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Momo

Momo

Titel: Momo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Ende
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wo die Neubauviertel mit den immer gleichen Häusern und den schnurgeraden Straßen sich bis zum Horizont dehnten. Momo lief weiter und weiter, aber da ja alle Häuser und Straßen einander vollkommen glichen, hatte sie bald das Gefühl, gar nicht vom Fleck zu kommen und an der gleichen Stelle zu laufen. Es war ein wahrer Irrgarten, aber ein Irrgarten der Regelmäßigkeit und Gleichheit.
Momo war schon nahe daran, den Mut zu verlieren, als sie plötzlich einen letzten grauen Herren um eine Ecke biegen sah. Er humpelte, seine Hose war zerrissen, Hut und Aktentasche fehlten ihm, nur in seinem verbissen zusammengepreßten Mund qualmte noch der Stummel einer kleinen grauen Zigarre.
Momo folgte ihm, bis zu einer Stelle, wo in der endlosen Reihe der Häuser plötzlich eines fehlte. Statt dessen war dort ein hoher Bauzaun aus rohen Brettern errichtet, der ein weites Geviert umgab. In diesem Bauzaun war ein Tor, das ein wenig offenstand, und dort hinein huschte der letzte Nachzügler der grauen Herren.
Über dem Tor befand sich ein Schild, und Momo blieb stehen, um es zu entziffern.

EINUNDZWANZIGSTES KAPITEL:  Das Ende, mit dem etwas Neues beginnt

Momo hatte sich mit dem Buchstabieren der Warntafel aufgehalten. Als sie nun durch das Tor schlüpfte, war auch von dem letzten grauen Herren nichts mehr zu sehen.
Vor ihr lag eine riesige Baugrube, die wohl zwanzig, dreißig Meter tief sein mochte. Bagger und andere Baumaschinen standen umher. Auf einer schrägen Rampe, die zum Grunde der Grube hinunterführte, waren einige Lastwagen mitten in der Fahrt stehengeblieben. Da und dort standen Bauarbeiter, reglos in ihren jeweiligen Haltungen erstarrt. Aber wohin nun? Momo konnte keinen Eingang entdecken, den der graue Herr benutzt haben mochte. Sie schaute auf Kassiopeia, aber diese schien auch nicht weiterzuwissen. Keine Buchstaben erschienen auf ihrem Panzer.
Momo kletterte auf den Grund der Baugrube hinunter und schaute sich um. Und nun sah sie plötzlich noch mal ein bekanntes Gesicht. Da stand Nicola, der Maurer, der ihr damals das schöne Blumenbild an die Wand ihres Zimmers gemalt hatte. Natürlich war auch er reglos, wie alle anderen, aber seine Haltung war seltsam. Er stand da, eine Hand an den Mund gelegt, als ob er irgendwem etwas zuriefe, und mit der anderen Hand zeigte er auf die Öffnung eines riesenhaften Rohres, das neben ihm aus dem Boden der Baugrube ragte. Und es ergab sich gerade so, daß er dabei Momo anzublicken schien.
Momo überlegte nicht lang, sie nahm es einfach als ein Zeichen und kletterte in das Rohr hinein. Kaum war sie drin, geriet sie ins Rutschen, denn das Rohr führte steil abwärts. Es machte allerlei Windungen, so daß sie wie auf einer Rutschbahn hin und her geschleudert wurde. Hören und Sehen verging ihr beinahe bei der rasenden Fahrt, tiefer und tiefer hinunter. Manchmal trudelte sie um sich selbst, so daß sie mit dem Kopf voran dahinsauste. Aber sie ließ dabei weder die Schildkröte noch die Blume los. Je tiefer sie kam, desto kälter wurde es. Einen Augenblick dachte sie auch daran, wie sie wohl je wieder hier herauskommen könne, aber noch ehe sie recht dazu kam, sich Gedanken zu machen, endete die Röhre plötzlich in einem unterirdischen Gang.
Hier war es nicht mehr finster. Es herrschte ein aschengraues Halblicht, das von den Wänden selbst auszugehen schien. Momo stand auf und lief weiter. Da sie barfuß war, machten ihre Schritte kein Geräusch, wohl aber die des grauen Herrn, die sie nun wieder vor sich hörte. Sie folgte dem Klang.
Von dem Gang zweigten nach allen Seiten andere Gänge ab, ein unterirdisches Aderngeflecht, das sich, wie es schien, unter dem ganzen Neubau-Viertel hinzog.
Dann hörte sie Stimmengewirr. Sie ging ihm nach und lugte vorsichtig um eine Ecke.
Vor ihren Augen lag ein riesiger Saal mit einem schier endlosen Konferenztisch in der Mitte.
Um diesen Tisch saßen in zwei langen Reihen die grauen Herren – oder vielmehr, das Häuflein, das von ihnen noch übrig war. Und wie armselig sahen diese letzten Zeit-Diebe jetzt aus! Ihre Anzüge waren zerfetzt, sie hatten Beulen und Schrunden auf ihren grauen Glatzen, und ihre Gesichter wirkten verzerrt von Angst. Nur ihre Zigarren brannten noch.
Momo sah, daß ganz hinten an der Rückwand des Saales eine riesige Panzertür ein wenig offenstand. Eisige Kälte wehte aus dem Saal. Obwohl Momo wußte, daß es nichts half, kauerte sie sich nieder und wickelte die nackten Füße in ihren Rock.
„Wir müssen“, hörte sie

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