Molly Becker 01 - Hilfe, ich bin reich
gemeint, aber selbstverständlich könne man auch risikoreichere Anlageformen in Betracht ziehen, Fonds zum Beispiel.
Da wurde ich natürlich sofort hellhörig, immerhin kenne ich mich da inzwischen auch ein bisschen aus, und dann drängte ich ihn völlig in die Defensive, indem ich ihm lächelnd verkündete, die acht Prozent Ertrag, die er mir dabei in Aussicht stellte, seien Kinkerlitzchen im Vergleich zu dem Investment, das mir vorschwebte. Natürlich versuchte er mir sofort einzureden, dass das Risiko bei derart hoch verzinsten Anlageformen unkalkulierbar sei und dass man dabei auch sein ganzes Kapital verlieren könne, aber mir war sofort klar, dass er nur versuchte, mir das Superangebot von Frederics Fonds madig zu machen, weil seine Bank über kein entsprechend gutes Produkt verfügt.
Schließlich gab er völlig frustriert klein bei, und die einzigen Transaktionen, die ich bei ihm veranlasste, waren die sofortige Überweisung von fünfzehntausend Euro auf das Konto meiner Eltern sowie von weiteren fünfzigtausend auf mein Girokonto bei Hofstätter. Und da habe ich es mir nicht nehmen lassen, den großen Coup zu landen: Als Lenz nach dem Verwendungszweck fragte, diktierte ich ihm: »Spesenerstattung für Winners-only-Führungskräfte«. Ha, auf das dumme Gesicht von Hofstätter freue ich mich jetzt schon. Das hat er nun davon, dass er mir nicht geglaubt hat, dieser Spießer.
Den Nachmittag habe ich dann blöde vor mich hingrinsend mit einer Flasche Champagner im Pool verbracht, und als Lissy und Tessa nach Hause kamen und wissen wollten, was es zu feiern gäbe, habe ich ihnen vorgeschwindelt, dass ich bei Winners only eine fette Prämie für meine außerordentlichen Verkaufserfolge bekommen hätte. Lissy hat sich zwar ein bisschen gewundert, wie ich das in der kurzen Zeit geschafft habe, aber als ich ihr erklärte, dass bei der letzten Abrechnung durch einen EDV-Fehler mehrere größere Positionen gefehlt hätten, hat sie es dann auch geschluckt.
In weiterer Folge ging’s dann ab ins Prado, einen der nobelsten Schuppen der Stadt, und irgendwo zwischen Langusten und Jakobsmuscheln verkündete ich, dass wir bis auf weiteres in dem Haus wohnen bleiben könnten, da Clarissa es nur als Wertanlage wolle und selbst gar keinen Wohnbedarf hätte. Logisch, dass wir dann auch das noch kräftig begießen mussten, und irgendwann gegen vier Uhr früh ließen wir uns dann voll wie die Haubitzen und überglücklich von einem Taxi nach Hause kutschieren.
Jetzt ist Sonntagnachmittag. Den Absturz vom Freitag habe ich inzwischen gut verdaut, ich liege träge am Pool und genieße frisch gepressten Orangensaft, die Sonne und das Bewusstsein absoluter zukünftiger Sorgenfreiheit.
Ehrlich, es gibt nichts Besseres.
Ich meine, anderthalb Millionen (okay, es sind nicht mehr ganz anderthalb, aber fast), die kann man doch nie im Leben ausgeben, wenn man auch nur halbwegs vernünftig damit umgeht.
Wobei ich es ehrlich gesagt immer noch nicht ganz begriffen habe. Seit ich denken kann, schwebte immer auf irgendeine Art und Weise ein dicker fetter Pleitegeier über mir. Das begann schon als Teenager, als ich nie mit meinem Taschengeld auskam, und später ging es weiter mit all diesen miesen Jobs, bei denen ich kaum etwas verdiente. Und das soll jetzt wirklich vorbei sein? Für immer? Es klingt immer noch wie ein unwirklicher Traum für mich.
Ich dehne und strecke mich, dann lasse ich mich in die Liege zurückfallen und genieße einfach so vor mich hin. Mhm, herrlich.
Okay, was könnte ich noch tun, um mein Wohlbefinden zu steigern? Ich bin allein zu Hause. Lissy ist bei ihren Eltern, und Tessa macht mit irgendeinem Selfmade-Millionär einen Trip nach … keine Ahnung.
Alexander fällt mir plötzlich ein. Wie ich ihn am Freitag nach unserer kleinen Auseinandersetzung in der Cafeteria habe stehenlassen, und das, nachdem er sich so für mich eingesetzt hatte. Eigentlich hat er das nicht verdient. Sicher, er hatte auch kein Recht, sich in mein Privatleben einzumischen, aber dennoch, so ein Abgang war irgendwie … nicht fair.
Ganz automatisch gleitet meine Hand zum Handy und wählt über Kurzwahl seine Nummer.
Nanu, wieso habe ich ihn überhaupt auf Kurzwahl?
Ach so, weil er ein Kunde von mir ist. Deshalb.
Er nimmt sofort ab.
»Hallo, ich bin’s, Molly«, sage ich vage, weil ich mir nicht sicher bin, wie er auf mich zu sprechen ist.
»Molly, schön, dich zu hören«, sagt er, und es klingt so, als freute er sich
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