Mond der Unsterblichkeit
Gesicht.
„Amber, können wir kurz sprechen?“
„Ich dachte, es wäre alles gesagt.“ Sie wollte nicht hören, wie b e deutungslos der Kuss für ihn war.
„Bitte hör mir zu.“
Er umfasste ihre Schultern. Wärme durchflutete ihren Körper. Obwohl es g e scheiter wäre, seine Hände zurückzuschi e ben, konnte sie es nicht. Im Gegenteil, ihr Körper strebte dem seinen verräterisch en t gegen.
„Was willst du mir noch sagen?“, flüsterte sie und sah zu ihm auf.
Er zögerte einen Moment. Unter seinem verlangenden Blick wich jeder Wide r stand in ihr, vergessen waren die abweisenden Wo r te, die sie sich zurechtgelegt hatte.
„Amber, ich weiß nicht mehr was ich denken soll. Damit, mit dir, habe ich ei n fach nicht gerechnet. Es ist etwas zwischen uns, aber es kann einfach kein Uns geben. Verstehst du?“
„Nein. Was spielt Entfernung denn für eine Rolle?“
Er antwortete nicht, sah ihr nur in die Augen.
„Was steht zwischen uns? Ist es Moira?“, fragte sie mit zitternder Stimme.
„Nein, es ist nicht nur Moira. Sieh es doch mal so: Ich muss bald fort und weiß nicht, wann ich zurückkommen werde. Du b e suchst die Uni und machst im nächsten Jahr deinen Abschluss. Es hätte einfach ke i nen Sinn.“
„Tja, wenn du es so siehst. Aber es war ja auch nur ein Kuss.“
„Ja, es war nur ein Kuss, Amber“, antwortete er traurig.
Aber dieser Kuss ha t te sie tief berührt und den Wunsch in ihr geweckt, mehr von ihm zu entdecken.
„Ich wünsche dir viel Glück in Kanada, Aidan“, antwortete sie g e presst.
„Danke. Auch dir wünsche ich alles Gute. Vielleicht sehen wir uns wieder.“
„Ja, vielleicht.“ Eine Träne stahl sich aus ihrem Augenwinkel und rollte über ihre Wange.
Abrupt drehte er sich um, hob die Hand zum Gruß und ging zum Schlosspark zurück.
Wie betäubt sah Amber ihm nach, bis seine Silhouette im Dunkel ve r schwand. Sie würde Aidan bald nicht mehr sehen. Jetzt ließ sie den Tr ä nen freien Lauf. Es war vorbei, bevor es angefangen hatte.
Lange verharrte sie unter dem Baum, bis sie fröstelte. Ein scharfer Wind kam auf und fuhr durch ihre Kleidung. Sie konnte jetzt noch nicht zum Hallowee n fest zurückgehen, wollte nachdenken. Deshalb schlug sie den Weg in die entg e gengesetzte Richtung ein.
Die Dudelsackmusik war verstummt. Nur das verzerrte Stimme n gewirr wehte noch herüber. Gelächter. Sie atmete tief die kühle, würzige Wal d luft ein. Es tat gut, nur dem Rauschen der Bäume zuzuhören. Allmählich normalisierte sich ihr Gemüt s zustand wieder.
Weit entfernt hörte sie eine aufgeregte Mädchenstimme. Sally! Amber schlug die Richtung ein, aus der die Stimme kam.
Sally war nicht allein. Ein Mann redete auf sie ein. Sein Tonfall klang drohend. Nach wenigen Schritten erreichte sie die Abzweigung, die nach Clava Cairn e m porführte. Sie erkannte von Weitem einen Mann in einer Kutte, der in der rec h ten Hand eine Fackel trug. Seine Linke umklammerte Sallys Arm. Deutlich spü r te Amber Sallys Angst. Sally versuchte, sich aus dem Griff zu befreien. Der Fremde in der Kutte raunte ihr e t was zu. Sally schluchzte auf und weinte lauter.
„Bitte lassen Sie mich gehen. Ich werde nichts sagen. Bestimmt. Ich ve r spreche es“, bettelte sie, aber der Griff des Mannes ließ nicht locker.
„Du kommst mit“, zischte er und zerrte sie mit sich.
„Lassen Sie sie sofort los, oder ich rufe die Polizei!“, rief Amber und hielt ihr Handy in die Höhe.
Sie bewunderte ihren eigenen Mut, denn das Handy hatte hier unten keinen Empfang. Der Fremde zögerte. Dann stieß er Sally von sich und eilte davon.
Keuchend drehte Sally sich im Kreis, auf der Suche nach der rettenden Sti m me. Sie stutzte, als sie Amber erkannte.
„Ich brauchte deine Hilfe nicht!“, rief sie Amber zu.
„Das sah aber ganz anders aus.“ Langsam schritt Amber auf Sally zu.
„Das verstehst du nicht. Bleib, wo du bist.“ Abwehrend hob Sally die Arme.
„Komm, lass uns zum Schloss zurückgehen.“ Amber bedeutete ihr mit einem Wink, zu ihr zu kommen.
Sally schüttelte den Kopf. „Nein, ich kann nicht.“
Amber näherte sich ihr weiter.
„Bleib, wo du bist. Es ist zu gefährlich!“, kreischte Sally mit Panik in den A u gen.
„Komm schon, Sally, sei nicht albern. Lass uns zurückgehen. Die anderen h a ben bestimmt viel Spaß. Außerdem wird’s hier langsam u n gemütlich.“
Je mehr Amber sich Sally näherte, desto weiter wich diese zurück.
„Komm mir nicht zu nah. Ich flehe dich
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