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Mond der Unsterblichkeit

Mond der Unsterblichkeit

Titel: Mond der Unsterblichkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elke Meyer
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Brennerei Hochbetrieb. Dad hockte ständig mit Gordon Macfarlane in irgendwelchen wichtigen Meetings. Immer wenn sie ihn um ein G e spräch bat, vertröstete er sie auf später. Er war ständig gereizt, was sie von ihm nicht kan n te. Sie machte sich Sorgen.
    „Amber, Liebes, lass uns das bitte nach Halloween bereden. Mir schwirrt der Kopf. Mr. Macfarlane möchte im nächsten Jahr eine weitere Brennerei eröffnen, und den Whisky nach Übersee verschiffen. Der …“
    „Dad, Mr. Macfarlane ist ein todkranker Mann. Wer weiß, ob er nächstes Jahr noch lebt. Vielleicht will sein Nachfolger etwas anderes?“, u n terbrach sie ihn.
    Aber Dad winkte ab. „Liebes, ich bin davon überzeugt, eine reelle Chance zu haben, wenn es um die Auswahl der Nachfolge geht. Ich besitze genug Erfa h rung, um die Brennerei weiterzuführen. Mr. Macfa r lane lobt meine Arbeit und hat mir selbst gesagt, dass er sich durchaus vorstellen könne, dass ich alles in die Hand ne h me.“
    „Nimm es mir nicht übel, aber ich traue Macfarlane nicht.“
    „Warum sollte er sich nicht für mich entscheiden, jetzt, wo die Geschäfte s u per laufen? Ich könnte für Aidan die Brennerei weiterführen, wenn er sich der Scha u spielerei widmet.“
    „Mag sein“, antwortete sie ausweichend. Die Worte des alten Er e miten kamen ihr in den Sinn über Macfarlanes Wunsch nach U n sterblichkeit. Dann könnte er die Brennerei in seinem Sinne weiterführen, und wäre nicht auf Aidan oder Dad angewiesen. Aber Unsterblichkeit war reine Utopie, ein Mensc h heitstraum. Doch was geschähe, falls Macfarlane tatsächlich eine Möglichkeit gefunden hatte, u n sterblich zu werden? Ihr wurde flau im Magen. Nach dem Halloweenfest nahm sie sich fest vor, würde sie mit Dad noch einmal darüber sprechen.
     
    Am folgenden Tag kehrte Aidan zurück. Zuerst wollte sie zu ihm gehen, die Aussprache suchen, doch dann überlegte sie es sich anders. Sie fürc h tete sich vor einer Zurückweisung.
    In den Pausen wurde er schnell von einem Dutzend Studentinnen aus dem Fechtkurs umringt, die ihn nach der nächsten Theaterprobe fragten. Die Hof f nung auf ein G e spräch unter vier Augen zerschlug sich. Er gönnte ihr noch nicht einmal einen Blick über die Köpfe der anderen hinweg. Ein Kloß saß in ihrem Hals. Sie konnte nicht sofort in die Vorlesung gehen, sondern suchte sich einen Platz im I n nenhof, um eine Weile allein zu sein. Am Nachmittag würde sie ihn abpassen.
     
    Aidan stutzte, als er um die Ecke bog, und sie erkannte. Für einen Augenblick glaubte sie, ein freudiges Aufblitzen in seinen Augen zu e r kennen.
    „Hallo, Amber“, sagte er freundlich, nickte ihr im Vorbeigehen zu, und zückte seinen Wagenschlüssel aus der Hosentasche. Sein Verhalten war kühl, aber sie sah gleichzeitig eine gewisse Traurigkeit in seinen Augen. Amber folgte ihm, blieb neben seinem Wagen stehen, und mu s terte ihn mit verschränkten Armen.
    „Möchtest du wissen, wie es mit dem Stück weitergeht?“, fragte er.
    Eine dümmere Frage hätte er wohl nicht stellen können. „Und wie geht es mit dem Stück weiter?“, fragte sie, ihre Enttäuschung unte r drückend.
    „Mr. Muff wird das Proben übernehmen, denn ich werde nach K a nada gehen. Man hat mir am Theater in Toronto eine Stellung ang e boten. Ein wirklich gutes Angebot, das ich mir nicht entgehen lassen kann. Irgendwann möchte doch jeder einer solch einsamen Gegend wie dieser entfliehen.“ Sein Lachen klang unecht, er wirkte ve r krampft.
    Tränen drängten wieder nach oben. Amber biss die Zähne z u sammen, um sich diese Blöße nicht zu geben. Stocksteif stand er da und blickte an ihr vorbei.
    „Nein, das kannst du dir nicht entgehen lassen. Ich freue mich für dich. Wann wirst du gehen, und für wie lange?“
    „Mein Vater verlangt, dass ich bis zum Halloweenfest bleibe. Du weißt ja, wie sehr er Verkleidungen und Hokuspokus liebt. Danach geht es nach Kanada. Falls du dir Sorgen wegen der Rolle machst, Cleo hat sich g e weigert, weiterzuspielen. Deshalb habe ich dich Mr. Muff empfohlen. Du passt pe r fekt.“
    „Danke.“
    „Okay.“ Seine Stimme klang heiser.
    „Ich muss jetzt nach Hause“, sagte sie hastig, und rannte zu ihrem Mini. A i dan hielt sie nicht auf.
    Als Amber wenig später mit ihrem Mini die Schlossauffahrt entlang brauste, schluchzte sie noch immer. Ich will die verdammte Rolle nicht, hätte sie fast geschrien. Ich will dich! Fast wäre sie in Tränen au s gebrochen. Doch sie war stark geblieben, und

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