Molly Becker 01 - Hilfe, ich bin reich
– meine eigene Handynummer konnte ich natürlich nicht nehmen, die hätten sie sofort erkannt.
Das Entscheidende an dem Plan war aber, dass meine Eltern mich am Telefon nicht wiedererkennen, deswegen habe ich mich sicherheitshalber für Englisch entschieden und dazu noch meine Stimme ein bisschen quietschig gemacht. Was nicht schwer war, da man bekanntlich sowieso zu einer hohen Stimme neigt, wenn man nervös ist oder überfordert – so wie ich bei Fremdsprachen.
Alles in allem hat es aber super funktioniert. Sie haben keinen Verdacht geschöpft (obwohl mir fast das Herz in die Hose gerutscht wäre, als Mami fragte, ob ich etwas damit zu tun hätte), und auch bei Frederic ist es besser gelaufen als befürchtet.
Bei ihm konnte ich natürlich kein Englisch verwenden, da wäre der Schwindel sofort aufgeflogen, aber wie es der Zufall will, habe ich in der Schule mal an einem Spanischkurs teilgenommen. Viel habe ich mir davon nicht gemerkt, außer dass der Lehrer Miguel García hieß und ein hinreißendes Grübchen am Kinn hatte, aber die paar Brocken haben immerhin gereicht, um Frederic auszutricksen.
Und das mit den Autos für Lissy und Tessa habe ich auch schon erledigt. Zugegeben, es hat mich eine schlaflose Nacht gekostet, bis ich mich endgültig dazu durchgerungen habe, fünfzigtausend Euro auf das Konto von Slupetzkys Dreamcar Center zu überweisen, aber im Nachhinein bereue ich die Entscheidung nicht. Denn in Wahrheit verhält es sich doch so: Lissy und Tessa sind für mich gleich nach meinen Eltern die wichtigsten Menschen auf der Welt und … oh, Frederic ist natürlich auch wichtig, aber das versteht sich ja wohl von selbst … und so gesehen ist es doch nur gerecht, wenn ich ihnen ein etwas größeres Stück von meinem Millionenkuchen abgebe.
Abgesehen davon verbleiben mir immer noch satte fünfundzwanzigtausend auf meinem Konto bei der First Direct Bank, das ist mehr, als viele Menschen im ganzen Jahr verdienen. Wozu mir also noch lange den Kopf darüber zerbrechen?
Und wie sie sich gefreut haben! Ich werde das nie vergessen. Allein ihre strahlenden Augen, als die beiden Wagen plötzlich vor der Tür standen! (Ich musste sie natürlich anliefern lassen, schließlich konnte ich nicht zulassen, dass Lissy und Tessa sie beim Autohaus abholen und sich womöglich noch dafür bedanken, dass sie als Werbeträger für die Firma ausgewählt worden sind.) Als die drei rosafarbenen Minis hintereinander in der Einfahrt standen, sah es bei uns plötzlich aus wie vor einem Barbiehaus, fehlten nur doch die Kens mit ihren Surfbrettern auf den Rücksitzen.
Aber wie gesagt, dieser ganze Aufwand macht sich auch für mich bezahlt. Ich glaube sogar, dass gerade diese Großzügigkeit der Hauptgrund für meine momentane Hochstimmung ist. Ich bin so locker, so entspannt, nichts kann mich aufregen. Nicht einmal Clarissa, die mir mit ihren ätzenden Kommentaren immer wieder in meine Gute-Laune-Suppe zu spucken versucht, und das will was heißen.
Erst heute Nachmittag hat sie mich zwischen Tür und Angel gefragt, ob ich mich nicht beim Reinigungspersonal besser aufgehoben fühlen würde, und ich habe bloß gelächelt und geantwortet, das könnte durchaus sein, immerhin verdienten die ja mehr als ich. Daraufhin ist sie wütend abgerauscht, und ich habe mir ganz gemütlich einen Latte Macchiato und im Anschluss eine Shiatsu-Massage bei Fiona genehmigt.
Soll Clarissa ruhig meckern. Wer ist sie denn schon? Eine aufgetakelte Tante, die verzweifelt gegen ihr Alter ankämpft und dabei krampfhaft versucht, sich einen Millionär zu angeln.
Ich dagegen bin jung und – selbst Millionärin. Eben.
Als ich nach Hause komme, parkt nur ein rosaroter Mini vor der Tür. Da unsere Autos alle gleich aussehen, kann ich nicht erkennen, wer von beiden, Lissy oder Tessa, zu Hause ist. Im Parterre finde ich niemanden vor, also gehe ich gleich auf mein Zimmer, ziehe mir einen Bikini an und springe dann in den Pool. Erst als ich richtig schön abgekühlt bin, steige ich wieder heraus und trockne mich ab.
»Hi, Molly. Seit wann bist du denn schon da?« Lissy kommt aus dem Haus. Sie trägt den neuen Hermès-Bikini, den ich für sie gekauft habe, und sieht aus wie das blühende Leben. Scheint ihr auch gut zu bekommen, unser plötzlicher Wohlstand.
»Seit einer Viertelstunde etwa. Hast du mich gar nicht kommen hören?«
»Nö, ich war … beschäftigt.«
»Beschäftigt? Womit denn?«
»Mit … also …« Plötzlich bekommt sie einen roten Kopf.
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