Molly Becker 01 - Hilfe, ich bin reich
wenn der mich wegen meines Kontostands in die Mangel nimmt. Beim letzten Mal habe ich noch ziemlich große Töne gespuckt, von wegen, dass ich in meinem neuen Job bald mörderisch verdiene, und er hat dann widerwillig meinen Dispokredit erhöht, nicht ohne mindestens zwanzigmal kopfschüttelnd zu sagen: »Sie müssen endlich lernen, mit Ihrem Geld umzugehen, Frau Becker.«
Wie soll ich ihm jetzt also erklären, dass ich im letzten Monat nicht nur nichts verdient habe, sondern auch noch Schulden bei meiner Firma habe?
»Abgesehen davon«, meint Frederic und wischt sich den Mund mit der Serviette ab, »kommen die Millionen ja nicht von heute auf morgen. Ich knabbere immer noch an den Gründungskosten für die Firma, und die Lancierung eines neuen Fonds verschlingt am Anfang einen Haufen Geld.«
Mist. Klingt nicht nach dem idealen Zeitpunkt, um ihn anzupumpen.
»Apropos Geld«, sagt er dann beiläufig. »Wie läuft’s denn bei deinem Job?«
»Ach, eigentlich ganz gut so weit«, antworte ich ausweichend.
»Schon deine Abrechung bekommen?«
»Die Abrechnung? Äh, nein, noch nicht«, sage ich hastig und merke, wie meine Wangen rot anlaufen. »Aber ich erwarte mir da auch nicht allzu viel, weil … du weißt schon, es dauert ein bisschen, bis man seinen Kundenstamm aufgebaut hat. Das ist so ähnlich wie bei dir«, fällt mir dann ein. »Am Anfang muss man investieren, aber später kommt dafür umso mehr heraus.«
»Hauptsache, es entwickelt sich«, meint Frederic und wirkt dabei ein bisschen enttäuscht. »Weißt du, ich dachte mir nämlich, du könntest bei mir einziehen.«
Ach, wie süß ! Ich bin plötzlich ganz gerührt. Bisher hat er mir das nämlich nie so deutlich angeboten – obwohl wir uns selbstverständlich immer stillschweigend darüber einig waren, dass ich jederzeit bei ihm einziehen könnte, wenn ich das wollte.
Aber jetzt hat er es ausgesprochen. Er hat es gesagt . Er will, dass ich zu ihm ziehe, weil er mich braucht, weil er sich nach meiner Nähe sehnt. Weil er mich liebt …
»Dann könnten wir uns auch die Miete teilen«, vollendet er den Satz.
… und weil er dann einen Idioten hätte, der die halbe Miete für sein verdammtes Mausoleum blecht.
Soll ich ihm auch eine Penisverlängerung anbieten?
So, mal sehen. Wo stehe ich eigentlich? Ich habe
1. einen Job, der eigentlich ganz cool ist. Mit der klitzekleinen Einschränkung, dass ich dabei nichts verdiene. Was sich aber hoffentlich bald ändern wird. Ich war nämlich in den letzten Tagen extrem diszipliniert und habe es geschafft, die Cafeteria nur insgesamt viermal aufzusuchen und dabei nichts zu essen (das eine Mal, als Lisa aus der Kosmetikabteilung mich eingeladen hat und ich das Tiramisu regelrecht aufgesaugt habe, zähle ich jetzt natürlich nicht). Ich hatte keine Gesichtsmaske, keine Pediküre, keine Maniküre (gut, die letzte ist ja auch erst eine Woche her), kein Peeling, keine Hot-Stone-Massage, ich war nicht beim Friseur, und ich hatte keine Psychotherapie (hatte ich vorher auch nicht, aber das nur so als Beispiel, wie sparsam ich gewesen bin). Ich lebe auf völliger Sparflamme, was mir nicht leicht fällt, aber es muss sein, wenn ich mein Ziel (Ausgabenhalbierung) erreichen will.
Andererseits hatte ich fünf Neukunden, die alle den Aufnahmetest bestanden haben und sich einer kostenintensiven Imagekorrektur unterziehen wollen, was sich natürlich auf meinem Provisionskonto zu Buche schlagen wird. Womit ich meinem anderen Ziel (Einnahmenverdoppelung) auch allmählich näher komme. Was dann auch schon mein nächstes Problem wäre: allmählich. Ich habe nämlich
2. mittlerweile ein massives Geldproblem. Herr Hofstätter von der Bank ruft inzwischen mindestens dreimal täglich an, und ich hebe natürlich nicht ab, wenn ich seine Nummer auf dem Display sehe. Eine Zeit lang wird er sich das noch gefallen lassen, aber irgendwann wird er dann entweder vor unserer Tür stehen oder einfach meine Kreditkarte sperren (ich weiß gar nicht, was von beidem mich mehr schockieren würde). Frederic kann ich jedoch nicht anpumpen, weil ich
3. einen Freund habe, der vermutlich irgendwann mal Millionär ist, aber selbst nicht genau weiß, wann das sein wird. (Übrigens nehme ich ihm seinen Vorschlag, mich an seiner Miete zu beteiligen, nicht mehr übel; er hat mir später ganz vernünftig dargelegt, dass seine Vorstellung von einer guten Beziehung darin bestünde, alles zu teilen, und das deckt sich zufällig haargenau mit meiner Vorstellung,
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