Mond der Unsterblichkeit
traditionelles Familienunternehmen.
Die Worte zogen an Amber vorbei. Aus Langeweile zupfte sie die Blätter aus den Girlanden und hoffte, der Abend möge schnell vorübergehen. Die Suppe war zwar delikat, aber sie besaß einen seltsamen Beigeschmack, den Amber nicht z u ordnen konnte. Sie dachte an die Worte Macfarlanes, mit denen er Cecilia als Hexe bezeichnete. Und wenn die vielleicht Gift ins Essen gemischt hatte? A m ber sah über den Tisch hinweg zu Kevin, den anscheinend der gleiche Gedanke b e wegte.
Cecilia servierte den zweiten Gang, ein Lammrücken, der in traditioneller We i se der Macfarlanes mit einer Whiskysoße zubereitet wo r den war.
Mom fragte nach dem Rezept, wurde aber mit der Begründung, es handele sich um ein streng geheimes Familienrezept, von Cecilia abgespeist. Die durchaus hö f lich klingende Antwort Cecilias ließ jedoch keinen Zweifel darüber, dass sie allein schon die Frage als überflüssig erac h tete.
„Wollte Ihr Sohn nicht am Essen teilnehmen, Mr. Macfarlane?“, wan d te sich Mom sich an den Gastgeber.
„Mein Sohn hat mal wieder was Wichtigeres vor.“ Gordon Macfarlanes Augen verengten sich. Plötzlich schüttelte ihn ein Huste n anfall.
Mom, die wohl dachte, er habe sich verschluckt, wollte ihm auf den Rücken klopfen, aber er winkte nur ab, zog ein Taschentuch aus der Hosentasche, und hustete hinein. Er würgte, und spuckte in das Tuch. Amber drehte sich vor Ekel der Magen um. Es dauerte eine Weile, bis der Husten sich beruhigte, und Macfarlane keuchend und mit hochrotem Gesicht auf seinem Stuhl saß. Cecilia reic h te ihm ein Glas Wasser, dessen Inhalt er in einem Zug hinunterstürzte.
„Wenn wir Ihnen irgendwie behilflich sein können …“, sagte Mom.
„Nein, können Sie nicht.“
Die Antwort Macfarlanes fiel so barsch aus, dass Amber aufhorchte. Kevin stieß sie unter dem Tisch mit dem Fuß an, und warf ihr einen b e deutungsvollen Blick zu. Ihrer Mutter hingegen schien der raue To n fall entgangen zu sein, oder sie überhörte ihn, denn sie gab ihm Ra t schläge, wie er in der kalten Jahreszeit einer Bronchitis vorbeugen kön n te.
„Es ehrt Sie, Mrs. Stern, aber mir kann keiner mehr helfen, jede n falls kein Arzt dieser Welt. Der Krebs in meinen Lungen ist schon so weit fortgeschritten, dass keine Hoffnung mehr besteht.“ Gordon Macfarlane sagte das in einem Ton, als läse er einen banalen Zeitung s artikel vor.
Am Tisch herrschte betroffenes Schweigen.
„Jetzt habe ich Sie geschockt, nicht wahr? Ich fürchte mich nicht vor dem Tod.“ Macfarlane sah mit einem Grinsen in die Runde.
„Das tut mir leid“, sagte Dad nach einer Weile, und betupfte sich mit der Se r viette den Mund. Auch ihre Mutter sah Macfarlane mitfü h lend an.
„Braucht es aber nicht. Können Sie nun verstehen, weshalb mich die En t scheidung meines Sohnes betrübt, die Brennerei nach meinem Tod nicht weite r zuführen? Noch dazu für brotlose Schauspielkunst!“
In diesem Moment hörte Amber Schritte. Aidan stand im Türrahmen. Seine düstere Miene verriet, dass er die letzten Worte seines Vaters g e hört hatte, und ihm diese missfielen. Amber spürte, wie tief er verletzt war, und empfand Mi t leid.
„Ah, mein Sohn lässt sich herab, uns mit seinem Besuch zu beehren“, gi f tete Macfarlane.
Aidan überging die Bemerkung mit einem charmanten Lächeln. „Guten Abend allerseits. Ich bitte, meine Verspätung zu entschuldigen.“ Er deutete eine Ve r beugung an und trat an den freien Stuhl neben Amber. Seine schwarze Hose und der schwarze Seidenpullover, der im Kerzenschein glänzte, standen ihm ausg e sprochen gut.
„Darf ich, Amber?“, fragte er, nachdem er alle per Handschlag b e grüßt hatte, und beugte sich zu ihr hinunter.
Sein warmer Atem streifte ihren Nacken. Eine Gänsehaut lief ihren Rücken entlang. Der Geruch eines herb frischen Aftershaves schlug ihr en t gegen. „Ja, bitte“, antwortete sie heiser, ohne aufzusehen.
Aidan setzte sich neben sie. Sie spürte seine körperliche Nähe wie ein Kami n feuer ihre Seite erwärmen. Er griff nach der Serviette und berührte dabei ihre Hand. Die flüchtige Berührung kribbelte auf ihrer Haut. Aidan nahm sich vom Lam m rücken, den Cecilia ihm reichte.
„Mein Vater hat Ihnen sein Leid geklagt, welch undankbaren Sohn er hat. Das macht er bei jedem Gast. Denken Sie sich nichts dabei.“
Aidan schaufelte sich Gemüse und Kartoffeln auf den Teller, während alle a n deren betreten zu seinem Vater sahen, welche
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