Mond der Unsterblichkeit
Enttäuschung spüren. Die Wellen hinte r ließen ein dumpfes Echo in ihr, wie nach einem Paukenschlag.
Die Studenten verließen den Saal, während Aidan die herumliegenden Tex t blätter einsammelte. Amber stand an der Tür und zögerte, ihm ihren Vorschlag zu unterbreiten. Es reizte sie, in dem Theaterstück mitzuspielen, weil sie es lie b te, vielmehr die Rolle der Paula, die für jede Schauspielerin eine Traumrolle b e deutete. Sie ging den Weg zwischen den Zuschaue r reihen zurück, bis sie vor der Bühne stand. Aidan blickte erst auf, als sie sich räusperte. Fragend hob er die Auge n brauen.
„Entschuldigung, Mr. Macfarlane …“
„Aidan“, verbesserte er lächelnd.
„Gut, Aidan, ich bin neu hier und habe zum ersten Mal bei der Probe zug e hört. Es hat mir gefallen.“
„Danke“, antwortete er, und lächelte.
„Schade, dass sich niemand für Cleos Vertretung gemeldet hat.“
„Ja, das stimmt.“
„Ich kenne das Stück aus London. Ich habe es in einem Laienthe a ter gespielt. Wenn Sie möchten, kann ich übergangsweise die Rolle der Paula übernehmen, bis Cleo wieder zurück ist.“ So, jetzt war es heraus. Jetzt hatte sie doch alle Vor s ätze über Bord geworfen, und sich auch noch als Lückenbüßer angeboten. Sein Lächeln wurde strahlender.
„Großartig. Ein tolles Angebot. Wie war nochmal dein Name?“
Wie konnte sie nur annehmen, er hätte sich neulich ihren Namen ei n geprägt?
„Amber.“
„Amber, ein wunderschöner Name, passt zu deinem Haar. Willkommen im Team, Amber.“
Sein Händedruck war fest, und löste ungeahnte Gefühle aus. „Danke, dass Sie mich in Ihren Theaterkurs aufnehmen. Ich freue mich.“
„Hier duzen wir uns alle. Ah, jetzt weiß ich wieder, wir sind uns doch neulich schon begegnet.“
Ihr wurde heiß unter seinem Blick, der langsam über ihren Körper glitt, an i h ren weiblichen Rundungen hängen blieb, als wolle er sich jedes Detail einprägen.
*
Aidan schätzte sie auf Anfang zwanzig, wenngleich sie reifer wirkte, als die and e ren ihres Alters. Die kleinen Fältchen um ihre Augen verrieten, dass sie gern lachte, und das machte sie sympathisch. Das bernstei n farbene Haar fiel ihr in weichen Wellen auf die Schultern. Es glänzte, und als sie es schüttelte, roch es nach fruchtigem Shampoo. Sie war ein Blickfang. Jede Rundung war perfekt. Amber besaß eine sinnliche Ausstrahlung, die einem Mann gefäh r lich werden konnte. Aber sie war seine Studentin, und damit hing ein fettes Tabu-Schild um ihrem Hals.
„Ja, als ich mich an meinem ersten Tag verlaufen hatte …“
„Ah, ja, ich erinnere mich.“
Ihr Gesicht konnte man nicht verge s sen.
„Und gestern vor dem Schloss.“
„Richtig“, antwortete er.
Wenn er an den Streit mit seinem Vater dachte, spürte er wieder die kalte Wut in sich aufsteigen. Er würde seine Leidenschaft für die Schauspielerei nie verst e hen, egal wie lange sie sich auch anschrieen oder er es ihm erklärte.
Aidan entging nicht Ambers interessierter und offener Blick. Ihre halbgeöffn e ten, vollen Lippen luden geradezu zum Küssen ein. Als er sich räusperte, errötete sie leicht und heftete ve r legen ihren Blick auf die Zehenspitzen.
„Gut. Wann ist die nächste Probe?“, fragte sie.
„Übermorgen, um zwei. Schön, dass du uns nicht hängen lässt. Die Proben sind ungeheuer wichtig. Und ich hätte nur ungern den Part der Paula überno m men, damit Thomas mir bei einer Umarmung das Kreuz verbiegen kann.“
Amber lachte auf. Es war so ansteckend, dass er einstimmte.
„Diese Vorstellung wäre grandios. Vielleicht sollte ich doch nicht mi t machen, und dir den Vorzug geben.“
„Das könnte dir so passen. Du hast mir deine Zusage außerdem schon geg e ben.“
Ihre Miene wurde ernster und sie blickte ihm tief in die Augen. Er begab sich auf gefährliches Terrain. Moira hatte ihm mit ihrem Betrug ein tiefes Misstrauen ins Herz gepflanzt. So schnell würde er sich nicht mehr von den großen Augen einer Frau einlullen lassen.
„Okay, okay, ich halte mich an die Abmachung“, sagte sie hastig und hob die Hände.
Dann machte sie auf dem Absatz kehrt, und steuerte den Ausgang an.
„Übrigens, was hast du im Gealach Castle gewollt?“, rief er ihr hinte r her.
Ohne sich umzudrehen, blieb sie stehen. „Ich wohne dort.“
Aidan erinnerte sich an Vaters beifällige Bemerkung, dass er die Wo h nung im Ostflügel an den neuen Geschäftsführer vermieten wollte. Trotz der kursieren den Gerüchte in
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