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Mogelpackung: Roman

Mogelpackung: Roman

Titel: Mogelpackung: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Schröter
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wollen. Kommen Sie mit.«
    Er ging voran, Helena folgte ihm die Treppe hinauf. Hier vernahm man immer noch moderate Hintergrundgeräusche im TV-und-Rammstein-Mix, aber in Karlas Zimmer herrschte offenbar Ruhe – bis Fredo vernehmlich an die Tür klopfte und das Mädchen tatsächlich nach einigen Momenten der Stille öffnete.
    »Ja? Oh – Frau Anatol …?«
    »Guten Abend, Karla«, übernahm Helena sofort die Initiative. »Entschuldige bitte die Störung, aber ich muss dringend mit dir sprechen. Darf ich einen Moment hereinkommen?«
    »Okay …« Karla trat überrumpelt beiseite und ließ die Lehrerin ins Zimmer. Fredo folgte ungefragt nach. Zum Glück sah es bei Karla nicht so chaotisch aus wie in Timmies Bude, dachte er. Bei dem würde die Anatol garantiert gleich Kammerjäger und Gesundheitsamt alarmieren.
    Helena kam gleich zur Sache. »Karla, ich habe da heute Mittag auf dem Schulparkplatz etwas gesehen. Du warst dabei, und dein Onkel auch.«
    Karla wurde rot.
    »Verstehe mich bitte richtig«, setzte die Lehrerin nach. »Liebe ist etwas ganz Wundervolles. Aber du bist erst fünfzehn, dein Onkel ist ein erwachsener Mann. Und so, wie er dich geküsst hat, war ich etwas … besorgt. Und deshalb habe ich bei deinen Klassenkameradinnen nachgefragt.«
    »Etwa bei Juliane?«, entfuhr es Karla erschrocken.
    »Fragen Sie lieber mal nach, wer hier wen geküsst hat«, grätschte Fredo dazwischen. »Ich bin sozusagen vergewaltigt worden!«
    »Ach ja?«, herrschte ihn Helena jetzt aufgebracht an. »So wie bei Ihrem Ausflug neulich nach Sylt, wo Sie mit Karla in den Dünen gelegen haben, an der Haut – ich zitiere die von Karlas Freundinnen überlieferte Formulierung – ›nur Wind und Sand‹? Oder während der romantischen Frühlingsnacht mit zärtlichen Liebesspielen an der Elbe, erst vor ein paar Tagen? Oder …«
    Helena Anatol hielt inne. Karla ließ sich auf ihr Sofa fallen, krampfte sich zusammen und vergrub das Gesicht in den Händen. Gleichzeitig bot Fredo ein Bild völligen Erstaunens: Brauen hochgezogen, Blick verständnislos, Kinnlade abgesackt – das personifizierte Fragezeichen.
    »Ist nicht wahr, oder?«, fragte Helena nach, nun doch ziemlich erschüttert.
    Fredo brauchte ein paar Sekunden, bis er sich zur Antwort aufrappelte. »Nein. Ist kein Stück wahr.«
    Helena trat zum Sofa und setzte sich neben das Mädchen, deren Schultern verdächtig zuckten. Doch als die Lehrerin tröstend den Arm um sie legen wollte, sprang Karla wie angestochen auf, zornbebend.
    »Was mischen Sie sich da ein, verdammt! Können Sie mich nicht einfach in Ruhe lassen!«
    »Kann sie nicht«, schaltete sich Fredo ein. »Und ich kriege den Ärger, hast du ja gesehen! Also bitte – erklär das mal!«
    Karla schnaubte. »Schon gut! Ja, ich hab gelogen! Weil es nun mal nervt, wenn alle anderen – vor allem Juliane – andauernd von ihren heißen Jungsgeschichten reden und einen dabei so mitleidig ansehen, als hätte man keine Ahnung. Als gehöre man noch in die Sandkiste. Als wäre man eigentlich überhaupt nicht vorhanden!«
    Helena nickte verständnisvoll. »Und damit sie dir deine Berichte von den heißen Ausflügen mit deinem Onkel abnehmen, bist du ihm heute öffentlich um den Hals gefallen.«
    »Na und?«, schrie Karla verzweifelt. »Das tut ihm doch nicht weh! Mir auch nicht! Aber Sie mischen sich ein, und jetzt habe ich mich komplett lächerlich gemacht! Die machen mich fertig, Juliane und die anderen …«
    »Die wissen doch immer noch nicht, ob du gelogen hast«, gab Fredo zu bedenken. »Wir sagen denen nichts, und fertig.«
    Über Karlas Gesicht huschte eine Spur von Hoffnung, bis Helena Anatol diese Anwandlung mit ihrem Einwand abwürgte: »Ich habe Juliane gegenüber bereits offenbart, dass Herr Fried dein Onkel ist, Karla. Außerdem ist auch mein Kollege Köhler über die Angelegenheit informiert. Wir werden also schon darüber sprechen müssen.«
    Karla schlug wieder verzweifelt die Hände vors Gesicht.
    »Falls das hilft«, versuchte Fredo zu trösten, »ich könnte deinen Freundinnen gegenüber bezeugen: ein Kuss aus dem Sandkasten war das heute nicht.«
    »Ach, halt die Klappe, Fredo …«, schluchzte Karla.
    Helena Anatol erhob sich vom Sofa. »Mit Lügen reitet man sich nur immer weiter in den Sumpf, Karla. Glaub mir – ich weiß, wovon ich spreche. Aber du musst Juliane und den anderen nicht alleine gegenübertreten. Ich komme morgen in der großen Pause zu euch. Dann verziehen wir uns in eine

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