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Mohr im Hemd oder wie ich auszog die Welt zu retten

Mohr im Hemd oder wie ich auszog die Welt zu retten

Titel: Mohr im Hemd oder wie ich auszog die Welt zu retten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Horvath
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sich Djamila. Damit solltet ihr lieber noch warten, bis es wärmer wird, schaltet sich Mira ein. Djamila nickt, Amal sagt nichts, sie muss sich ja auch nichts mehr sagen lassen.
    Bis es wärmer wird … Das ist so eine Sache. In diesem Jahr gab es nämlich bisher noch keinen einzigen Tag mit mehr als drei Grad Celsius, und meist lag die Temperatur weit darunter. Wir haben den zweitkältesten Januar und den kältesten Februar seit Beginn der Temperaturmessungen hinter uns, und auch der März hat sich bisher von der unangenehmsten Seite gezeigt. Frühester Wintereinbruch, kältester Februar, zweitkältester Januar – das überhitzte Gerede von der zunehmenden Erderwärmung richtet sich hiermit also von selbst, ergo kann man emissionsmäßig getrost so weitermachen wie bisher, und auch die Kühe dürfen ihren Flatulenzen weiterhin freien Lauf lassen.
    Die Lücken in unseren Reihen werden bald wieder aufgefüllt: Théo ist sechzehn, er kommt aus Ruanda, seine Eltern kamen im Bürgerkrieg ums Leben, ansonsten gibt es über ihn nicht viel zu sagen, er langweilt mich. Über Dunja gibt es natürlich sehr viel mehr zu erzählen, und ihre Geschichte hat sich klar und deutlich in ihr Gesicht eingeschrieben. Auch Dunja ist sechzehn, sie kommt aus Tschetschenien, doch das darf man nicht laut aussprechen. Ich komme aus Inguschetien, sagt sie, obwohl sie dort gerade einmal drei Jahre ihres Lebens verbracht hat. Grosny, Wolgograd, Moskau, Rückkehr nach Grosny, Flucht nach Nasran in Inguschetien, neuerliche Rückkehr nach Grosny, Flucht nach Österreich, so lauteten die Stationen ihres persönlichen Kreuzwegs. Wenn Murad es wagt, sie auf Tschetschenisch anzusprechen, dann versteht sie zwar jedes Wort, antwortet aber demonstrativ auf Russisch, das sie genauso wie er mit dem typisch weichen Akzent der Kaukasier spricht. Ich bin Inguschin, sagt sie mit der stolzen Haltung einer Prinzessin, und du bist ein kleiner tschetschenischer Wurm, gibt sie Murad durch ihren herablassenden Blick zu verstehen.
    Ihre Eltern stammten aus einfachen Verhältnissen, der Vater hat es jedoch geschafft, sich im Lauf der Jahrzehnte hochzuarbeiten. Natürlich ging ein großer Teil des erarbeiteten Vermögens durch Krieg und Flucht verloren, doch Dunjas Familie hatte es besser als viele andere. Ein Bruder und ihre ältere Schwester konnten sogar studieren, und Dunja setzte es sich schon als Sechsjährige in den Kopf, Geige spielen zu wollen, nachdem sie im Fernsehen zufällig eine Sendung über eine junge deutsche Geigerin gesehen hatte. Die Eltern konnten mit diesem Wunsch nicht viel anfangen, trotzdem ermöglichten sie es ihrer jüngsten Tochter, ihn zu verwirklichen. Dunja machte rasch Fortschritte, und trotz der häufigen Ortswechsel fand sich wie durch ein Wunder immer ein Lehrer oder eine Lehrerin. Krieg und Flucht konnten ihr nicht viel anhaben, denn sie hatte ja ihr Geigenspiel, in das sie sich flüchten konnte. Die zweite Rückkehr nach Grosny sollte sich allerdings als großer Fehler herausstellen, und von da an konnte auch Dunja die Realität nicht mehr ganz aus ihrem Leben ausblenden. Der älteste Bruder wurde verschleppt, der Vater gefoltert und dadurch arbeitsunfähig, das Geld reichte nicht mehr für den Geigenunterricht, und Dunja musste alles daransetzen, dass man ihre Geige nicht verkaufte. Und dann kam der Tag, an dem sie auch den zweiten Bruder holten und aus der Wohnung mitnahmen, was ihnen in die Hände fiel. Fünf der sechs Uniformierten waren mehrmals achtlos an Dunjas Instrument vorübergegangen, doch der sechste sah die Möglichkeit, es zu Bargeld zu machen. Dunja schrie auf, als er danach griff, sie warf sich auf ihn, die Männer brachten ihre Waffen in Anschlag, doch erst, als einer in die Decke schoss, ließ Dunja von dem Uniformierten ab.
    Ich brauche eine Geige und einen Lehrer, sagt sie daher gleich am Tag ihrer Ankunft zu Mira und dem Onkel. Sie sagt es mit der gleichen Selbstverständlichkeit, als verlangte sie nach Seife oder einem Handtuch. Wie … wieso, fragt der Onkel, nachdem Mira Dunjas Worte übersetzt hat. Wieso? Natürlich weil ich Geigerin bin. Und deine Geige ist …? Die Arschlöcher haben sie mir gestohlen, unterbricht Dunja den Onkel. Mira unterschlägt in ihrer Übersetzung die Arschlöcher. Zu mehr Erklärungen hat Dunja keine Lust, Mira und der Onkel versprechen ihr schließlich, sich bald um Geige und Geigenlehrer zu bemühen.
    Und wieder einmal gibt es Post vom Bundesabschiebeamt. Adressatin des

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