Mohrenwäsche
Kommandant aus einem der vielen Waschbecken ein Glas Wasser holte.
»Hier, trinken Sie etwas«, sagte er und reichte ihr das Glas. »Es wird Ihnen guttun.«
Mrs. Heathcote-Kilkoon nahm einen kleinen Schluck und sah den Kommandanten entsetzt an.
»Kein Wunder, daß Sie Verstopfung haben«, sagte sie schließlich und stellte das Glas auf den Nachttisch. »Was müssen Sie nur von uns denken, daß wir Sie in diesem gräßlichen Haus wohnen lassen?«
Der Kommandant, für den der Tag zu einer einzigen langen Beichte zu werden schien, hielt es für besser, nicht zu sagen, was er dachte, obwohl er zugeben mußte, daß das Kurhaus Weezen nicht sehr hübsch war.
»Erzählen Sie«, sagte er. »Wenn der Colonel kein Colonel ist, was ist er dann?«
»Ich kann’s Ihnen nicht sagen«, sagte Mrs. Heathcote-Kilkoon, »ich habe versprochen, niemals irgend jemandem zu sagen, was er im Krieg gemacht hat. Er würde mich umbringen, wenn er glaubte, ich hätte es Ihnen erzählt.« Sie sah flehend zu ihm auf. »Bitte, vergessen Sie einfach, was ich gesagt habe. Ich habe schon genug Schaden angerichtet.«
»Ich verstehe«, sagte der Kommandant, der seine eigenen Schlüsse aus der Drohung des Colonel zog, sie umzubringen, falls sie sein Geheimnis verriete. Was Henry auch immer während des Krieges getan haben mochte, es war offensichtlich etwas sehr Verschwiegenes.
Als Mrs. Heathcote-Kilkoon schätzte, daß ihre Tränen und das soeben gemachte Eingeständnis den Kommandanten für die Unbequemlichkeit seiner Unterkunft genügend entschädigt hätten, trocknete sie sich die Augen und stand auf.
»Sie sind so verständnisvoll«, murmelte sie.
»Das würde ich nicht sagen«, sagte der Kommandant wahrheitsgemäß.
Mrs. Heathcote-Kilkoon ging zu dem Spiegel hinüber und begann, die genau berechneten Verwüstungen ihres Makeups wieder herzurichten.
»Und nun«, sagte sie mit einer Fröhlichkeit, die den Kommandanten überraschte, »fahre ich Sie zum Tee rüber ins Sani Pass. Es wird uns beiden guttun, wenn wir ein bißchen rauskommen, und Sie könnten anderes Wasser gebrauchen.«
Dieser Nachmittag war etwas, was der Kommandant nie vergessen würde. Als der große Wagen geräuschlos über die Hügel zu Füßen des Gebirges glitt und eine dicke Staubwolke hinter sich herzog, die über die Felder und Kaffernhütten hinwegwirbelte, an denen sie vorbeifuhren, kehrte etwas von der Gutmütigkeit zurück, die er vor erst so kurzer Zeit eingebüßt hatte. Er saß in einem Wagen, der einst einem Generalgouverneur gehört hatte und in dem der Prinz von Wales während seiner triumphalen Reise durch Südafrika 1925 zweimal gefahren war, und neben ihm saß, wenn auch, offenbar, keine richtige Lady, so doch zumindest eine Frau, die all die sichtbaren Attribute einer Lady besaß. Ohne Frage rief die Art, wie sie mit dem Wagen umging, die Bewunderung des Kommandanten hervor, und besonders beeindruckt war er von ihrem perfekten Timing, mit dem sie den Wagen sich leise von hinten an eine Schwarze heranschleichen ließ, die einen Korb auf dem Kopf balancierte, ehe sie auf den Gummiball der Hupe drückte und damit bewirkte, daß die Frau in den Straßengraben sprang.
»Ich war während des Kriegs bei der Army und habe damals fahren gelernt«, sagte sie, als der Kommandant ihr über ihr fahrerisches Können Komplimente machte. »Fuhr immer mit einem Anderthalbtonner rum.« Sie lachte bei dieser Erinnerung. »Jeder sagt doch immer, der Krieg war absolut schrecklich, aber ich habe ihn eigentlich enorm genossen. Hatte nie so viel Spaß in meinem ganzen Leben.«
Nicht zum ersten Mal dachte der Kommandant über die sonderbare Eigenart der Briten nach, an den verrücktesten Orten sein Vergnügen zu finden.
»Und wie steht’s mit dem… äh… Colonel? Hatte er auch Spaß?« fragte der Kommandant, für den die Tätigkeit des Colonel während des Krieges zum Gegenstand enormen Interesses geworden war.
»Was? Im Untergrund? Das glaube ich nicht«, sagte Mrs. Heathcote-Kilkoon, ehe ihr klar wurde, was sie eben getan hatte. Sie steuerte den Wagen an den Straßenrand und hielt. Dann wandte sie sich an den Kommandanten.
»Das war ein schmutziger Trick«, sagte sie, »mich so zum Sprechen zu bringen und dann zu fragen, was Henry während des Krieges gemacht hat. Das ist wohl ein Profitrick bei der Polizei. Na schön, nun ist es raus«, fuhr sie trotz der Einwände des Kommandanten fort, »Henry war Sicherheitsmann im Untergrund. Der innere Kreis, um genau zu sein.
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