Mond der Unsterblichkeit
Sein Tonfall duldete keinen W i derspruch. Widerwillig folgte Aidan seiner Aufforderung. „Manche bezeichnen die Schattenwelt als Vorhof zur Hölle. Sie ist der Aufenthaltsort für verlorene Seelen, die Luzifer im Kampf gegen Gott dienen sollen. Unsere Welt ist von ihr nur durch eine dünne Membran getrennt, die sich an den Mondfeiertagen für einen Moment öffnet. Wir Druiden nennen diese Durchgänge Tore. Die Dru i den eines Ordens sind die Wächter, die verhindern müssen, dass die Bewohner der dunklen Welt nicht die unsrige betreten. Leider hat Gordon diese Macht zu seinen Zwecken missbraucht. Nicht ausz u denken, wenn es geöffnet bliebe. Ich bin der letzte Druide in der Gegend und vermag das Tor zu schließen, und R e venant und sein Gefolge zurück in die Finsternis zu ve r bannen. Verdammt, auch ich fühle mich schuldig, weil ich Gordons Plan nicht vereiteln konnte. Hoffen t lich ist es noch nicht zu spät.“
„Verlorene Seelen? Sind das Tote?“ Kevin war neben Hermit getr e ten und sah auf den Alten hinunter, der zusammengesunken im Sessel saß. Seine Augen glänzten vor Aufregung wie im Fieber.
„Nicht alle sind tot. Manche Menschen leben in unserer Welt und ve r kauften nur ihre Seele an die Hölle, während andere in die Schattenwelt traten, und zu Geschöpfen der Finsternis wurden. Überall auf der Welt verschwinden Me n schen spurlos und tauchen nie wieder auf. Die meisten unter uns glauben an ein Ve r brechen. Unzählige Akten lagern in den Archiven der Polizei. Aber viele Verschollene wurden Opfer der Scha t tenwelt.“
„Oh, mein Gott, wie schrecklich.“ Amber schüttelte sich bei der Vo r stellung, ihr könne es einmal genau so ergehen.
„Dann muss also nur das Tor geschlossen werden, um diese Kreaturen z u rückzuverbannen?“ Aidan sah dem Alten forschend ins Gesicht.
„So einfach ist das nicht. Wir müssen Revenant, ihren Anführer, ve r bannen. Die anderen werden ihm folgen.“
„Und Gott sieht einfach zu und macht nichts dagegen?“ Ambers Glaube an die Kraft des Guten wurde in diesem Augenblick erschü t tert. Wie konnte der Himmel das zulassen?
„Der Himmel wird sich erst einmischen, wenn das Ende der Welt naht. So steht es in der Offenbarung geschrieben.“
„Vielleicht ist das Ende schon nah.“ Amber schluckte. Das Bild einer bevo r stehenden Apokalypse ängstigte sie. Sie sah zu Aidan, der ihr trotz allem mit Hoffnung in den Augen leicht zunickte. Sie fragte sich, woher er seine Zuve r sicht nahm. Eine lange Weile herrschte im Raum betretenes Schwe i gen.
„Ich mach es“, sagte Aidan mit fester Stimme.
Alle Augen richteten sich auf ihn.
„Was machst du?“ Amber sprach die Frage aus, die alle bewegte.
„Weil Amber nicht kann, werde ich das Schwert holen, Hermit“, schlug Aidan vor.
Das konnte nicht sein Ernst sein. Und doch bestätigte die En t schlossenheit in seinem Blick, dass es ihm wirklich ernst war.
„Aidan, nein … bitte …“ Ambers Stimme versagte.
„Du weißt nicht, was du da auf dich nimmst, Aidan. Du könntest nicht mehr zurückkehren oder ein Kind der Finsternis werden! Doch bevor wir entscheiden, wer geht, müssen wir das Schwert erst einmal finden.“
„Aidan, ich könnte es nicht ertragen, dich auch noch zu verlieren. Bitte, He r mit, rede es ihm aus.“
„Nun macht nicht solche Gesichter. Ich kann schon gut auf mich selbst au f passen. Wir müssen es versuchen, und ihr müsst an mich gla u ben.“
„Aidan hat recht. Er ist der Einzige außer Amber, der eine Chance hat. Wir müssen Vertrauen beweisen, auch das gehört zur Prüfung. Lasst uns lieber übe r legen, wo wir das Schwert finden. Ich tappe völlig im Dunkeln. Es gibt, soweit ich weiß, kaum eine Überlieferung, die etwas über den Aufenthaltsort verrät.“
Amber stützte ihren Kopf in die Hände und grübelte. „Wo würde ein Druide ein heiliges Schwert verstecken?“, murmelte sie. Unzählige Vari a tionen kamen infrage.
„Vielleicht in einer Höhle“, warf Aidan ein.
„Oder in einem Grab, dem Grab des Druiden.“ Hermit rieb über sein Kinn.
„Hermit, vielleicht hast du recht, aber Gräber gibt’s hier in Hülle und Fülle. Wo sollten wir da anfangen? Wir müssten die ganze U m gebung absuchen“, gab Aidan zu bedenken.
„Hm, du hast recht. Aber dieses Grab wird sich an einem beso n ders heiligen Ort befinden, gleichermaßen für Druiden und Chri s ten.“
„Und wo könnte solch ein Ort sein? Was ist, wenn schon jemand vorher da g e wesen ist?“
Amber
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