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Mond der Unsterblichkeit

Mond der Unsterblichkeit

Titel: Mond der Unsterblichkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elke Meyer
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Vasallen in die Schatte n welt zurück zu verbannen.“ Amber wusste selbst nicht, woher sie in diesem Augenblick das Selbstbewusstsein nahm, und Sally mit fester Stimme antwortete.
    Sally sank auf die Knie und schrie. Ihr Gesicht wölbte sich nach vorn zu einer spitzen Schnauze. Reißzähne wuchsen aus dem Maul, wo einst ein menschlicher Mund gewesen war. Blitzartig überzog sich ihr Körper mit Fell. Die verwandelte Sally knurrte und fletschte die Zähne. Sie hatte sich fast in einen Werwolf ve r wandelt. Nur ihre Ohren und Hände zeu g ten noch von menschlichem Dasein.
    Amber sah, wie Sally sich duckte und zum Sprung ansetzte.
    Mit einem Hechtsprung verschwand Amber zwischen den Bäumen, rappelte sich auf, und rannte blind in wilder Panik davon.
     
     
     
     

31.
     
    E s dämmerte bereits, als Aidan das Beerdigungsinstitut in Inverness ve r ließ. Nun lastete jegliche Verantwortung seines Erbes auf seinen Schultern. Vaters Wunsch, er möge sich um die Brennerei kümmern, war also doch in Erfüllung gegangen, selbst wenn er sich noch so sehr dagegen g e sträubt hatte. Verdammtes Schicksal, das einen immer in eine Bahn warf, die man nicht wollte. Aidan ballte die Fäuste. Er wurde in eine Rolle gezwungen, die er hasste. Vorbei war es ers t mal mit der Schauspielerei oder seiner Lehrtätigkeit. Trotz allem konnte er V a ters Erbe nicht so einfach beiseite werfen, als wäre nichts g e schehen. Das würde er sich sein Leben lang vorwerfen. Bis zum Schluss hatte er die Hoffnung nicht aufgegeben, Vater möge noch eine lange Zeit leben und die Brennerei weiterfü h ren, wenigstens so lange, bis er einen würdigen Nachfolger gefu n den hatte. Nun war dieser auch tot.
    Aidan hatte nicht die geringste Ahnung vom Geschäft. Die Bre n nerei stünde bei seinen mangelnden Kenntnissen binnen kurzer Zeit vor dem Ruin. Das war so sicher wie das Amen in der Kirche. Also musste er jetzt nach einem G e schäftsführer suchen. Fähige Geschäftsführer wuc h sen aber nicht auf Bäumen.
    Durch Vaters Tod war er endgültig an Gealach gebunden, Amber hingegen nicht. Sie konnte nach Abschluss des Colleges eigene Wege gehen. Der Gedanke, sie könnte von ihm fortgehen, erschreckte ihn bis ins Mark. Weshalb spielte er eigentlich Zukunftsvarianten durch, wenn über allem der Schatten der Finsternis schwebte? Vielleicht würde es tatsächlich kein Morgen mehr geben, so wie A m ber gesagt hatte. Selbst wenn sie die G e fahr bannen könnten, würde sich vieles verä n dern. Er stieg in seinen Rover und fuhr nach Gealach Castle.
    Als er das heimatliche Schloss erreichte, war es dunkel. Aidan lief zum Wes t flügel und drückte den Klingelknopf. Kurz darauf ertönte der Summer. Die Tür öffnete sich. Gleich zwei Stufen auf einmal nehmend, eilte er die Treppe zur Wohnung hinauf. Aidans Lächeln erstarb, als er anstatt Amber vorzufinden, in die ernste Miene Kevins blickte, der im Türrahmen stand.
    „Hallo, Kevin. Stimmt was nicht?“, fragte er und spürte, wie sich sein Magen vor Sorge zusammenzog.
    „Mann, bin ich froh, dass du da bist. Ich mache mir voll Sorgen um Amber.“
    Aidans Herz begann zu rasen. „Was ist los? Wo ist sie?“
    „Am Nachmittag ist Amber einfach aus dem Schloss gerannt, ohne mir was zu sagen. Ihre Jacke hat sie auch nicht mitgenommen. Und das, wo sie sich mir gegenüber immer als Mutter aufspielt. Habe schon übe r all nach ihr gesucht, sie aber nicht gefunden. Ich weiß nicht, was ich noch machen soll. Mom habe ich vorhin auch schon angelogen, und ihr erzählt, Amber läge im Bett. Shit! Irgen d was stimmt nicht mit ihr.“
    Kevin vergrub die Hände in den Taschen seiner Jeans, die er so tief herunte r gezogen hatte, dass der Schritt fast seine Kniekehlen berüh r te. Er fuhr sich mit der Hand durch sein von Gel feuchtglänzendes Haar.
    „Das Gefühl habe ich auch. Los, wir müssen sie suchen. Habt ihr Tasche n lampen?“
    Kevin nickte und ging in die Abstellkammer, die gleich hi n ter der Tür lag, um mit einem halben Dutzend Taschenlampen in verschiedenen Größen zurückz u kehren. Er streifte sich seine Jacke über und griff nach Ambers, die ve r waist an der Garderobe hing. Dann folgte er Aidan die Treppe hinunter nach draußen.
    „Hast du Hermit gefunden?“, fragte er auf dem Weg nach unten.
    „Nein, es gab so viel wegen der Feuerbestattung meines Vaters zu regeln. Das hat mehr Zeit in Anspruch genommen, als ich dachte. Eigen t lich wollte ich heute Abend noch mit Amber zu ihm fahren. Aber das hat sich

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