Molly Becker 01 - Hilfe, ich bin reich
unternehmen«, sage ich kämpferisch.
»Was?«, heult sie ins Telefon.
»Sag Tessas Vater … sag ihm …«
»Was denn?«
»Sag ihm, dass er den Vertrag auf keinen Fall unterschreiben soll, weil ich … äh … einen anderen Käufer gefunden habe, der die vollen Fünfhunderttausend zahlen will.«
»Einen anderen Käufer?«, schnieft Lissy ungläubig. » Hast du denn einen anderen Käufer?«
»Nein, natürlich nicht. Aber wir müssen unbedingt verhindern, dass er den Vertrag unterschreibt. Wir müssen jetzt vor allem Zeit gewinnen, und dann wird uns schon etwas einfallen.«
»Aber er wird wissen wollen, wer dieser andere Käufer ist«, gibt Lissy zu bedenken.
»Okay, sag ihm, es ist …« Ich überlege fieberhaft. Wen könnte ich denn nehmen? Was klingt einigermaßen glaubhaft? Mein Blick irrt hilfesuchend durchs Büro – und bleibt an Clarissas Tür hängen.
»Sag ihm, es ist meine Chefin!«
»Clarissa?«
»Genau die. Sag ihm, dass er sie auf keinen Fall anrufen soll, weil sie einen extrem vollen Terminkalender hat, und dass sie ihn in den nächsten Tagen kontaktieren wird. Hast du verstanden?«
»Äh, ja … ich denke schon. Glaubst du, er wird uns das abnehmen?«
»Wenn du es glaubhaft darstellst, warum nicht?«
»Mensch, Molly, wenn das bloß gut geht.« Ich kann hören, dass sie sich die größten Sorgen macht.
»Was soll schon passieren?«, gebe ich so locker wie möglich zurück. »Wenn wir es geschickt anstellen, gewinnen wir eine Woche oder sogar zwei. Und bis dahin haben wir sicher eine Idee.«
»Du hast echt Nerven, Molly. Alleine würde ich mich so was nie trauen«, bekennt Lissy.
»Es wird schon klappen, Lissy«, versuche ich sie zu beruhigen.
»Und was, wenn nicht?«
Eine gute Frage. Eine fatale Frage.
Dann hätte ich nicht nur keine Bleibe mehr, sondern mit ziemlicher Sicherheit auch keinen Job.
Okay, mal sehen. Wo würde ich dann stehen?
Ich hätte dann …
Ich wäre …
Ich müsste …
O mein Gott!
Ha, nicht schwul!
Wir haben Alarmstufe rot. Dunkelrot. Supernovarot! (Ist die überhaupt rot? Egal.)
Auf jeden Fall darf ich mir in nächster Zeit nicht den kleinsten Fehler erlauben, so viel ist mal sicher. Ich muss klug taktieren, jeden meiner Schritte genauestens vorausplanen, und ich muss auf der Hut sein.
Herr Hofstätter hat mich gestern mindestens eine Million Mal angerufen, bis ich irgendwann völlig entnervt einfach mein Handy ausschaltete. Als ich es ein paar Stunden später wieder einschaltete, waren siebzehn (!) SMS drauf, und ich fiel vor Schreck fast in Ohnmacht. (Okay, fünfzehn davon waren von Freunden und Bekannten, aber im ersten Moment konnte ich das ja nicht wissen.)
Als ich dann nach Hause kam, fand ich an der Tür einen handgeschriebenen Zettel, auf dem stand, dass ich mich dringend bei Herrn Hofstätter melden solle, sonst müsse er »drastische und für keinen der Beteiligten wünschenswerte Maßnahmen ergreifen«, wie er es formulierte. Dieser Heini. Macht so einen Wirbel wegen ein paar Tausend Euro, wo seine Bank doch Millionen hat, was sage ich, Milliarden!
Außerdem: Wie, bitteschön, soll ich denn vernünftig arbeiten und Geld verdienen, wenn er mich andauernd so unter Druck setzt?
Die andere Sache, um die ich mich dringend kümmern muss, ist Tessas Vater und unser … sein Haus. Wenn ich nur wüsste, wie. Seit zwei Tagen zerbreche ich mir schon den Kopf darüber, aber mir will einfach nichts Vernünftiges einfallen.
Lissy hat ihm mitgeteilt, dass meine Chefin Clarissa das Haus für die vollen Fünfhunderttausend kaufen will und dass sie ihn diesbezüglich kontaktieren wird. Daraufhin hat er den anderen Käufer wieder nach Hause geschickt und wartet nun auf Clarissas Anruf. Der natürlich nicht kommen wird, schließlich weiß Clarissa gar nicht, dass dieses Haus existiert, geschweige denn, dass sie es kaufen will.
Ach ja, und dann ist da ja noch der neue Boss. Philip Vandenberg. Das Phantom . Muss ja ein komischer Kauz sein. Ein Mensch, der nie an die Öffentlichkeit tritt, der seine Mitarbeiter heimlich ausspioniert – jetzt mal ehrlich, so jemand kann doch nicht richtig ticken.
Andererseits, wenn ich ihn von meinen Fähigkeiten überzeugen kann, dann würde mir das vielleicht völlig neue Karrierechancen eröffnen. Ich könnte dann zum Beispiel Chefin werden. Genau, Chefin, hier bei Winners only. Warum eigentlich nicht?
Wozu ich allerdings vorher Clarissa loswerden müsste.
Mal überlegen, welche Möglichkeiten gäbe es denn da?
Plan A:
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