Molly Becker 01 - Hilfe, ich bin reich
ich«, sagt sie, und ich atme auf. »Aber hier steht ja nur, dass wir unsere Freunde nicht kontaktieren sollen«, meint sie dann. »Wenn ich aber ganz zufällig beim Kaffeeklatsch erwähnen würde …«
»Bloß nicht, Mami, auf keinen Fall, hörst du? Die Bank könnte das als Vertrauensbruch ansehen und eure Schulden dann doch noch einfordern.«
»Glaubst du wirklich?«, fragt sie zweifelnd. »Aber hier steht doch nur …«
»Glaub mir, Mami, ich weiß, wovon ich rede, ich kenne das von … Frederic. Wir reden oft über solche Sachen, ich kenne mich da extrem gut aus.«
»Ich weiß nicht, Molly, so streng können die doch auch nicht sein, oder?«
»Doch, doch, ganz bestimmt«, schreie ich schon fast, und ich fühle, wie mir der Schweiß ausbricht. »Dafür haben die sogar eigene Paragraphen in ihren … Allgemeinen Schuldenerlass-Geschäftsbedingungen.«
»Davon steht hier aber nichts«, argumentiert sie stur.
»Dann werden sie ganz sicher nachgeschickt. Mami, du musst mir vertrauen! Erzähl ja niemandem davon, hörst du, sonst macht die Bank garantiert einen Rückzieher!«
»Wenn du meinst«, sagt sie zögernd. »Du kennst dich bei solchen Sachen natürlich besser aus als wir.«
»Genau, Mami. Schließlich geht es nur darum, dass es euch gut geht, und das willst du doch nicht aufs Spiel setzen, oder?«
»Nein, natürlich nicht. Aber schade ist es schon, ich hätte Lieselotte so gern …«
»Nein, Mami, du wirst sehen, in den nächsten Tagen bekommt ihr diese Allgemeinen Bedingungen garantiert noch zugesandt, da steht dann alles drin.«
»Also gut, Molly, dann werde ich noch ein bisschen abwarten.«
»Versprichst du mir das, Mami?«
»Ja, versprochen.«
»Gut. Ich muss jetzt Schluss machen, hier wartet noch eine Menge Arbeit auf mich. Ich freue mich riesig für euch, und grüß Paps schön von mir, ja?«
Nachdem ich aufgelegt habe, öffne ich sofort das Textverarbeitungsprogramm meines Computers. Ich darf jetzt keine Zeit verlieren. Nur wie um alles in der Welt formuliert man Allgemeine Schuldenerlass-Geschäftsbedingungen?
Reichtum ist überhaupt nichts wert, wenn man ihn nicht mit jemandem teilen kann. Ich meine, sicher ist es toll, ein sorgenfreies Leben zu führen und sich den einen oder anderen Luxus zu gönnen, aber heute ist mir erst bewusst geworden, was es bedeutet, anderen zu helfen.
Wobei das mit meinen Eltern natürlich das Allerbeste war. Die liebsten Menschen auf der Welt, die ein Leben lang geschuftet und geackert haben und nun beinahe ihr geliebtes Heim verloren hätten. Auf vollkommen absurde Art und Weise bin ich fast froh darüber, denn so konnte ich ihnen wenigstens aus der Patsche helfen, ich, die kleine Molly, um die sie sich zeitlebens gesorgt haben. Sie wissen zwar nicht, dass ich dahinterstecke, aber bei dem Gedanken daran, dass sie durch mich ihre Sorgen losgeworden sind, wird mir ganz schwindelig vor Stolz und Freude.
Und erst die ganzen Spenden. Ich habe mir fast die Finger wund geschrieben, und als ich dann die Überweisungsscheine auf dem Nachhauseweg bei der Bank vorbeibrachte, erfasste mich ein geradezu irres Glücksgefühl.
Da habe ich es endgültig begriffen: Das ist wahres Glück. Anderen zu helfen, das ist das Allergrößte, das erfüllt einen mit einer Befriedigung, die man nirgends sonst bekommen kann.
Und ich hatte auch noch ein paar andere gute Ideen. Ich weiß jetzt zum Beispiel, wie ich den Menschen, die mir wichtig sind, Dinge zukommen lassen kann, ohne dass ich als Geschenkgeber aufscheine. Ein cleverer und zugleich einfacher Plan, und schon in den nächsten Tagen werde ich erfahren, ob er auch funktioniert.
Ein lautes Ploppen und das Zersplittern von Glas unterbrechen meine Gedanken.
»Mistding, verdammtes!« Scheint so, als hätte Frederic Probleme mit der Sektflasche.
»Brauchst du Hilfe, Schatz?«, rufe ich. Ich habe es mir gerade in einem Korbsessel auf dem Balkon gemütlich gemacht und genieße die letzten wärmenden Strahlen der Abendsonne.
»Zu spät«, ruft er zurück. »Der Korken hat eine Sektflöte erledigt. Ist aber nicht weiter tragisch, war eine von den billigen.«
Ein paar Minuten später umhüllt mich eine immense Wolke von Rasierwasser, in deren Gefolge Frederic mit zwei Gläsern erscheint. Wir prosten uns zu, und während er trinkt, beobachte ich ihn heimlich.
Wie gut er aussieht. Sein dunkles Haar sitzt perfekt, und er ist wie immer glatt rasiert – nicht nur im Gesicht, sondern auch am ganzen übrigen Körper. (Wobei mich das
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