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Mond der verlorenen Seelen

Mond der verlorenen Seelen

Titel: Mond der verlorenen Seelen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elke Meyer
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anzusehen, aber sie spürte, dass sie ihr nicht glaubte.
    „Aha, in der Brennerei. Hast du ihn denn nicht auf dem Handy angerufen?“
    „Nein, ich hatte meins vergessen. Ich habe das Krankenhaus von Samuels Handy aus angerufen. Bitte entschuldige, aber ich muss jetzt an die frische Luft.“
    Tante Georgias Mundwinkel zogen sich pikiert nach unten, wie immer, wenn sie nicht das letzte Wort besaß. Erleichtert zog Amber die Tür hinter sich zu.
    Den ganzen Vormittag hatte es geregnet. Graue Wolken türmten sich am Horizont zu Bergen auf. Die Luft war feucht, und Sonnenstrahlen mogelten sich durch die Wolkenritzen. Amber raste mit ihrem Mini die Landstraße entlang. Die ganze Zeit hatte sie sich zusammengerissen und ihre Gefühle vor Mom und Tante Georgia verborgen, aber jetzt brach alles wie eine Sturzflut aus ihr heraus. Die Reifen quietschten in jeder Kurve, doch sie fuhr unbeirrt in dem halsbrecherischen Tempo weiter. Alles erschien ihr hoffnungslos. Ihre Träume von einem Glück mit Aidan waren zerbrochen. Dad war nicht ihr Dad und Mom hatte sie die ganze Zeit belogen.
    Amber kam es so vor, als hätte auch sie sich ihr Leben nur schöngeredet. Ihre Vorstellung von Glück entsprang nur einer Illusion, bis sie auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt worden war. Die Tränen rannen über ihr Gesicht, und ihre Hände umklammerten das Steuer, bis die Knöchel weiß hervortraten. Alles war ihr fremd geworden, sogar sie sich selbst. Hermit war der Einzige, mit dem sie reden konnte, weil er alle Umstände kannte. Der Wagen schlingerte durch die Kurve auf dem feuchten Asphalt. Nebelschwaden schwebten plötzlich über die Straße wie seidige Finger, die sich nach ihr ausstreckten.
    Ein kalter Hauch streifte ihren Nacken.
    Amber.
    Sie zuckte zusammen, als sie seine Stimme erkannte. Revenant! Deutlich spürte sie seine Gegenwart, genauso wie die Kälte, die ihn umgab. Sie fröstelte, und begann zu zittern. Nie wieder hatte sie seine Stimme hören, seine Gegenwart fühlen wollen. Und es war unmöglich! Er weilte in der Schattenwelt. Die Nebelstreifen ballten sich zusammen und formten sich zu seinem Gesicht mit rot glühenden Augen. Amber trat auf die Bremse. Ehe der Wagen stoppte, löste sich die Erscheinung wie eine Fata Morgana auf. Sie schnappte nach Luft und beobachtete atemlos, wie der Nebel sich verdichtete.
    Nach einer Weile fuhr sie im Schritttempo weiter, während ihr Blick im dichten Weiß nach dem Vampir suchte. Das Herz pochte ihr bis zum Hals. Nur eine Meile entfernt lag Hermits Haus, in dem sie sich in Sicherheit befand. Amber zwang sich, tief und langsam ein- und auszuatmen. Das beruhigte ihre Sinne, bis sie an Trugbilder glaubte, die ihr erschöpfter Geist ihr vorgegaukelt hatte. Der Mini zockelte weiter. Ein Scheinwerfer tauchte direkt vor ihr aus dem Nebel auf. Amber trat erneut auf die Bremse. Ihr Mini brach hinten aus und begann, sich um die eigene Achse zu drehen. Der Gurt schnitt in ihre Brust. Zweige und Lichter schossen an ihr vorbei. Sie versuchte, gegenzusteuern und trat in Panik immer wieder auf die Bremse. Allmählich trudelte der Mini aus, bis er quer auf der Straße stehen blieb.
    Sie sackte keuchend nach vorn und lehnte die Stirn gegen das Lenkrad.
    Feste Schritte näherten sich, die Wagentür wurde aufgerissen.
    „Amber? Ist dir was passiert?“
    „Samuel?“ Amber richtete sich auf und blinzelte ihn an. „Ich ... ich weiß nicht.“ In ihrem Kopf drehte sich noch alles, sie fühlte sich wie benommen. Vorsichtig bewegte sie ihre Arme und Beine. Zum Glück war nichts gebrochen. Nur Brustkorb und Schulter schmerzten vom Gurtdruck und ihr Knie war aufgeschürft. „Scheint alles in Ordnung zu sein. Aber ich zittere.“
    „Das ist der Schock.“
    „Plötzlich kam ein Licht auf mich zu.“ Amber stieg aus dem Auto.
    „Das war sicher mein Scheinwerfer. Tut mir leid, ich wollte dich nicht erschrecken.“
    Sie sah ihn fragend an.
    „Ich komme gerade von Hermit. Bei der glatten Straße bin ich mit dem Motorrad durch die Kurve gerutscht.“
    „Bestimmt bist du wieder gerast.“ Amber rieb sich die Schulter.
    Er lachte leise. „Wie gut du mich schon kennst.“
    Als sie Samuels durchdringendem Blick begegnete, schwankte sie. „Seltsam, in deiner Nähe ist mir immer schwindlig.“ Amber suchte Halt an seinem Arm.
    „Ich deute das als Kompliment, weil du mich umwerfend findest“, antwortete er und grinste.
    Sie lächelte schief. Sein Blick glitt begehrlich über ihren Körper. Samuel war gewiss

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