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Mogelpackung: Roman

Mogelpackung: Roman

Titel: Mogelpackung: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Schröter
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Vage.«
    Sie prustete unwillkürlich los, Fredo lachte mit. »Flauer Witz, aber mit Cognac geht’s. Noch einen?«
    Sie vertilgten die Reste aus den Schwenkern, dann besorgte Fredo Nachschub. »Reden wir doch mal über Sie«, sagte er nach dem ersten Schluck. »Sie sind erst ein paar Monate in Bornstedt, kennen hier niemanden, und Ihrem fast kaum noch hörbaren Dialekt nach zu urteilen, kommen Sie nicht aus Norddeutschland. Ich tippe mal auf Hessen?«
    »Frankfurt«, gab Helena zu.
    »Wie kommt man da ausgerechnet auf Bornstedt?«
    Ihre Hand flatterte. »Hat sich so ergeben …«
    »Auch ziemlich vage.«
    »Dabei bin ich Jungfrau.«
    »Wenn Sie es sagen.«
    »Schenken Sie noch mal nach, dann lache ich vielleicht.«
    Fredo gehorchte artig und kehrte mit gut gefüllten Schwenkern zum Sofa zurück. Irgendwie ist der süß, dachte Helena, mit seiner Wuschelfrisur und diesem spitzbübischen Grinsen. Wie Harrison Ford in jung, bloß mit braunen Augen. Verrückt, aber süß. Pass bloß auf, Helena. Sie rückte bewusst etwas tiefer in ihre Sofaecke, um zu viel Tuchfühlung zu vermeiden.
    Die weiß gar nicht, wie gut sie aussieht, dachte Fredo. Diese Augen. Es tat einfach gut, da hineinzuschauen. Obwohl man dann ja den ganzen spektakulären Rest von Helena Anatol verpasste. Erst mal erneut mit den Gläsern anstoßen. Dabei konnte er ihr auch ein wenig näherrücken …
    »Sind Sie wegen der Frau zurück in Bornstedt?«
    »Welcher Frau?«, zeigte sich Fredo irritiert.
    »Sie lag vorhin in Ihrem Bett. Falls Sie sich daran noch erinnern.«
    »Katrin? Nein, ihretwegen bin ich nicht zurückgekommen. Ich wusste bis vor ein paar Tagen nicht einmal, dass sie noch hier ist.«
    »Sie kennen sie also von früher?«
    »Wir sind zusammen konfirmiert worden.«
    Helena kniff amüsiert die Augen zusammen. »Sie in der Kirche. Kann ich mir nur schwer vorstellen.«
    »Die Kirche konnte sich das auch nicht gut vorstellen. Im Wesentlichen war ich damals auch bloß wegen Katrin dabei. Hab mich aber nie getraut, sie anzusprechen.«
    »Das hat sich anscheinend grundlegend geändert.« Helena nahm noch einen tiefen Schluck. Trink langsamer, ermahnte sie sich. Schmeckte aber auch zu gut, das Zeug. Außerdem langt er ja genauso zu.
    »Na ja, viel gesprochen haben wir diesmal eigentlich auch nicht«, bekannte Fredo freimütig. »Es hat sich so ergeben …«
    Helena verschluckte sich fast an ihrem Cognac. »Es hat sich so ergeben? Sie gehen einfach so mit einer Frau ins Bett und wissen nicht mal, wie sie so ist, was sie so denkt, was sie so treibt?«
    »Haben Sie nicht gesehen, wie Katrin aussieht?«
    »Ach ja, hätte ich fast vergessen«, höhnte Helena. »Männer denken mit dem Schwanz!«
    »Der Penis ist die Antenne des Herzens«, behauptete Fredo treuherzig.
    Worauf sich Helena tatsächlich prompt verschluckte, weil sie spontan losprusten musste. Sie lachte Cognac, sozusagen. Bis Fredo ihr erleichternd auf den Rücken klopfte und sie sich beruhigte. Das Gefühl genoss, das seine warme Hand auf ihrem Rücken erzeugte, weil er sie dort einfach beließ. Ihre Stirn an der seinen rieb, weil das guttat und Cognacnebel die Sichtweite einschränkte.
    Und dann fanden sich ihre Lippen. Kein Kuss aus dem Sandkasten, dachte Helena noch. Irgendwer hatte das heute schon gesagt. Ihr fiel bloß nicht mehr ein, wer. Es war auch nicht wichtig.
    Überhaupt gar nichts war wichtig, nur jetzt.

    Sehr viel später erwachte Helena Anatol im vertrauten Gefühl eines Alptraums. Doch während sie sich sonst stets als hilflose Zeugin schrecklicher Vorkommnisse erlebte, wähnte sie sich jetzt als Teil der Handlung. Sie hatte etwas Schlimmes getan, auch wenn ihr nicht gleich bewusst wurde, was es gewesen sein könnte. Dann erschreckte sie ein leises Schnarchen, nur Zentimeter neben ihr. Und ein leiser Windhauch wehte ungebremst durch die glasfensterlose Terrassentür herein, den Helena umso mehr verspürte, da Fredo sich in diesem Moment von ihr weg auf die Seite wälzte und die Decke mit sich zog.
    Helena nutzte die Gelegenheit, um vorsichtig vom Bett zu gleiten. Auf dem Fußboden lag ein Haufen Kleidung, aus dem sie leise ihre Sachen herauspickte. Mit dem Packen auf dem Arm verließ sie das Zimmer durch die Terrassentür, wobei sie sich äußerst behutsam vorantastete – einerseits, um den Schläfer nicht zu wecken; andererseits, um nicht auf die Scherben zu treten, die noch immer den Teppich übersäten. Erst draußen zog sie sich Hose, Sweatshirt und Schuhe an. Und

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