Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Mond der Unsterblichkeit

Mond der Unsterblichkeit

Titel: Mond der Unsterblichkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elke Meyer
Vom Netzwerk:
Mondsichel spiegelte, und dem Namen alle Ehre machte.
    In die mächtige Steinmauer waren kleine, quadratische Fenster ei n gelassen, die feindselig wie Schießscharten aussahen, und nur im Erdgeschoss vergittert w a ren. Die Mauer mündete in einen Wehrturm, dessen Zinnen wie spitze Zähne emporragten. Die strenge Archite k tur des Schlosses erinnerte an ein Gefängnis. Bei dem Gedanken daran, in diesem düsteren Gemäuer gefangen zu sein, lief eine Gänsehaut über ihren Körper. Sie spürte eine dun k le Aura, die das Schloss umgab. Für einen Moment schloss sie die Augen. An diesem Ort hatten Schmerz und Verzweiflung geherrscht. Dr o hendes Unheil schwebte wie eine schwarze Wolke über den Mauern.
    „Oh, Mann, total abgefahren! Wie in nem Horrorfilm“, rief Kevin aus.
    „Richtig bedrückend“, bestätigte Amber. Am liebsten wäre sie auf der Stelle umgekehrt. Aber die anderen wü r den sie für hysterisch halten, und behaupten, ihre Fantasie ginge mal wieder mit ihr durch.
    Mom starrte auf die Schlosskulisse. „Imposant! Diese wuchtigen Mauern. Die konnte b e stimmt keiner einnehmen. Finlay, du hast nicht zuviel versprochen. Dieses Schloss besitzt das gewisse Flair.“
    Dad klopfte mit der Faust gegen das Eingangsportal, da nirgendwo eine Kli n gel zu finden war. Amber schüttelte den Kopf. Okay, hier war also die Zivilisat i on zu Ende. Wahrscheinlich gab es auch keinen Fernsehanschluss, und Internet gehörte hier noch in Sciencefict i on-Filme.
    Knarrend öffnete sich ein Flügel des Portals. Ein Mann mit unfreundlicher Miene und schulterlangem, schlohweißem Haar blickte auf sie herab. Er hob fragend die Augenbrauen. Sein dunkler Anzug entstammte einem vergangenen Jahrhundert. Mit einem hageren, ble i chen Gesicht über einem weißen Stehkragen wirkte er wie ein Totengr ä ber.
    „Sie wünschen?“
    „Ich bin Finlay Stern, Sir, der neue Geschäftsführer der Brauerei. Ich wollte zu Mr. Macfarlane. Ist er zu Hause?“
    „Ich bin Gordon Macfarlane. Hatte Sie nicht mehr erwartet. Aber wenn Sie nun da sind, kommen Sie rein.“ Macfarlane ignorie r te die Hand ihres Vaters und öffnete stattdessen die Flügeltür, um die Familie einz u lassen.
    „Es tut mir leid, Mr. Macfarlane, dass wir nicht pünktlich heute Nachmittag eingetroffen sind, aber auf der Fahrt mussten wir wegen einer Straßensperre einen großen Umweg fahren. Und dann haben wir ein Schild übersehen und uns ve r fahren.“ Dad lachte auf, ihm war diese Situation sichtlich unangenehm. Das erste Treffen mit seinem zukünftigen Arbeitgeber, das bereits unter keinem g u ten Stern stand.
    „Hatten Sie Ihre Ankunft für heute avisiert?“
    Eine gewisse Feindseligkeit lag in Macfarlanes Stimme, bei der sich Ambers Nackenhaare aufstellten. In Nachbarschaft mit diesem arist o kratischen Snob sollte sie sich wohlfühlen? Das von ihrem Vater beschriebene Bild eines gutm ü tigen Mannes traf jedenfalls nicht zu. Das konnte ja heiter werden. Dad sah se i nen neuen Chef irritiert an.
    „Verzeihen Sie, Sir, aber wir hatten den Termin bei unserem letzten Telefonat b e sprochen.“
    Macfarlane würdigte ihn keines Blickes, sondern ging voran in die Mitte einer riesigen Halle und bedeutete mit einem Handze i chen, ihm zu folgen. In Amber sträubte sich alles. Das Gemäuer wirkte genauso a b weisend wie dieser Mac farlane. Eine gewisse Verschlagenheit lag in seinem Blick, die ihr Furcht einflö ß te. Die schaurige Aura des Schlosses schien auch ihn in Besitz g e nommen zu haben.
    „Mag sein“, kam es knapp zurück.
    Mom schaltete sich ein, und setzte ihr betörendes Lächeln auf, das bi s lang nie die Wirkung verfehlt hatte. „Mr. Macfarlane, ich kann nur sagen, dass es uns u n endlich leidtut, zu so später Stunde einzutreffen. Wir wollen Sie auch nicht länger behelligen, aber wir sind müde. Könnten Sie uns bitte nur unsere Wo h nung zeigen?“
    „Das wollte ich soeben tun. Folgen Sie mir.“
    Sein Gang war hölzern. Das Wort ‚bitte’ schien ein Fremdwort für ihn zu sein. Sicher war er es gewöhnt, ausschließlich Befehle zu erte i len. Seine arrogante Art ließ Amber zweifeln, ob es wirklich die richtige Entscheidung gewesen war, hie r her zu kommen. In ihr regte sich die Hof f nung, Dad würde vielleicht den Job nicht mehr annehmen wollen. Doch stattdessen buhlte er förmlich um die Au f merksamkeit seines neuen Arbeitgebers. Er eilte Macfarlane hinterher und e r zählte von seinem letzten Job in London. Schweigend hörte der Schlossherr

Weitere Kostenlose Bücher