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Mogelpackung: Roman

Mogelpackung: Roman

Titel: Mogelpackung: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Schröter
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Zeit mit euch zusammen.«
    »Du wohnst hier nicht, du bist zu Gast!«
    »Kann nicht sein. Zu Gästen ist man höflich.«
    Das traf sie dann doch. »Schon gut. Tut mir leid. Du kannst am allerwenigsten etwas dafür.«
    »Wenn du mir jetzt noch sagst, wofür, verstehe ich vielleicht mehr.«
    Karla erhob sich vom Sofa, trat vor den Mäusekäfig und deckte die japsende Maus mit ein wenig Heu zu. »Gesche ist irre.«
    »Ja, sie ist schon eine außergewöhnliche Persönlichkeit.«
    »Ich meinte: irre. Irre wie verrückt, durchgeknallt, völlig daneben!«
    »Gesche hat vielleicht so ihre Aussetzer«, räumte Fredo ein. »Als ich vorhin ankam, verschmorte gerade der Braten im Herd. Sie hat es nicht gleich mitgekriegt. Aber dann hatte sie alles im Griff.«
    »Hat sie eben nicht! Aber sie tut so, als ob. Spielt sich auf, als ob sie hier das Sagen hätte. Und zwar nicht erst, seit Mama und Papa weg sind.«
    »Eigentlich hatte sie hier immer das Sagen. Und gar nicht mal selten recht damit.«
    »Das ist so gemein von Mama und Papa, einfach für ein Vierteljahr abzuhauen …«
    »Es ging doch nicht anders«, versuchte Fredo den nächsten Wutausbruch des jungen Mädchens im Keim zu ersticken. Das war es, natürlich: Sie vermisste ihre Eltern, konnte das aber mit ihren fünfzehn Jahren nicht mehr zugeben. Also waren die Alten gemein, und alle anderen bekamen auch ihr Fett weg. »Markus muss es von Berufs wegen. Und für deine Mutter ist es eine einmalige Gelegenheit. Gönne ihr das doch. Drei Monate sind im Nu vorbei.«
    »Du kapierst es nicht. Von mir aus könnten sie gleich in China bleiben! Aber mir die Oma aufzuhalsen – nur weil sie zu feige sind, diese Alte endlich ins Heim zu geben …«
    Gesche ins Heim? Fredo tippte sich an die Stirn. »Du spinnst doch. Wie wär’s denn gleich mit einer Notschlachtung?«
    Anstatt zu explodieren, wie von Fredo insgeheim erwartet, drehte sich Karla wortlos um und kraulte dem lethargischen Mäuserich die Schnuppernase. Als sie sich wieder ihrem Onkel zuwandte, glitzerten ihre Augen verdächtig. Tränen?
    »Bei den Inuit hat man früher Kranke und Alte einfach nachts raus ins Eis gesetzt, bis es vorbei war. Saubere Lösung.« Harte Worte, zitternde Stimme. Tränen bis zur Blickoberkante. Schlittenhundaugen, geflutet. Fredo fand die Diskussion allmählich unheimlich. Höchste Zeit für einen lockeren Spruch.
    »Tja, wir haben leider Frühling. Gefrierfleischabteilung ist woanders.«
    Kein Schmunzeln, keine Widerrede. Karla fixierte ihn nur nachdenklich. Fredo zuckte mit den Achseln. »Markus meinte, ich könnte mich im Gästezimmer breitmachen. Ich hol mal mein Gepäck aus dem Wagen.«
    Karla nickte stumm und wandte sich wieder dem siechen Speedy zu.

    In der Diele roch es nur noch schwach nach dem angebrannten Essen. Gesche ließ sich nicht blicken. Mittagsschlaf, vermutete Fredo. Keine schlechte Idee eigentlich, sollte er sich vielleicht auch gönnen. Die vergangenen Nächte im Billighotel hatte er ja kaum geschlafen. Fredo zog automatisch sein Handy aus der Tasche und checkte das Display: Keine Nachrichten. Sandra hüllte sich endlich in Schweigen.
    Vor der Haustür blinzelte er kurz genießerisch in die Frühlingssonne, bis ihn aufspritzender Kies schlagartig ins Hier und Jetzt zurückholte: Über die Auffahrt flitzte ein Radfahrer, den Hintern ohne Sattelkontakt in die Höhe gereckt und den Kopf windschnittig tief über den Lenker gebeugt. Ungebremst fegte die Gestalt um die Kurve zur Garage. Fredo hatte den Warnruf fast auf den Lippen, da hörte er es schon scheppern. Er sprintete los und kam gerade rechtzeitig, um zu sehen, wie sich ein Junge benommen von der Benz-Kofferraumklappe hochrappelte und verdutzt auf das Blech unter sich starrte. An der Stirn blutete eine nicht allzu lange Schramme, die Brille saß ihm etwas schief auf der Nase – ansonsten schien der Bruchpilot glimpflich davongekommen zu sein. Fredo atmete auf.
    »Alles noch dran?«
    Der Junge nickte und rutschte, etwas hüftsteif, von seinem unfreiwillig gewählten Hochsitz zurück auf festen Boden. Dann grinste er Fredo schief an. »Mama und Papa parken nie vor der Garage …« Er inspizierte die Limousine und wies auf den Lackschaden an der Tür. »Hey, das war ich aber nicht.«
    »Ist deinem Vater am Flughafen passiert«, log Fredo automatisch. Als ob es bei der Karre mittlerweile noch darauf ankäme. Das Fahrrad hatte eine v-förmige Kerbe in die Rückfront der Limousine gestanzt. Dafür lag es jetzt mit

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