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Mogelpackung: Roman

Mogelpackung: Roman

Titel: Mogelpackung: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Schröter
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hatte, fand Helena ganz niedlich. Wirklich, der Abend war überraschend angenehm gewesen. Weitaus angenehmer als die Pizza an sich, die mit einer Überdosis Billigkäse zugepappt gewesen war, an der Helena immer noch kaute.
    Sie ging über den Schulhof und freute sich über die warmen Sonnenstrahlen. Eigentlich lief es für sie gar nicht so schlecht in Bornstedt. Als Helena die kleine Treppe zum Parkplatz hinabstieg, kämpfte sie sogar gegen das aufsteigende Hochgefühl an, die Stufen ganz albern herunterzutänzeln.
    Bis sie einen verschrammten Mercedes E-350 sportlich in die Parkplatzeinfahrt brettern sah. Fredo Fried drehte eine quietschende Ehrenrunde ums Buchsbaumrondell herum und brachte seinen Wagen unmittelbar vor einem Pulk junger Schulmädchen zum Stehen.

    Da steht sie ja, dachte Fredo, als er seine Nichte zwischen ihren Klassenkameradinnen entdeckte. Karla trug eine psychedelische Monsterkreation aus buntgefärbten Pappröhren in den Händen – Haushaltsrollen, Alufolie und Klopapier, erkannte Fredo – und schickte ihm ein strahlendes Lächeln entgegen, als er aus dem Wagen stieg und zu ihr ging. Die blonde Gazelle stand auch in dem Grüppchen und klimperte mit seidenweichen Wimpern. Juliane, erinnerte sich Fredo. Aufgebrezelt nach allen Regeln der Kunst, die anderen Damen überwiegend auch. Und alle sehen mich so merkwürdig an …
    »Fredo, wie süß, dass du mich abholst!«, begrüßte ihn Karla überschwenglich und überreichte ihm gleichzeitig ihr fragiles Kunstwerk. »Bitte nicht fallen lassen«, vergatterte sie ihren Onkel zu weitgehender Bewegungslosigkeit – und stellte Fredo damit vor erhebliche Probleme. Denn im gleichen Atemzug ereilte ihn ein Déjà-vu: Karlas schlanke Arme um seinen Hals, hellblaue Augen mit Silberglanz in Nahaufnahme, ihr Mund auf seinem. Mit dem Unterschied, dass ihre Lippen diesmal keineswegs verkrampft wirkten. Er spürte sogar eine vorwitzig sondierende Zungenspitze – dann war der Spuk vorbei, noch bevor Fredo sich für eine irgendwie angemessene Reaktion zu entscheiden vermochte. Angesichts der mit offenen Mündern staunenden Mädchenschar hoffte er zumindest, ein halbwegs souveränes Bild abzugeben.
    »Hier rein, aber bitte vorsichtig!«
    Karla riss bereits die hintere Seitentür der Limousine auf und dirigierte Fredo zum Wagen, wo sie ihm dabei half, das Monsterkunstwerk auf der Rückbank zu verstauen. Dabei verschwanden sie beide vornübergebeugt mit ihren Köpfen im Wagen.
    »Was soll der Zirkus?«, zischte Fredo das Mädchen an.
    »Bitte, halt die Klappe, mach einfach mit!«, zischte Karla flehend zurück. Bevor Fredo darauf antworten konnte, fühlte er, wie Karlas Hand über seinen rücklings aus der Limousine gereckten Hosenboden strich und neckisch den Bund seiner Jeans unterwanderte. Wie elektrisiert fuhr er hoch und knallte prompt unsanft mit dem Kopf gegen die Wagendecke.
    »Einfach mitmachen«, hörte er seine Nichte noch einmal zischeln, dann zog sie sich wieder nach draußen zurück. Fredo rappelte sich hinterher und bekam gerade noch mit, wie sich Karla ausgesprochen lässig von ihren Freundinnen verabschiedete.
    »Ciao, Juliane! Mädels … bis morgen dann …«
    Okay, dachte Fredo, wenn du es so haben willst. Er öffnete in großer Geste die Beifahrertür und lächelte Karla zuckersüß an. »Einsteigen, Liebling – sonst kommen wir zu spät zum Essen!«
    Karla lächelte zurück und schickte sich an, in den Wagen zu steigen. Fredo passte den Moment ab, da sie leicht in die Knie ging, um ihre Schultasche vor dem Sitz abzustellen – und kniff ihr in die Hinterbacke. Diesmal war es das Mädchen, das raketengleich in die Höhe schoss. Die Wagendecke verfehlte sie zwar, dafür gellte ihr spitzer Schreckensschrei über den ganzen Parkplatz.
    »Was für eine Versuchung.« Fredo zwinkerte der immer noch wie vom Donner gerührten Mädchenschar verschmitzt zu und deutete eine Verbeugung an. »Da kann ich einfach nicht widerstehen.«
    Karla hatte sich bereits auf den Beifahrersitz geflüchtet und die Tür zugeknallt, also stieg Fredo nun auch ein und ließ den Motor an. Bevor er dem Benz die Sporen gab, sah er Helena Anatol quer über den Parkplatz auf sich zueilen, mit versteinerter Miene und langen Schritten. Mal wieder keine Spur von Hüftschwung, bedauerte Fredo, startete durch und rollte vom Hof. Im Rückspiegel beobachtete er, wie Helena neben der blonden Juliane stehen blieb und aufgeregt mit ihr debattierte. Dann fiel sein Blick auf das

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