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Mond der verlorenen Seelen

Mond der verlorenen Seelen

Titel: Mond der verlorenen Seelen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elke Meyer
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erklärte sie und bedeutete ihm mit einer Geste, sich ihr nicht weiter zu nähern.
    Samuel hob die Augenbrauen. „Du bist verwirrt. Komm, ich fahre dich in deinem Wagen nach Gealach Castle zurück. Oder willst du doch lieber zu einem Arzt? Du siehst mitgenommen aus.“
    Der Nebel in ihrem Kopf lichtete sich. „Du brauchst mich nicht zurückzufahren. Mir geht es gut. Hermits Haus liegt gleich hinter der Kurve. Ich wollte sowieso zu ihm.“
    „Aber ..."
    „Danke, Samuel.“
    „Wie du meinst.“ Er zuckte mit den Achseln. „Dann fahre ich dich eben zu Hermit.“
    Sie vermied es, ihn anzusehen. „Ich fahre allein“, widersprach sie mit schwacher Stimme, weil es hinter ihren Schläfen wieder schmerzhaft zu pochen begann.
    „Sei nicht albern ...“
    „Nein, Samuel“, unterbrach sie ihn. Das klang jetzt trotzig, kindisch, aber es war ihr egal. Sie wollte allein zu Hermit.
    Es kostete sie Mühe, gerade stehen zu bleiben und seinem Blick standzuhalten, der kalt und wütend auf ihr ruhte, dass sie fröstelte. Aber seine Stimme klang beherrscht, als er antwortete.
    „Sei doch vernünftig.“
    Er sprach zu ihr wie zu einem Kind. Das weckte ihren Widerstand. Samuels Lippen kräuselten sich zu einem Lächeln. Er griff nach ihrer Hand, um sie von der Wagentür fortzuziehen. Amber spürte, wie Energie in ihren Körper zurückkehrte. Blitze zuckten aus ihrer Hand und fuhren in Samuels, der sie sofort losließ. Düster sah er sie an, mit zusammengekniffenen Lippen. Fast glaubte sie, er würde sich auf sie stürzen und gewaltsam in den Mini setzen. Zum ersten Mal, seitdem sie sich begegnet waren, spürte sie bei ihm Schwingungen, die wie feine Nadelstiche auf ihrer Haut auftrafen, und ihr verrieten, dass er seine Emotionen für einen Augenblick nicht unter Kontrolle hatte. Dann entspannten sich seine Züge wieder. Er lächelte sie versöhnlich an.
    „Entschuldige, ich wollte dir nicht meine Begleitung aufzwingen. Ich war nur besorgt.“
    Samuel war eine zwiespältige Persönlichkeit, als lebten zwei Seelen in ihm.
    „Okay. Ich fahre jetzt zu Hermit. Gute Nacht, Samuel.“
    Amber öffnete die Wagentür und stieg ein. Sie rechnete damit, dass er sie zurückhalten würde, aber er tat es nicht.

-23-
    E rst als Amber ihren Mini vor Hermits Haus parkte, war die Benommenheit endgültig verflogen. Hermits Haus sah aus wie ein windschiefes Blockhaus. Auf dem Dach wuchs im Sommer eine Blumenwiese. Er legte Wert darauf, dass es sich in die Landschaft einfügte. Es besaß einen natürlichen Charme, dem sie sich nicht entziehen konnte. Sie stieg aus dem Wagen und lief zur Haustür, vor der sich ein aus Steinen gelegtes Pentagramm befand, zum Schutz vor Dämonen. Zu beiden Seiten der Tür hatte der Alte mit Kreide Schutzrunen auf das Holz gemalt. Sie klopfte an und wartete.
    Es dauerte eine Weile, bis schlurfende Schritte erklangen. Amber war heilfroh, dass Cecilia ihr nicht öffnete. Hermit streckte den Kopf zur Tür hinaus, stutzte und lächelte sie an.
    „Hallo, Hermit, störe ich? Ich wollte nur mal kurz bei dir vorbeischauen.“
    „Hallo, Amber. Passt schon. Komm rein. Freue mich immer über deinen Besuch.“
    Er zog die Tür weit auf, damit sie eintreten konnte. Es roch im Flur angenehm nach frischem Bohnerwachs und Lavendel. Hermit schnaufte bei jedem Schritt, als er vor ihr den Flur entlanghumpelte.
    „Diese verdammte Gicht. Jedes Frühjahr das Gleiche.“ Im Wohnzimmer bat er sie, auf dem verschlissenen Sofa Platz zu nehmen. „Möchtest du auch eine Tasse von meinem selbst gemachten Kräutertee?“ Amber nickte. Er wäre beleidigt, wenn sie ablehnte. „Wie geht es Kevin?“
    Mom hatte ihn also schon informiert. „Unverändert. Er ist noch immer nicht aufgewacht.“
    Hermit humpelte zur Vitrine hinüber und holte eine zweite Tasse, die er neben seine auf den Couchtisch stellte. Seine Hände zitterten, als er Amber eingoss. Sie bemerkte die dicken, roten Knoten an seinen Fingern. Amber wusste nicht, wie sie anfangen sollte, von ihren Sorgen zu erzählen und hielt ihre Nase über den dampfenden, bitter riechenden Tee.
    „Was ist denn da drin?“
    „Arnika, Beinwell, Ackerschachtelhalm ...“
    „Hm. Ja, ich glaube, ich rieche da was raus.“
    „Aber du bist doch nicht hergekommen, um mit mir über die Zutaten für meinen Tee zu plaudern, oder? Du siehst ziemlich durch den Wind aus.“ Hermit lächelte sie über den Rand seiner Tasse hinweg an.
    „Bin ich auch. Ich mache mir Sorgen um Kevin. Mir ist zu Hause die Decke

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