Molly Becker 01 - Hilfe, ich bin reich
am Körper manchmal ein bisschen stört, wenn die Rasur nicht mehr ganz frisch ist. Einmal, als wir intim waren, hatte ich für eine Sekunde die Vision, ich hätte Sex mit einer Hornhautraspel.) Im Moment trägt er einen seidigen schwarzen Morgenmantel, unter dem die Konturen seines durchtrainierten Oberkörpers deutlich erkennbar sind. Stolz überkommt mich. So einen Mann muss man erst mal finden, kein Wunder, dass mich alle um ihn beneiden.
»Was hast du?« Er lächelt und zeigt dabei zwei Reihen schneeweißer, kerzengerader Zähne.
»Ach, nichts«, sage ich. »Ich dachte mir nur, dass du eigentlich gar nicht so übel aussiehst.«
»Gar nicht so übel?« Er imitiert ein beleidigtes Gesicht. »Supersensationell-phantastisch wäre wohl zutreffender, findest du nicht?«
Okay, wenn ich mir etwas bei ihm wünschen könnte, dann vielleicht, dass er ein kleines bisschen weniger eingebildet wäre.
»Einigen wir uns auf geht so ? « , bremse ich ihn lächelnd ein.
Er zieht eine seiner fein geschwungenen Augenbrauen hoch. Jetzt fällt es mir erst auf: die müssen gezupft sein. Kein Mann hat von Natur aus so feine Augenbrauen.
»Klingt so, als hätte jemand Lust auf Spielchen«, sagt er, und seine kobaltblauen Augen beginnen zu glitzern.
»Oh, nein, so habe ich das nicht gemeint«, sage ich schnell. »Mir genügt es vollauf, hier zu sitzen und …«
»Wie es der Zufall so will«, übergeht er meinen Einwand und zieht schwungvoll einen Zettel aus seiner Manteltasche, »habe ich hier genau das Richtige, um überschüssige Energien abzubauen.«
Och nö, nicht schon wieder, gerade war es so gemütlich.
»Also, Frederic, du weißt ja, wie viel mir daran liegt, gemeinsam mit dir die höchste körperliche Erfüllung zu erreichen«, sage ich gestelzt, und das Glitzern in seinen Augen verstärkt sich, »aber heute geht das leider nicht, weil ich letzte Woche einen akuten, ähm … Skolioseschub hatte und mein Sexualchakra dadurch völlig blockiert ist.«
Frederic blinzelt ein paar Mal, dann fragt er: »Und was heißt das genau?«
Super gemacht, Molly. Einen Skolioseschub mit Chakrenblockade zu erfinden, ist viel cleverer, als zum Beispiel einen Migräneanfall vorzutäuschen.
»Das bedeutet, dass ich im Moment allzu starke Belastungen meines Körpers vermeiden muss, sonst wäre das extrem kontraproduktiv für die Erreichung der Tausendjährigen Lotusblüte.«
»Sagt wer?«, fragt er mit gerunzelter Stirn.
»Sagt Fiona, meine Therapeutin. Die kennt sich mit diesen Sachen hervorragend aus.«
»Mit der redest du über so was?«, fragt er bestürzt.
»Nur, soweit es in einem therapeutischen Zusammenhang steht, unser Intimleben geht sie natürlich nichts an«, erkläre ich.
»Gott sei Dank«, stößt er erleichtert hervor. Dann trinkt er niedergeschlagen einen Schluck. »Du meinst also, wir können im Moment gar nicht …«
»Doch, doch, wir können schon, es darf nur nicht anstrengend für mich sein, sonst könnten sich diese Blockaden festigen. Ganz normaler Sex ginge aber.«
»Ganz normaler Sex?« Er spricht es aus, als hätte ich gerade etwas ganz Perverses vorgeschlagen.
»Ja, ganz normaler Sex«, sage ich ein wenig verstimmt. »Viele Menschen haben normalen Sex, und sie sind zufrieden damit. Außerdem bedeutet das ja nicht, dass wir nie wieder mit diesen Übungen weitermachen können, nur im Moment brauche ich eine kleine Pause.«
»Ja, dann … von mir aus.« Er zuckt mit den Achseln und wirft einen wehmütigen Blick auf die Zeichnung in seiner Hand. »Schade, heute stand Das rotierende Venusdelta auf dem Programm, das hätte uns einen beträchtlichen Schritt weitergebracht.«
»Da bin ich mir sicher, aber ich kann es leider nicht ändern. Nimm’s nicht tragisch, Schatz, was sind schon ein paar Tage, wenn es darum geht, etwas Tausendjähriges zu erreichen? Wir sollten das in einem größeren Zusammenhang sehen.«
Da, schon wieder. Der größere Zusammenhang. Richtig unheimlich, wie der auf alles passt. Vielleicht sollte ich zu diesem Thema ein Buch schreiben.
»Gefällt dir das?« Frederics Stimme dringt zwischen den Klängen der psychedelischen Musik undeutlich zu mir durch.
»Ja, Schatz«, gebe ich zurück. Dann muss ich ein bisschen husten, ohne sagen zu können, ob es an Frederics Rasierwasser oder den Räucherstäbchen liegt, mit denen er das Schlafzimmer eingenebelt hat.
Es ist übrigens wirklich nicht schlecht. Ich liege entspannt auf dem Rücken und lasse Frederic agieren, dem jetzt plötzlich
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