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Mond der verlorenen Seelen

Mond der verlorenen Seelen

Titel: Mond der verlorenen Seelen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elke Meyer
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einen Weg geben, sich zu befreien. Wenn er doch nur das silberne Ding aus seiner Brust reißen könnte.
    Immer höher schlugen die Flammen, nachdem die Hexen sich zurückgezogen hatten. Diese verdammten Weiber ließen ihn hier tatsächlich rösten.
    Ein markerschütternder Schrei durchschnitt die Stille, und sofort wusste er, dass die junge Frau nun geopfert worden war.
    Seine Kopfhaut glühte. Falls er sich nicht bald bewegen konnte, bliebe von ihm nur noch ein Häufchen Asche übrig. Plötzlich spürte er ein Kribbeln in seinen Zehen und Fingerspitzen, das Leben kehrte in seinen Körper zurück. Schön wär’s, dachte er und zog eine Grimasse. Das Feuer erreichte fast seine Haare, und seine Haut begann, wie Butter zu schmelzen. Er fühlte seine Finger und war erleichtert, als er sie bewegen konnte. Seine Schnittwunden pochten. Die Lähmung ließ nach. Das Blut der jungen Frau, das er zuvor getrunken hatte, zeigte endlich seine Wirkung. Ihm blieb nicht viel Zeit, denn schon begannen die Flammen, an seinem Haar zu lecken. Jetzt erwachten seine Hände. Mit aller Kraft drückte er sie auseinander, bis die Fesseln rissen. Als seine Hand den Dom umschloss und herauszog, schrie er vor Schmerz auf. Von diesem Moment an fiel die Starre ganz von ihm ab, und er konnte sich befreien.
    Als er auf dem Erdboden landete, hielt er seine Nase in den Wind, um die Hexenbrut zu wittern. Aber ein beißender Geruch überlagerte alles. Sie hatten Weihrauch ins Feuer geworfen, um ihre Spuren zu verwischen. Aidan schnaubte vor Wut. Er würde sie schon aufspüren und sich an ihnen rächen.

-6-
    A mber wählte den kürzesten Weg nach Gealach Casde, fernab der Landstraße, an sanften Hügeln vorbei, auf denen zu dieser Jahreszeit normalerweise der Ginster blühte. Doch in diesem Jahr schien der Winter dem Frühling nicht weichen zu wollen. Noch immer herrschten in der Nacht frostige Temperaturen, und es wurde früh dunkel. Wie sehr sehnte sie sich nach warmen Sonnenstrahlen, die alles zum Blühen brachten.
    Amber blieb stehen und ließ ihren Blick über die vertraute Landschaft schweifen. Jeder Baum, jeder Stein war mit einer Erinnerung verbunden, die meisten davon schlecht. Seitdem sie hier in Schottland lebte, fühlte sie sich der Natur verbunden, was sie nie für möglich gehalten hätte. In ihrem Londoner Leben war kein Platz für solche Empfindungen gewesen. Sie wäre ausgelacht worden, wenn sie von Geistern der Elemente gesprochen hätte. Sie konnte es selbst kaum glauben, und doch gab es diese. Dort auf einer der Hügelkuppen befand sich der Steinkreis von Clava Cairn. Jedes Mal, wenn sie einen Gedanken an ihn verschwendete, lief ihr ein Schauder den Rücken hinunter. Seit Monaten hatte sie diesen Ort gemieden, denn es war zu viel Schreckliches geschehen, an das sie nicht erinnert werden mochte. Überall glaubte sie, in seiner Nähe die anklagenden Stimmen verlorener Seelen zu hören. Ausgelöst durch die Geschehnisse hatte sie mehr über ihre übersinnlichen Wahrnehmungen gelernt, was ihre Neugier weckte. Aber jetzt begann sie, diese Gabe als einen Fluch zu betrachten.
    Ihre Schritte lenkten sie automatisch zu dem kleinen Wald, der ebenso viele Erinnerungen barg wie der Steinkreis. Erinnerungen an ihre Flucht, an das Moor. Plötzlich spannten ihre Narben an der Schulter, die ihr die Werwölfin zugefügt hatte, als wäre die Haut zu eng. Die Furcht von damals war erdrückend präsent. Sie konnte den Wald nicht betreten, alles in ihr sträubte sich. Lieber nahm sie den schmalen Pfad, der entlang des Waldes lief und den sonst die Jäger wählten.
    Die Welt um sie hatte sich verändert, war düster geworden. Die Sonne strahlte nicht mehr so golden und das Grün des Waldes erschien ihr eine Nuance dunkler und nicht mehr so üppig wie einst. Überhaupt war nichts mehr so, wie es einmal war, über jedem Ort schwebte die Erinnerung an das Grauen. Wenn sie einen der Bäume berührte, würde dies sie erneut in die Vergangenheit ziehen, und das konnte sie nicht ertragen. Die Zeit der Geborgenheit im Schoß der Familie verschwand mit einem Schlag, als sie zum ersten Mal Schloss Gealach mit seiner Aura des Bösen betrat, das sie in einen Sumpf der Finsternis zog. Dads Tod hinterließ eine tiefe Leere in ihr. Gott, wie sehr vermisste sie sein Lachen, sein Verständnis, seine Gegenwart. Wie hatte sie immer seine Geradlinigkeit bewundert, das, was ihrem Leben fehlte, denn sie war stets auf der Suche nach sich selbst.
    Nach Dads Tod gab es Momente,

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