Molly Becker 01 - Hilfe, ich bin reich
habe.«
»Das habe ich mir schon gedacht, Kind. Das ist typisch für dich, denkst immer zuerst an andere und nie an dich.«
»Mami, ihr wisst doch: Wenn es euch gut geht, geht es mir auch gut.«
»Und umgekehrt. Dir geht’s doch auch gut?«
»Ja, Mami, um ehrlich zu sein, ging’s mir nie besser.«
»Hi, Frederic.«
»Hallo, Molly. Du errätst nie, was mir gerade passiert ist.«
»Keine Ahnung.«
»Ich habe gewonnen.«
»Gewonnen? Was denn?«
»Einen Plasmafernseher, ein Mörderteil, kann ich dir sagen.«
»Aber du hast doch schon einen großen Fernseher.«
»Ja, schon, aber nicht so groß, und nur LCD. Plasma ist viel besser, und natürlich auch dementsprechend teurer.«
»Na, ist doch super. Und wo hast du den gewonnen?«
»Das ist ja der Witz: Ich habe keine Ahnung. Dem Lieferschein war nur so ein Wisch von einer Firma namens Fortuna Español beigelegt, und soweit ich das Kauderwelsch entziffern konnte, habe ich den Fernseher bei einem Preisausschreiben gewonnen, den Fernseher und noch so einen Spießbürgerteppich.«
»Einen Teppich? Wie sieht der denn aus?«
»Weiß und wuschelig, so einer, in dem kleine Kinder verlorengehen, wenn sie drüberlaufen.«
»Klingt nach Flokati, die sind total gemütlich.«
»Genau. Ich meine, wer will das schon? Den schmeiße ich gleich morgen weg, so viel steht fest. Aber der Fernseher ist der Hit. Und weißt du, was das Lustigste an der Sache war?«
»Nö, was denn?«
»Ich habe gleich bei denen angerufen, um klarzustellen, dass die mir nicht hinterher noch was verrechnen für die Sachen, kennt man ja alles, und da habe ich eine an den Apparat bekommen, die war total bekloppt. Konnte nur Spanisch, und das nicht mal gut, glaube ich, und quasselte nur wirres Zeug. Die Tussi war der Hammer.«
»Das kam dir vielleicht so vor, weil du kein Spanisch sprichst …«
»Nein, nein, die war zu hundert Prozent verblödet, das kannst du mir glauben. Die hättest du hören sollen.«
»Immerhin war sie so nett, dir einen Fernseher und einen tollen Teppich zu schenken.«
» Die hat mir ganz sicher nichts geschenkt. So, wie die sich angehört hat, wäre sie mit Wasser und Brot noch überbezahlt für ihre Arbeit.«
»Jetzt lass doch mal die arme Frau in Ruhe! Freu dich lieber über die tollen Sachen, die du bekommen hast.«
»Ja, sicher, hast schon recht. Trotzdem, die klang so bescheuert, ich lach mich jetzt noch schief. Wobei ich auch sagen muss, dass Spanisch verdammt sexy klingt bei einer Frau … Vielleicht solltest du mal einen Kurs machen …«
»Frederic, ich muss jetzt Schluss machen, ich kriege gerade einen Anruf rein.«
»Alles klar. Sehen wir uns heute Abend?«
»Weiß noch nicht. Tschüss.«
Der Erwürgte Vollidiot
Nichts ist so erfüllend, wie anderen eine Freude zu bereiten, absolut nichts. Wobei man das auch nicht unterschätzen darf, das ist nämlich gar keine so leichte Aufgabe, wenn man dabei anonym bleiben muss. Es erfordert ganz im Gegenteil eine Menge Kreativität und Cleverness, man muss sich schlagartig auf neue Situationen einstellen und zwischendurch blitzschnell reagieren.
Und abgesehen davon: Manchmal kann es auch ein bisschen peinlich sein.
Die Telefonate mit meinen Eltern zum Beispiel. Nur gut, dass deren Englisch noch schlechter ist als meines. Ehrlich, ich hätte es mir viel einfacher vorgestellt, ein paar belanglose Sätze mit jemandem zu wechseln, der gar keine Ahnung von dieser Sprache hat (an dieser Stelle einen schönen Gruß an meine Englischlehrer– ihr wart echt mies!).
Dennoch muss ich rückblickend sagen: Das war wieder ein genialer Schachzug von mir. Meine Mutter träumt schon seit Ewigkeiten von diesem Porzellanservice, und auch Papi hat zwischendurch immer wieder ganz beiläufig fallen lassen, dass historische Dokumentationen auf einem Großbildfernseher viel anschaulicher wären als auf seinem antiken Röhrengerät.
Also habe ich ihnen jetzt ihre Wünsche erfüllt. Natürlich brauchte ich ein bisschen Überredungskunst, um denen bei Karstadt klarzumachen, dass sie dem Lieferschein unbedingt das von mir selbst entworfene Gratulationsschreiben der European Luck Company beilegen müssten. Ein Schreiben, auf das ich übrigens ziemlich stolz bin. Ich habe mir nämlich nicht nur diesen tollen Firmennamen ausgedacht, sondern auch noch einen fiktiven Firmensitz auf Jersey, dazu habe ich ein paar wohlklingende Glückwunschphrasen auf Englisch verfasst und als Kontaktnummer die Nummer meines neuen Wertkartenhandys angefügt
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