Mogelpackung: Roman
Teppich.
14.
F redo starrte entgeistert auf den Mann, der durch die nicht mehr vorhandene Scheibe ins Zimmer sprang, beidhändig den Betonfußständer eines Gartenschirms schwingend. Einen Sekundenbruchteil später folgte eine zweite Gestalt und bremste den Berserker mit beherztem Schultergriff.
»Bist du irre – stehen bleiben, Wolfgang!«
»Verdammter Kinderschänder!« Köhler riss sich heftig los.
Beim Klang dieser Stimme kam Katrin überrascht unter der Decke hervor, die sie sich im ersten Schock über den Kopf gezogen hatte. »Köhler? Coach Köhler?«
»Frau Weller?« fragte Köhler und stellte verblüfft die Betonkeule ab.
»Frau Anatol?«, staunte Fredo und wurde sich erst jetzt seiner Blöße bewusst. »Bleiben Sie nur kurz oder wollen Sie auch ablegen?«
»Ziehen Sie sich gefälligst an!«, brauste Köhler wieder auf, bevor Helena Anatol darauf antworten konnte. »Wo ist das Mädchen?«
»Was für ein Mädchen, Fredo?«, erkundigte sich Katrin, plötzlich etwas misstrauisch.
»Tja – was für ein Mädchen?«, wiederholte Fredo ratlos.
Helena Anatol schob sich energisch zwischen Köhler und Fredo. »Karla. Ihre Nichte. Die Sie vorhin auf dem Schulhof abgeknutscht haben.«
»Du hast die kleine Karla abgeknutscht?« In Katrins Stimme klang jetzt mehr Abscheu als Erstaunen.
Allmählich wurde Fredo sauer. »Haben Sie etwa angenommen, ich liege hier mit Karla im Bett?«
Helena Anatol wirkte nur leicht verunsichert. »Nach allem, was sie ihren Klassenkameradinnen erzählt hat …«
»Ist ja nicht zu fassen!«, fauchte Katrin, sprang aus dem Bett, raffte blitzschnell ihre notdürftigsten Kleidungsstücke vom Boden, hüpfte geschickt über die Scherben hinaus auf die Terrasse und verschwand splitternackt in der Dunkelheit. Fredo trat zum Kleiderschrank, zog seinen Bademantel heraus und schlüpfte hinein.
»Sprechen wir doch gleich selbst mit Karla. Aber Rambo geht vor die Tür.« Fredo wies auf Köhler, der ihn noch immer grimmig anstarrte. »Und seien Sie froh, dass ich nicht die Polizei rufe!«
Köhler wollte erneut aufbrausen, da schaltete sich Helena energisch ein. »Wolfgang, es reicht! Du wolltest mich begleiten, und ich habe das angenommen – vielen Dank. Aber jetzt mache ich besser alleine weiter. Geh nach Hause. Wir sehen uns morgen, okay?«
Ihr Kollege atmete tief durch – dann wandte er sich wortlos ab, ging nach draußen und entfernte sich. Fredo wartete ab, bis der Mann außer Sicht geriet, und wandte sich dann an die Lehrerin. »Wer ist das eigentlich?«
»Wolfgang Köhler. Mein Kollege.«
»Der Bio-Köhler? Unser Superpädagoge? Herzlichen Glückwunsch.« Fredo schlüpfte in ein Paar Sandalen, wuchtete den Sonnenschirmständer hoch und stellte ihn nach draußen vor die Terrassentür. Unter seinen Schuhen knirschten Glassplitter wie verharschter Schnee. »Warum haben Sie nicht einfach an der Tür geklingelt?«
»Habe ich. Sie waren wohl zu … beschäftigt.«
»Allerdings. Aber nicht mit Karla.«
»Offensichtlich nicht.«
»Was dagegen, wenn ich mich lieber ganz anziehe? Nicht, dass Sie mir noch vorwerfen, ich würde mich meiner Nichte im Bademantel nähern!«
»Nur zu.«
Helena Anatol wandte sich diskret ab und gab Fredo so Gelegenheit, den Bademantel fallen zu lassen und stattdessen in seine Kleidung zu schlüpfen. Dabei trat sie fast auf eine kleine Pappschachtel am Boden. Sie ging kurz in die Hocke und angelte sich die Schachtel. Fredo, nun vollständig bekleidet, schnappte ihr die Kondome aus der Hand. Ihre Blicke kreuzten sich, dann sah Helena auf die bunte Schachtel. »Super Small?«
»Sind nicht meine.«
»Hat man gesehen.«
»Das konnte man sehen?«
Helena nickte, scheinbar todernst – doch dann entdeckte Fredo ein verräterisches Zucken um ihre Mundwinkel herum. Das gab ihm augenblicklich den Rest: Er platzte vor Lachen – bestenfalls eine Zehntelsekunde vor Helena Anatol, für die es nun auch kein Halten mehr gab. Sie verausgabten sich in ungezügelten Heiterkeitseruptionen, bis sie beide nichts mehr konnten als nur noch nach Luft schnappen. Fredo wischte sich die Lachtränen aus dem Gesicht und feuerte die Kondome auf den Nachttisch.
»Mannomann! Jedenfalls wissen wir jetzt, warum Tim im Biounterricht so kläglich an dem Holzpenis gescheitert ist …«
Auch Helena sammelte sich und wurde schnell wieder ernst. »Was ich noch nicht weiß, ist, was tatsächlich mit Ihnen und Karla los ist.«
Fredo schüttelte missmutig den Kopf. »Wie Sie
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