Möwenspur
sind
Routinefragen die wir stellen müssen. Sagen Sie,
könnten Sie uns ihr Fischlager zeigen.“
„Mein Fischlager? Hören Sie, ich mache Fischmehl
und keine Fischkonserven. Bei mir finden Sie keine
Fische.“
„Verzeihen Sie mir meine Unkenntnis, ich meine Natürlich die Fischreste, die Sie zu Fischmehl verarbeiten. Sie haben doch bestimmt ein Vorratslager.“
„Natürlich, wenn die Reste hier angeliefert werden,
dann werden Sie mit dem Container hinter der Halle
in einem Schuppen abgestellt. Von dort werden die
Abfälle über ein Förderband in die Halle befördert
und verarbeitet.“
„Könnten Sie uns das zeigen?“
„Sind Sie deswegen zu mir gekommen um mein Restelager zu sehen?
Hat sich jemand über mich beschwert?“
„Nein Monsieur Guillo, beantworten Sie doch bitte
unsere Frage, mehr kann ich Ihnen im Moment nicht
mitteilen.“
Guillo watschelte vor den Polizisten her und führte sie
um die Halle herum. Der Gestank von verdorbenem
Fisch wurde immer stärker und Ewen konnte Julie
Guillo jetzt verstehen, als sie sagte, dass sie von diesem Geruch genug habe. Es stank bestialisch als sie
vor den Containern standen. Ein Container war auf
der Rückseite geöffnet. Ein kleiner Schaufelradlader
fuhr in den Container hinein, füllte seine Schaufel und
transportierte die Abfälle zum Förderband. Dort kippte er sie in einen großen Trichter über dem Förderband, das die Abfälle in die Halle zur weiteren Verarbeitung transportierte. Ewen hatte genug gesehen und
zeigte Guillo, dass er wieder nach vorne gehen wollte.
Vor der Halle fragte er ihn, ob er sich vorstellen könnte, dass man vom Gelände Fischabfälle in kleinen
Mengen heimlich entwenden konnte.
„Natürlich ist das grundsätzlich möglich. Aber wer
holt sich Fischabfälle. Verspeisen kann man die nicht,
die sind doch verdorben! Außerdem, sie haben es
selbst gerochen, die stinken so schlimm, dass jeder
der damit durch die Stadt spaziert, auffallen und sofort gemieden würde.“
Kommissar Ewen Kerber bedankte sich bei Monsieur
Guillo und stieg wieder in den Polizeiwagen.
„Das war ja ein widerlicher Gestank, fandest du nicht
auch Paul?“
„Ich war froh als wir wieder nach vorne gingen, kaum
auszuhalten“, meinte Paul und lenkte den Wagen wieder auf die Straße, zurück nach Quimper.
„Guillo hat schon recht wenn er sagt, dass man damit
auffallen würde. Es stellt sich also die Frage, wie frische Abfälle transportiert werden können ohne dass
der Geruch sich im Auto festsetzt. Damit sie nicht
sofort vergammeln, müssen sie verschlossen und gekühlt in einem Behälter sein. Diesen Gestank müsste
man dann doch noch längere Zeit in einem Behältnis
nachweisen können? Sobald wir einen Hinweis auf
einen möglichen Täter oder eine Täterin haben müssen wir uns nach einer solchen Transportmöglichkeit
umsehen. Ich denke an einen Kühlbeutel oder eine
Kühlbox.“ Ewen sah Paul an.
„Du hast recht, danach sollten wir Ausschau halten.
Aber es muss schon eine größere Box sein. In eine
kleine Kühltasche passt nicht so viel hinein wie wir
bei den Leichen fanden und ein Kühlbeutel ist zudem
deutlich schwerer zu reinigen.“
*
Marc und sein Freund Gerard waren Montagmorgen
im Garten geblieben, jeder war nach dem Frühstück in
eine Zeitung vertieft gewesen. Gerard hatte Marc gesagt, dass er am Nachmittag nach Quimper fahren
wolle. Er brauchte neue Leinwand und Farbe. Langsam gingen seine Vorräte aus. Er schätzte, dass er
etwas mehr als zwei Stunden fort sei. Danach könnten
sie ja vielleicht noch gemeinsam etwas unternehmen.
Marc Louvin war es ganz recht, dass Gerard einiges
zu erledigen hatte. Er wollte ebenfalls nach Quimper
fahren um mit Ewen zu sprechen, nachdem er von
seinem Kollegen Jean-Paul Claude informiert worden
war, dass man den letzten der Vergewaltiger ausfindig
gemacht, ihn aber leider ebenfalls nicht zu Hause angetroffen hat. Er sei auf einer Urlaubsreise, laut der
Aussage seiner Sekretärin.
Jean-Marie Morvan arbeitete in Toulouse bei Airbus
als Ingenieur.
Jean-Paul erwähnte gegenüber Marc auch noch, dass
man am Samstagmorgen schon sehr früh bei Robert
Le Floch angerufen habe, der jetzt als Leiche aufgetaucht war. Er war der 126igste ‚Robert Le Floch‘
gewesen, den die Kollegen kontaktiert hatten. Wenn
wir ihn erreicht hätten könnte er vielleicht noch leben.
Marc war froh, dass man wenigstens den letzten der
vier Freunde gefunden hatte, hoffentlich noch bevor
er sich auf den Weg in den Tod machen konnte.
Kapitel
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