Mond der verlorenen Seelen
flatternder Vogel, der unter ihrer Haut gefangen war. Samuel beugte sich zu ihr herab und schnupperte an ihr, bevor er ein Feuerzeug aus seiner Tasche zog und die Fackeln anzündete. Sein Blick war starr und ausdruckslos, als wären seine Augen aufgemalt. Mechanisch führte er jede Bewegung aus. Die Dämonen hielten an und bildeten einen Kreis um den Druidenaltar. Ihre transparenten Körper begannen, zu materialisieren. Amber erschauerte bei dem Anblick der Gestalten. Skelette, von trockenen Sehnen zusammengehalten, in deren leeren Augenhöhlen eine Flamme brannte. Schuppige, missgebildete Figuren mit Froschmäulern und spitzen Zähnen neben spinnenartigen Körpern, deren dürre, bleiche Beine sich nach ihr ausstreckten. In den unzähligen auf sie gerichteten Dämonenaugen erkannte sie unbeschreibliche Gier. Sie ergötzten sich an ihrem Schmerz und warteten ungeduldig auf ihre Seele.
„Samuel, bitte. Du kannst mich doch nicht Revenant und diesen gierigen Gestalten ausliefern! Du bist ein Mensch wie ich. Hab Mitleid.“
Ohne zu antworten, zog er zwei Stricke aus seinen Hosentaschen, drehte Amber grob auf die Seite und band ihr die Hände hinter dem Rücken zusammen. Den anderen Strick wickelte er um ihre Fußknöchel. Amber dachte an Aidan. Das gab ihr Mut zum Weiterkämpfen.
„Samuel, verdammt noch mal. Wenn Revenants dämonischer Geist dich noch nicht ganz beherrscht, kehre zu deinem Selbst zurück.“
Nur zu gut wusste sie, dass ihre Seele innerhalb des Drudenfußes gefangen war, und sie sich nicht befreien konnte. Er beugte sich über sie. Seine Iris schimmerte silbrig, und die Pupille darin wie ein Edelstein im Spinnennetz. Seine Aura legte sich auf sie wie ein dichtes Tuch, das sie zu ersticken drohte. Die Dämonen surrten wie Bienenschwärme. Fieberhaft arbeitete es in Ambers Hirn, wie sie Samuel und seinem Vorhaben entrinnen konnte. Sein Gesicht nahm die Züge Revenants an. Selbst seine Haut wurde teigig und bleich. Dann redete er leise in einer Sprache, die hart und kehlig klang und an das Altnordische, die Sprache der Wikinger, erinnerte. Seine Worte hallten durch die Luft und wurden mit einem unverständlichen Murmeln der Dämonen beantwortet. Sie hatte zwar von den schwarzen Ritualen gehört, aber sie kannte weder deren Ablauf noch einen magischen Spruch. Samuel hob mit einer theatralischen Geste seine Arme und hielt sie mit den Handflächen nach oben über Amber. Blutrote Kristalle, die wie schlagende Herzen pulsierten, lagen in seinen Händen. Mit jedem Impuls wechselte das Rot die Intensität. Gleichzeitig spürte Amber immer stärker werdende Schwingungen auf ihrer Haut, die ein unangenehmes Prickeln auslösten und das Brennen ihrer Wunden verstärkten.
Fest schloss er seine Finger um die Kristalle, dass die Adern seiner Unterarme blau hervortraten. Das Pulsieren erlosch. Sie wusste, das war das Zeichen für den Beginn des Rituals.
Wie hatte sie nur glauben können, Revenant mit ihren Fähigkeiten zu besiegen, die ihr jetzt so schwach und lächerlich vorkamen. Sie verfluchte ihre Selbstüberschätzung und ihr impulsives Handeln, die sie in diese Lage gebracht hatten. Ihre Hände drückten schmerzhaft gegen die Wunden. Sie spürte, wie Blut über ihre Finger rann. Ohne Samuel aus den Augen zu lassen, begann Amber an den Fesseln zu zerren. Aber die saßen fest wie Handschellen. Rote Strahlen traten aus Samuels Händen, die noch immer die Kristalle umschlossen. Ihr Brustkorb hob und senkte sich im schnellen Rhythmus, als die Strahlen ihren Körper trafen. Schweiß brach ihr aus allen Poren. Die Kristallstrahlen entzogen ihr Energie wie ein riesiger Magnet. Ihre Muskeln wurden schwer, bis sie ganz erschlafften. Unter ihren bleiernen Lidern sah sie zu Samuel auf. Deutlich las sie die Genugtuung aus seiner Miene über ihren schwindenden Widerstand.
„Warum gerade Samuel?“, lallte sie.
„Weil er es wollte. Dieser Tor wollte sich mit mir vereinen, um seine magischen Fähigkeiten zu stärken und hat sich an einen Schwarzmagier verkauft. Durch das Beschwörungsritual konnte meine Seele sich mit ihm verbinden. Wir sind eins. Durch ihn spüre ich wieder das Leben!“
Er breitete die Arme aus und lachte schallend, dass es in ihren Ohren dröhnte. Amber hatte fassungslos Revenants Worten gelauscht. Wie konnte Samuel nur so etwas tun? Er hatte nicht nur sein Leben riskiert. Schlagartig verfinsterte sich Samuels Miene.
„Aber wen interessiert der schon. Für mich zählt nur eins: Ich hole mir das, was
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