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Möwenspur

Möwenspur

Titel: Möwenspur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean-Pierre Kermanchec
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besucht?“ fragte Ewen.
„Das war am Freitag, nach der Arbeit. Ich gehe jeden
Freitag bei ihm vorbei, wenn ich zum Einkaufen und
auf den Markt nach Concarneau fahre. Dann besuche
ich ihn in seiner kleinen Fabrik. Er erwartet mich immer schon.“
„Interessant, doch zurück zu Ihnen, wie lange arbeiten
Sie schon bei der Firma Bondella?“
„Seit etwa neun Jahren.“
„Haben Sie Feinde in der Firma oder sagen wir mal
Neider?“
„Wer hat das nicht. Ich bin die Chefsekretärin und da
wird man natürlich von den anderen Frauen beneidet.
Allein schon wegen des Einflusses auf seinen Chef,
wenn man gut ist.“
„Oder wenn man gut aussieht?“ Paul Chevrier hatte
diese Bemerkung fallen lassen um ihre Reaktion darauf zu testen.
„Danke für das Kompliment, aber das Aussehen ist
für meinen Chef nicht so wichtig. Da zählt das Können!“ Julie Guillo war recht schlagfertig gewesen um
auf diesen Einwand zu kontern.
„Wissen Sie von einem Spitznamen, den man Ihnen in
der Firma gegeben haben könnte?“ Ewen setzte das
Gespräch jetzt wieder fort.
„Einen Spitznamen? Nein ich weiß von keinem. Es sei
denn…, es sei denn, Sie meinen den Namen den der
Personalchef, mein früherer Chef mir einmal gegeben
hat.“
„Wie hat er Sie denn genannt?“
„Das war nach einer Betriebsfeier, da hatte ich ein
Sommerkleid angezogen, das mit lauter kleinen Lutschern bedruckt war. Man musste schon nahe heran
treten um zu sehen, dass es kleine Lutscher waren.
Damals sagte er zu mir ich sei ja eine Lolita, in Anspielung auf die Lollipops. Früher lief wohl eine Krimi-Serie mit einem Kommissar aus New York der
immer einen Lutscher im Mund hatte. Diesen Krimi
hatte er gerne und sehr oft angesehen. Ich kenne diese
Krimi-Serie nicht, das war wohl lange vor meiner
Zeit. Kojak soll sein Name gewesen sein.“
„Aber die Mitarbeiter in der Firma nennen Sie nicht
so?“
„Das weiß ich nicht, vielleicht gibt es den einen oder
anderen der mich hinter meinem Rücken so nennt.“
„Können Sie uns ihre Telefonnummer hinterlassen,
falls wir noch weitere Fragen haben?“
„Sie brauchen nur Bondella anzurufen, die Nummer
kennen Sie ja schon. Anstelle der letzten 1 wählen Sie
dann einfach meine Durchwahl, es ist die 23.“
„Danke Frau Guillo, das war es auch schon. Verzeihen Sie die Unannehmlichkeiten.“
Julie Guillo stand nun sichtlich erleichtert auf und
ging aus dem Zimmer. Paul sah ihr nach und stellte
fest, dass sie wirklich eine sehr gute Figur hatte.
*
    René Guillo war ein kleiner und sehr korpulenter
Mann. Er watschelte ein wenig wie eine Ente wenn er
über den Hof seines Unternehmens ging. Seine Mitarbeiter nannten ihn auf Grund seines Ganges den Erpel.
Er war ein strenger Chef und achte sehr darauf, dass
seine Arbeiter nicht zu viel Zeit mit Dummheiten vergeudeten. Sein kleiner Fischmehlbetrieb lief sehr gut.
Er verarbeitete bis zu dreißig Tonnen in der Woche
und hatte dadurch ein ganz gutes, wenn auch nicht
übertrieben hohes Einkommen. Er bezahlte seine Mitarbeiter anständig, so dass es unter der Belegschaft
keine Probleme gab. Er war stolz darauf dass in seinem Betrieb niemand
gewerkschaftlich
organisiert
war und auch noch nie gestreikt worden war.
Als er an diesem Montagnachmittag von seinem Büro,
dass sich in einer Art Baracke befand über den Hof zu
der Halle ging, in der das Fischmehl hergestellt wurde
sah er den Polizeiwagen auf den Hof fahren. Er hatte
noch nie Besuch von der Polizei auf seinem Industriegelände gehabt. Daher war sein Erstaunen groß und er
überlegte ob er am Morgen auf dem Weg hierher vielleicht zu schnell gefahren war, schloss es aber sofort
wieder aus. Er blieb in der Mitte des Hofes stehen und
wartete dass die Polizisten aus dem Wagen stiegen.
Ein jüngerer Polizist hatte am Steuer gesessen und auf
dem Beifahrersitz sah er einen älteren Herrn, der nun
den Wagen verließ.
„Bonjour! Monsieur Guillo?“ fragte Ewen als er auf
den kleinen dicken Mann zuging.
„Bonjour, ja das bin ich, was kann ich für Sie tun?“
„Wir haben nur einige Fragen an Sie.“ sagte Ewen
und begann ohne Umschweife mit der Befragung.
„Wir müssen Sie bitten uns einige Fragen zu beantworten die Ihre Tochter betreffen. Wann haben Sie
Ihre Tochter zum letzten Mal gesehen?“
„Meine Tochter Julie war am Freitag bei mir. Da hat
sie mich aufgesucht um mir guten Tag zu sagen. Sie
kommt jeden Freitag bei mir vorbei. Sie war nicht
lange hier. Hat sie etwas angestellt?“
„Nein Herr Guillo, sie hat nichts angestellt, es

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