Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Mohrenwäsche

Mohrenwäsche

Titel: Mohrenwäsche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Sharpe
Vom Netzwerk:
dem moosbewachsenen Vorplatz an und sah ohne jede Begeisterung auf das Haus. Was es auch war, es war nicht das, was er erwartet hatte. Über der Eingangstür konnte er die verblichenen Inschriften »Kurhaus Weezen« und »Philosophische Gesellschaft« erkennen, die von den Schößlingen einer längst verfaulten Kletterpflanze mit Punkten überzogen waren. Er stieg aus, ging die Stufen zu der kleinen Terrasse hoch und spähte durch die Drehtür ins Innere, wobei er nur vage wahrnahm, daß mehrere große Fliegen, die sich in der Tür gefangen hatten, eindringlich summten. Weder ihre Gegenwart noch das, was er vom Foyer sehen konnte, ließen vermuten, daß das Haus gut besucht war. Der Kommandant schob sich durch die Drehtür, so daß die Fliegen nun auf der anderen Seite eingeschlossen waren, blieb stehen und betrachtete sich die weißgekachelte Diele. Licht, das aus einer Glaskuppel im Dach fiel, beleuchtete etwas in einer Nische am anderen Ende, das die Rezeption zu sein schien, und der Kommandant ging hinüber und läutete die Messingglocke, die dort auf der Marmorplatte stand. »Hier bin ich nicht richtig«, dachte er und sah beunruhigt auf ein Emailleschild über einer Tür, auf dem »Thermaldusche Nr. 1« stand. Er wollte sich gerade wieder auf den Weg zurück in die Stadt machen, als irgendwo in der Ferne eine Tür zufiel, worauf das Geräusch von Pantoffeln zu hören war, die über den Korridor schlurften, und ein alter Mann erschien.
    »Ist das hier das Hotel von Weezen?« fragte der Kommandant.
    »Hier gibt’s nichts zu trinken«, sagte der alte Mann.
    »Ich möchte gar nichts trinken«, sagte der Kommandant. »Ich werde im Hotel von Weezen erwartet. Ein Zimmer ist für mich von Mrs. Heathcote-Kilkoon bestellt worden, wenn ich hier richtig bin.«
    Der Alte schlurfte um das marmorgedeckte Pult herum und wühlte darunter nach einem Buch.
    »Unterschreiben Sie hier«, sagte er und schob das Buch dem Kommandanten rüber. »Name, Adresse, Alter, Beruf und Krankheit.« Kommandant van Heerden sah mit wachsender Unruhe auf das Register.
    »Ich bin sicher, daß ich hier falsch bin«, sagte er.
    »Einziges Hotel in Weezen, in dem man wohnen kann«, sagte der alte Mann zu ihm. »Wenn Sie ‘n Drink wollen, müssen Sie in die Stadt rein. Wir haben keine Lizenz.«
    Der Kommandant seufzte und unterschrieb.
    »Mit mir ist alles in Ordnung«, sagte er, als er zu »Krankheit« kam.
    »Schreiben Sie>Fettleibigkeit<«, sagte der Alte. »Irgendwas muß da stehen. Irgendwelche nahen Verwandten?«
    »In Wakkerstrom habe ich eine Kusine zweiten Grades«, sagte der Kommandant niedergeschlagen.
    »Das genügt«, sagte der alte Mann. »Sie können >Dickdarmspülung Nr. 6< haben.«
    »Um Gottes willen«, sagte der Kommandant, »ich brauche keine Dickdarmspülung. Mit mir ist wirklich alles absolut in Ordnung«.
    »>Hals und Nase Nr. 4< ist auch leer, man hat aber nicht dieselbe Aussicht«, sagte der Alte und schlurfte den Korridor hinunter. Widerstrebend folgte ihm der Kommandant, vorbei an Zimmern, deren Emailleschilder von »Galvanische Therapie Nr.
    8« bis zu »Inhalation Nr. 12« reichten. Am Ende des Korridors blieb der Alte vor »Dickdarmspülung Nr. 6« stehen und schloß die Tür auf.
    »Vorsicht mit dem kalten Hahn«, sagte er, »er ist ein bißchen heiß.«
    Der Kommandant folgte ihm in das Zimmer und sah sich um. Ein weißgestrichenes Bett von der Art, wie er sie zuletzt im Krankenhaus gesehen hatte, stand in der einen Ecke neben einem Kleiderschrank, dessen Spiegel fleckig und schmutzig war. Auffallender und voll und ganz bestätigend, was auf dem Türschild stand, waren mehrere Wannen, Bottiche und Becken aus Keramik, die auf der anderen Seite des Zimmers neben einem Labyrinth aus Messinghähnen und Schläuchen standen, deren Zweck zu erkunden der Kommandant nicht das geringste Verlangen verspürte. Um die klinische Ungastlichkeit des Zimmers vollzumachen, waren die Wände mit weißen Fliesen gekachelt.
    »Morgens kriegt es Sonne«, sagte der Alte, »und der Blick ist herrlich.«
    »Das glaube ich«, sagte der Kommandant mit einem Blick auf die milchigen Scheiben. »Wonach riecht es hier eigentlich so?«
    »Der Schwefel im Wasser«, sagte der Alte. »Wollen Sie einen Blick in >Hals und Nase< werfen?«
    »Das wäre mir sehr recht«, sagte der Kommandant. Sie gingen auf den Korridor und einen Seitengang entlang.
    »Besser, Sie nehmen die >Dickdarmspülung<«, sagte der Alte zu dem Kommandanten und führte ihn in ein

Weitere Kostenlose Bücher