Molly Becker 01 - Hilfe, ich bin reich
später mal seine Millionen mit ihm zu teilen.)
Nur kann ich unter dieser Voraussetzung natürlich momentan nicht bei ihm einziehen. (Abgesehen davon würde mich das sowieso in den Ruin treiben. Um Frederics neoklassizistischen Minimalismus tagtäglich zu ertragen, müsste ich gleich ein Dauerabo bei unserem Seelenklempner bestellen.)
Woraus sich das nächste Problem ergibt:
4. Lissy und ich werden bald auf der Straße sitzen. Tessas Vater macht jetzt immer mehr Druck wegen des Hauses. Er hat den Verkaufspreis neuerlich um zwanzigtausend gesenkt und eine ganze Reihe von Anzeigen geschaltet. Außerdem besteht er darauf, dass Tessa ab sofort bei allen Verkaufsgesprächen dabei sein muss, wodurch es für uns extrem schwierig wird, die Interessenten abzuwimmeln.
Erst gestern war es wieder verdammt knapp. Eine Familie hatte sich zur Besichtigung angemeldet, und wir haben Tessa erst in letzter Sekunde aus dem Haus schaffen können, indem wir ihr vorflunkerten, bei Gucci gäbe es einen Totalausverkauf mit siebzig Prozent Rabatt. Uns blieb dann kaum noch genug Zeit, um die Kellerwände mit Wasser einzusprühen und den Whirlpool mit Schlamm zu versauen. Und selbst das hätte nichts genützt. Dem Vater der Familie, einem robusten Handwerkertypen, war es nämlich egal, dass der Keller feucht ist, und auch desolate Abflüsse beeindruckten ihn kein bisschen. Er wollte schon einen provisorischen Kaufvertrag aufsetzen, doch dann konnte Lissy in letzter Sekunde Manfred heimlich bitten, für uns ein bisschen Kaminholz zu schneiden.
Als Manfred dann mit seiner Eishockeymaske (die trägt er immer beim Holzschneiden, damit seine makellose Gesichtshaut keinen Schaden nimmt) die Kettensäge anwarf, rissen die Frau und die Kinder die Augen auf, und die Kleine begann sofort zu heulen. Ihr Vater blieb aber immer noch cool und erklärte, nicht jeder, der gefährlich aussehe, sei auch gefährlich. Erst, als wir ihm zustimmten und meinten, dass wir uns auch ziemlich sicher seien, dass Manfred nichts mit dem Verschwinden der beiden Frauen letztes Jahr zu tun hätte und die ermittelnden Beamten da wahrscheinlich auf der falschen Fährte seien, wurde auch ihm ein bisschen mulmig zumute, und sie verabschiedeten sich dann recht eilig und meinten, sie müssten es sich noch einmal überlegen.
»Molly, wir haben ein Problem!«
Ach ja, und ich habe
5. eine Chefin, die mich irgendwann zu Tode erschrecken wird, wenn sie weiterhin wie aus dem Nichts auftaucht und mich so unvermittelt anspricht wie Gevatter Tod.
»Ein Problem? Falls Sie mein Minus meinen … also, da arbeite ich bereits dran, und nächsten Monat müsste ich …«
»Das ist es nicht«, fällt sie mir ins Wort. Ihr Gesicht ist starr wie immer, und ich habe das Gefühl, als spräche ich mit einem Androiden. »Nicht nur das «, schränkt sie dann ein, »soeben bekam ich eine Insiderinformation …«
Sie legt eine theatralische Pause ein. Das ist typisch für sie. Sie kann nicht einfach sagen: »Lieschen Müller hat mich angerufen und mir das und das erzählt«, nein, sie verwendet dann immer Ausdrücke wie »Insiderinformation« oder »Aus einer meiner Quellen weiß ich« oder »Ein Informant hat mir mitgeteilt«. Echt, als wäre sie eine Geheimagentin.
»Eine Insiderinformation?«, frage ich notgedrungen nach, als sie nicht weiterspricht.
»Ja«, sagt sie voller Selbstgefälligkeit. »Wir wurden übernommen.«
»Wer wurde übernommen?«
»Die Firma. Sie wurde aufgekauft.«
»Aufgekauft? Von wem?«
»Von einem Großkonzern. Niemand weiß Genaues, aber es geht das Gerücht, dass die Eragon-Holding dahintersteckt.«
»Eragon? Sagt mir nichts.«
»Das ist ein internationaler Konzern. Die haben ihre Finger überall drin: Industriebeteiligungen, Freizeitparks, Banken, Versicherungen, Import-Export, Fernsehsender, alles Mögliche. Und jetzt auch bei uns.«
»Und was bedeutet das genau?«, frage ich zaghaft.
»Keine Ahnung«, bekennt Clarissa, und das habe ich noch nie von ihr gehört. Natürlich kann ich bei ihrem Betongesicht nur raten, aber ich glaube, dass sie besorgt aussieht. Was wiederum auch mir Sorge bereitet.
»Üblicherweise werden Firmen nach einer Übernahme einem intensiven Sanierungsprogramm unterzogen, um die Gewinne zu maximieren«, fährt sie fort.
»Sanierungsprogramm?« Ein ungutes Gefühl beschleicht mich. »Und was würde das für uns bedeuten?«
»Das bedeutet, dass uneffektive Mitarbeiter aussortiert werden. Mitarbeiter wie Sie«, fügt sie unbarmherzig
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