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Mond der verlorenen Seelen

Mond der verlorenen Seelen

Titel: Mond der verlorenen Seelen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elke Meyer
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fiel. Seine strengen Züge und ein Dreitagebart verliehen ihm einen Hauch von Verwegenheit und Arroganz. Sie konnte Machos nicht ausstehen. Und der hier gehörte bestimmt dazu. Aber sein Lächeln war umwerfend, musste sie gestehen.
    „Hi“, sagte er und hob die Hand zum Gruß.
    ,Du siehst ja ziemlich ramponiert aus’, las sie aus seinem Blick. Amber fühlte sich unwohl in ihrer Haut mit der zerrissenen Jeans über den Knien und den unzähligen Flecken auf der Jacke.
    „Was machst du hier draußen so allein? Ist das nicht zu gefährlich? Es wird gleich dunkel. Und deine Hose hat auch schon bessere Tage gesehen. Hattest du einen Unfall?“
    Sein Blick war ihr eine Spur zu intensiv. Er deutete mit der Hand auf die Löcher in ihrer Hose. „Ich wurde von einem Tier angesprungen und bin gestürzt.“
    Sein Lächeln wurde breiter. Er hielt sie für verrückt, das konnte sie spüren. „Was für ein Tier? Ein Moorhuhn?“
    Es war ja auch eine blöde Idee gewesen, zu behaupten, ein Tier hätte sie angegriffen. Doch hätte sie von einem Dämon gesprochen, wäre er vermutlich in schallendes Gelächter ausgebrochen. Dann eben doch ein Moorhuhn.
    „Vielleicht bist du es ja gewesen, der mir ins Kreuz gesprungen ist?“, fragte sie.
    „Hätte ich zwar gern, aber das ist nicht meine Art, eine Frau flachzulegen.“ Er grinste.
    „Ich weiß nicht, was es war. Vielleicht ein Dämon?“, wagte sie sich vor. Wie vorausgesehen, brach er in schallendes Gelächter aus.
    „Guter Witz.“ Sein Blick wurde hart, nur für einen Wimpernschlag, aber es entging Ambers Aufmerksamkeit nicht. „Ich heiße Samuel Duncan“, sagte er und reichte ihr die Hand. „Die meisten nennen mich Sam.“
    „Hi, Sam. Amber Stern.“
    Seine Hand steckte noch immer im Handschuh, sein Griff war eine Spur zu fest. Amber zog den Hautkontakt vor, der ihr mehr über das Innenleben ihres Gegenübers verraten hätte. Bestimmt zählte er zu dem Typ Mann, der sich über alle Regeln hinwegsetzt, jedoch stets damit durchkommt, weil keiner seinem Charme widersteht. Nur eines irritierte sie. Jedes Lebewesen besaß eine Aura, die Emotionen offenlegte. Er nicht. Bei ihm fühlte sie nichts, als blocke er sein Innerstes ab. Wie schaffte er das?
    Aber sie musste jetzt pragmatisch denken. Er war hier und besaß ein Motorrad. Und sie fror entsetzlich. „Sam, könntest du mich bitte nach Gealach Castle bringen? Mir ist kalt und meine Knie schmerzen höllisch.“
    „Klar doch, steig auf.“
    Ambers Knie zitterten, als sie sich hinter ihm aufs Motorrad setzte. Durch das Leder fühlte sie das Spiel seiner Muskeln. Es fühlte sich seltsam an, einem anderen Mann als Aidan nah zu sein.
    „Wohin wolltest du eigentlich?“, fragte sie und schlang die Arme um seinen Bauch.
    „Einen alten Bekannten besuchen. Ambrose Hornby. Kennst du ihn?“
    „Wer kennt Hermit nicht? Er hat dich noch nie erwähnt.“
    „Das enttäuscht mich aber. Aber ich war lange von Gealach fort und bin erst seit ein paar Tagen wieder zurück.“
    „Warst du im Ausland?“
    „Du bist ganz schön neugierig. Ja, auch. War hier und da, aber nie lange an einem Ort.“
    „Und was führt dich zurück? Die Familie?“
    „Nein, ein Job. Ich habe die ausgeschriebene Dozentenstelle für Literatur angenommen.“
    „Etwa in der Westhighland-Universität?“
    „Kennst du die etwa auch?“
    „Ich habe dort meinen Abschluss im Fach Schauspiel absolviert. Manchmal helfe ich mit einer Freundin bei den Proben aus.“
    „Dann laufen wir uns dort bestimmt mal über den Weg.“
    „Ja, sicher“, antwortete sie, obwohl sie nicht daran glaubte. Schließlich hatte sie ihr Studium beendet und besuchte nur bei Gelegenheit die Uni. Ein Hauch von Wehmut stieg in ihr auf, weil sie an Aidan dachte, der dort seinen Job als begnadeter Schauspiellehrer aufgegeben hatte, um sich der Brennerei zu widmen.
    Sie hörte wieder ein Knacken im Unterholz und drehte sich um. Rote Augen glotzten sie an, voller Hass und Gier. „Wir sollten fahren. Ich bin ganz durchgefroren und todmüde.“
    Er nickte und trat das Gaspedal durch, der Motor heulte auf. Im gleichen Moment schoss das Motorrad mit einem solch gewaltigen Ruck nach vorn, dass Amber sich an Samuel klammern musste, um nicht runterzufallen. In halsbrecherischem Tempo fegten sie den Pfad hinab. Die Räder wühlten Sand und Steine auf, die zu beiden Seiten hochspritzten.
    „Sam, nicht so schnell!“, rief sie, aber ihre Worte gingen im Motorengeräusch und seinem Gelächter unter. Bei

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