Möwenspur
bei einem Gemüseverarbeitungsbetrieb arbeitet. Das deutet doch ebenfalls auf Julie
Guillo hin.“
„Ich habe das gesehen, aber die Formulierung von
dieser Lolita ist eher vage. Daher bin ich mir nicht
sicher, ob man diese Passage so ernst nehmen kann.
Was, wenn dein Freund recht hat und eine andere Frau
versucht, die Spuren von sich abzulenken? Ich nehme
die Idee von deinem Freund durchaus sehr ernst.“
„Daran habe ich auch gedacht.“
„Ewen, ihr habt doch bestimmt die Fundorte in eine
Karte eingetragen um die Tatorte in Beziehung zueinander zu bringen?“
„Haben wir, komm ich zeige sie dir.“ Marc ging mit
Ewen in einen zweiten Raum, es war das große Besprechungszimmer der Abteilung. Dort hatten sie, auf
der Stirnseite des Raumes alle Bilder der Toten aufgehängt und alle Spuren fein säuberlich notiert und
aufgezeichnet. Darüber hing eine Karte mit den drei
Fundorten. Marc sah sich die Fundorte genauer an.
Die beiden letzten Tatorte lagen an der Küste von Raguénez. Nur der erste, der war ein gutes Stück entfernt. Um von dem letzten Tatort zu dem ersten zu
gelangen musste man, nach seinen groben Berechnungen beinahe dreißig Kilometer mit dem Auto fahren.
Drei Tatorte eines Mörders so weit auseinander. Er
überlegte angestrengt, was man daraus ableiten konnte. Aus seiner Sicht waren es mehrere Dinge. Zu
Ewen gewandt sprach er seine Überlegungen laut aus.
„Wenn man sich die Tatorte ansieht, dann sind beinahe dreißig Kilometer dazwischen. Wir wissen, dass
die Opfer ihre Fahrzeuge immer in Pont Aven abgestellt haben und von dort abgeholt worden sind. Damit
müsste der Wohnort der Täterin entweder um Pont
Aven liegen oder um Riec sur Belon. Für mich ist es
eher unwahrscheinlich, dassmaninderNähedesTatortes wohnt wenn man vorhat jemanden von einer
Klippe zu stoßen.“
„Oder der Täter überlegt sich genau das. Er hofft, dass
die Polizei genau so denkt und wählt absichtlich seinen Wohnort als Tatort aus. Oder es gibt zwei Täter.
Der erste Mord wäre demnach von einem anderen
begangen worden.“
Ewen Kerber war erst in dem Moment auf diese Theorie gekommen weil er jetzt, wie Marc auch, sah dass
es eine große Entfernung zwischen dem ersten und
den beiden letzten Tatorten gab. Außerdem hatten sie
in Pont Aven, als sie die Fahrzeuge der ersten beiden
Toten untersucht hatten, schon an die Möglichkeit von
zwei Tätern gedacht.
„Wenn man nur die direkte Entfernung betrachtet,
dann waren es höchstens fünf Kilometer Luftlinie, die
die Tatorte auseinander lagen. Aber man kann nur per
Boot auf dieser kurzen Strecke zu den Orten gelangen.“ fuhr Marc mit seinen Überlegungen fort. „Aber
ein Boot ist ausgeschlossen, denn zu dem Fundort
kann man nicht mit dem Boot gelangen. Ein Boot
kann dort nicht festmachen.“ Ewen sah Marc an.
„Aber was ist, wenn es einen Komplizen gab? Nehmen wir an, dass es jemanden gibt, der ein Boot besitzt und die Täterin und das Opfer auf eine Fahrt
mitnimmt. Die Täterin überredet ihr Opfer, mit ihr
eine Strecke über Land zu gehen um dann wieder vom
Boot in Empfang genommen zu werden. Mit einem
Beiboot gehen sie an einer geeigneten Stelle an Land.
Zum Beispiel hier.“ Marc deutete auf der Karte auf
den Strand mit dem Namen ‚Lieu dit Trenez‘. „Die
Täterin oder der Täter geht mit dem Opfer auf dem
Küstenweg spazieren und an einer passenden Stelle
stößt sie oder er ihn hinunter. Dann geht der Täter
zurück, wird vom Boot wieder aufgenommen und sie
segeln oder fahren zurück.“
„Schöne Idee Marc, aber wie kommen die Fischabfälle auf die Leiche?“
Marc Louvin hatte nicht mehr an die Fischabfälle gedacht. Dann kam ihm aber wieder eine Idee.
„Du hast recht Ewen, die Abfälle, nehmen wir an es
hat sich genau so abgespielt wie ich es angenommen
habe. Nur dass der Täter gar nicht spazieren gehen
wollte sondern dem Opfer ein Picknick vorgegaukelt
hat. Dann könnte es sein, dass das Opfer die Fischabfälle noch selber getragen hat.“
„Hmm, da könnte etwas dran sein. Du meinst, dass
der Täter durchaus in der Gegend von Raguénez wohnen könnte und der erste Tatort durch die Hilfe eines
Komplizen an eine andere Stelle verlegt worden ist?“
„Ewen, es könnte auch sein, dass man nach der ersten
Tat festgestellt hat, dass der Aufwand zu groß war
und dass diese Art des Vorgehens die größere Gefahr
in sich barg gesehen zu werden. Danach hat man die
Tat an die Umgebung des Wohnortes verlegt.“
„Das heißt, wenn ich dich richtig verstehe, wir
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