Molly Becker 01 - Hilfe, ich bin reich
»Hauptsächlich aber, weil Ihr Bekannter, Herr … Schwarz, die Haftung dafür übernommen hat.«
»Wie bitte? Alexander hat die Haftung für meine Schulden übernommen?« Deswegen ist Hofstätter also am Freitag so sang- und klanglos abgezogen.
»Genau. Ich dachte, Sie wüssten das. Herr Schwarz hat die volle Haftung für alle Ihre Außenstände bei uns übernommen.«
Okay, das muss ich jetzt erst mal verdauen. Nachdem Hofstätter aufgelegt hat, bin ich ziemlich durcheinander. Wie kommt Alexander dazu, sich für mich zu verbürgen? Ich bin doch praktisch eine Fremde für ihn, und er weiß auch über Frederic Bescheid. So oder so, ich muss ihn anrufen, mich bedanken, und vor allem muss ich ihm sagen, dass das eigentlich gar nicht nötig gewesen wäre.
Gerade als ich seine Nummer wählen will, läutet mein Handy schon wieder. Es ist meine Mutter.
»Hallo, Mami. Was gibt es denn?«
»Molly, Liebes …« Ach du meine Güte, weint sie etwa schon wieder? Sie unternimmt mehrere Versuche, um ihre Stimme in den Griff zu bekommen, bis es endlich klappt: »Molly, du wirst es nicht glauben: Ein Wunder ist geschehen.«
»Was meinst du damit?«, frage ich scheinheilig.
»Die Bank … sie hat uns geschrieben.«
»Wirklich? Hoffentlich keine Zinserhöhung?« Mann, bin ich durchtrieben. Treibe Scherzchen mit meiner eigenen Mutter.
»Nein, ganz im Gegenteil, Molly. Stell dir nur vor: Sie erlassen uns unsere Schulden!«, jubelt sie los.
Mir steigen fast die Tränen in die Augen, weil sie sich so freut.
»Eure Schulden? Wieso denn das auf einmal?«
»Warte, ich lese es dir vor.« Ich höre das Rascheln von Papier. »So, hier steht: Sehr geehrte Kunden, anlässlich unseres hundertjährigen Jubiläums ist es uns eine Freude, Ihnen mitteilen zu dürfen, dass wir unseren besonders treuen Kunden als Zeichen unserer Wertschätzung und Dankbarkeit sämtliche Außenstände erlassen. Mit heutigem Tage werden somit Ihre Kreditkonten ausgeglichen und geschlossen. Wir hoffen, damit einen Beitrag zu Ihrer Zufriedenheit geleistet zu haben, und würden uns freuen, Sie auch weiterhin als unsere Kunden betreuen zu dürfen. Mit freundlichen Grüßen, Ihr Filialleiter.« Sie zögert ein bisschen. »Klingt irgendwie komisch, Ihr Filialleiter , findest du nicht?«
Natürlich klingt das komisch, aber als ich den Brief schrieb, wusste ich ja noch nicht, dass der Typ Kramer heißt.
»Das sind wahrscheinlich Formschreiben, die sie in mehreren Filialen verwenden, könnte ich mir denken.«
»Ach so, darum«, meint sie. »Auf jeden Fall haben wir jetzt keine Schulden mehr. Kannst du dir das vorstellen?«
»Das heißt also, ihr müsst das Haus nicht verkaufen?«
»Nein, natürlich nicht.«
»Super, Mami, ich freue mich so für euch. Siehst du, ich wusste doch, dass sich irgendetwas ergibt.«
»Ja, aber so schnell … Also, für mich ist das ein Wunder, ehrlich.«
»Wunder, Schicksal, Fügung – egal, wie man es nennt, Hauptsache ist doch, dass es euch gut geht, nicht wahr?«
»Ja, sicher, Schatz, du hast recht. Ach, ich bin so glücklich.« Sie macht einen Freudenschniefer, dann sagt sie: »So, und jetzt werde ich gleich bei der Bank anrufen und mich bedanken, und dann muss ich es unbedingt Lieselotte erzählen. Die Bergmanns haben nämlich dieselbe Bank wie wir, vielleicht haben sie denen auch die Schulden erlassen.«
Oh, oh. Nicht gut, gar nicht gut. Lieselotte und Hans Bergmann sind die Nachbarn meiner Eltern. Mist, wieso müssen die ausgerechnet dieselbe Bank haben?
»Nein, Mami, das darfst du nicht«, sage ich hastig.
»Aber warum denn nicht?«, fragt sie erstaunt.
»Weil … in solchen Schuldenerlässen gibt es für gewöhnlich Geheimhaltungsklauseln. Sieh mal in dem Brief nach, was steht denn da weiter unten?«
Wieder höre ich Papier rascheln, dann sagt Mami: »Da steht noch: PS: Da wir im Interesse unserer Kunden stets um Diskretion bemüht sind, ersuchen wir Sie, bezüglich dieser einmaligen Sonderaktion weder uns noch Ihre Freunde oder Bekannten zu kontaktieren!« Mami legt eine kurze Nachdenkpause ein. »Aber das heißt dann ja, dass ich nicht einmal bei der Bank anrufen darf, um mich zu bedanken. Das kommt mir jetzt aber ziemlich merkwürdig vor, Molly.«
»Nein, Mami, ist es nicht«, versichere ich ihr schnell. »Die wollen doch nur ihre ältesten und treuesten Kunden belohnen, deshalb ist es natürlich wichtig, dass die weniger alten und treuen Kunden nichts davon erfahren, verstehst du?«
»Ach so, jetzt verstehe
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