Mohrenwäsche
kleines, dunkles Zimmer, das zwar weniger unheimliche Geräte enthielt, dafür aber noch strenger nach Schwefel roch. Kommandant van Heerden schüttelte den Kopf.
»Ich nehme das andere Zimmer«, sagte er, außerstande, sich dazu zu überwinden, Wörter zu benutzen, die zu Mißverständnissen führen konnten. »Ich bleibe ja nur kurz«, erklärte er, als sie zurückgingen. »Besuche die Gegend.«
»Gut, wenn ich irgendwas für sie tun kann, sagen Sie’s mir«, sagte der alte Mann. »Mittagessen gibt’s in ‘ner halben Stunde in der Brunnenhalle«, und damit schlurfte er davon und ließ den Kommandanten allein auf der Kante seines Bettes sitzen und sich sein Zimmer mit dem Gefühl tiefer Enttäuschung besehen. Kurz darauf erhob er sich und ging hinaus, um nach jemandem zu suchen, der seine Sachen reinschaffen könnte. Schließlich mußte er es selber tun und verteilte seine Taschen und Angelruten so gut es ging, um die Wasserhähne und Schläuche zu verdecken, die ihn so störten. Dann machte er das Fenster auf und blickte, auf einem der Becken stehend, hinaus. Wie der Alte gesagt hatte, war die Aussicht herrlich. Unter ihm führten von Unkraut überwucherte Wege neben etwas, was wohl mal ein Rasen gewesen war, zum Fluß hinunter, dessen Ufer nicht, wie das Hinweisschild vermuten ließ, von Weiden gesäumt waren, sondern von irgendwelchen Bäumen, die der Kommandant nicht kannte. Aber es war nicht die unmittelbare Nähe, die seine Aufmerksamkeit gefangen hielt, nicht einmal das riesige Abflußrohr, das, teilweise als Steingarten getarnt, zweifellos hektoliterweise ekelhafte Abwasser zum Fluß hinunter transportierte, sondern die Berge. Von der Spitze des Rooi Nek aus gesehen, waren sie eindrucksvoll gewesen. Aber von »Dickdarmspülung Nr. 6« aus wirkten sie majestätisch. Ihre unteren Hänge prangten in Kleidern aus Gestrüpp und Dornen und Gummibäumen, und ihre Gipfel erhoben sich gebieterisch über Wiesen, auf denen Ziegen zwischen Felsblöcken, Geröll, Steilklippen und dem unbewohnten Himmel waghalsig wiederkäuten.
»Muß affig da oben sein«, dachte der Kommandant poetisch, kletterte von seiner eigenen Erhöhung wieder herunter, die, wie er bemerkte, von Fisons & Sons in Hartlepool, Fabrikanten keramischer Sanitärwaren, hergestellt war, und machte sich auf die Suche nach Speisesaal und Mittagessen.
Er fand es in der Brunnenhalle, einem großen Raum mit einem mamornen Miniaturbrunnen in der Mitte, der unaufhörlich gurgelte und dem der Geruch entströmte, den der Kommandant in seinem Zimmer so ungewöhnlich gefunden hatte.
Hier, wo er sich mit dem Duft gekochten Kohls aus der Küche verband, roch es weniger mineralisch als vegetabil, und der Kommandant setzte sich in die Nähe eines Fensters das die Terrasse überblickte. Noch drei Tische waren besetzt in diesem Raum, der zweifellos mal für hundert Tische gedacht war. Zwei ältere Damen mit verdächtig kurzem Haar unterhielten sich flüsternd in der einen Ecke, während ein Mann, den der Kommandant für einen Geschäftsreisenden hielt, an einem Tisch neben dem Brunnen saß.
Niemand sagte etwas zu ihm, und als der Kommandant sein Mittagessen bei einer farbigen Kellnerin bestellt hatte, versuchte er, mit dem Vertreter eine Unterhaltung anzuknüpfen.
»Kommen Sie oft hierher?« fragte er über das Gurgeln des Brunnens hinweg.
»Flatulenzen. Die da haben Steine«, sagte der junge Mann und zeigte auf die beiden Damen in der Ecke.
»Tatsächlich«, sagte der Kommandant.
»Sind Sie das erste Mal hier?« fragte der Mann.
Der Kommandant nickte.
»Werden sich dran gewöhnen«, sagte der Mann. Der Kommandant, der davon nichts hören wollte, beendete seine Mahlzeit schweigend und ging ins Foyer hinaus, um nach dem Telefon zu suchen.
»Dafür müssen Sie schon ins Dorf fahren«, sagte ihm der Alte.
»Wo wohnen denn die Heathcote-Kilkoons?«
»Ach die«, sagte der alte Mann und rümpfte die Nase.
»Können Sie nicht anrufen. Sind zu großkotzig dafür. Kriegten einen Sammelanschluß angeboten und haben abgelehnt. Teilen einen Anschluß mit niemandem, nicht wahr. Wollen ihre Ruhe haben, nicht wahr. Und wenn’s stimmt, was man so sagt, brauchen sie sie auch.« Er verschwand in ein Zimmer, an dem »Behandlung« stand und ließ den Kommandanten keine andere Wahl, als in die Stadt zu fahren und dort nach dem Weg zu Heathcote-Kilkoons zu fragen.
In Piemburg hatte Kommandant van Heerdens Abwesenheit bereits Veränderungen mit sich gebracht. Luitenant
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