor

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