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Mond der verlorenen Seelen

Mond der verlorenen Seelen

Titel: Mond der verlorenen Seelen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elke Meyer
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auf den Kopf gefallen. Ich konnte diese Warterei nicht mehr ertragen und musste einfach raus.“
    „Das kann ich verstehen. Aber Kevin ist ein zäher Bursche. Das wird schon.“
    Amber nickte. Seine aufmunternden Worte taten ihr gut. Die Zuversicht, die daraus sprach, gab ihr neue Hoffnung. „Aber das ist noch nicht alles, warum ich hier hin. Aidan ist fort.“ Als sie seinen Namen aussprach, schossen ihr sofort wieder die Tränen in die Augen.
    „Was heißt fort?“ Hermit setzte seine Tasse so schwungvoll auf dem Tisch ab, dass der Tee über den Rand schwappte.
    „Er hat mich verlassen. Will in die Schattenwelt.“ Sie presste ihre Hand gegen den Mund, um nicht aufzuschreien.
    Hermit atmete geräuschvoll aus. „Beltane“, murmelte er mehr zu sich selbst. „Was ist geschehen?“
    Da brach alles aus Amber heraus. Sie ließ kein Detail aus und erwähnte auch, dass sie nicht Finlay Sterns Tochter war. Hermit hörte ihr aufmerksam zu und unterbrach sie nicht.
    „Verstehst du, ich musste mit irgendjemandem reden. Sonst werde ich noch verrückt. Du bist der Einzige, dem ich mich anvertrauen kann. Tante Georgia würde der Schlag treffen, wenn sie erfahren würde, dass Aidan ein Vampir ist.“
    Hermit hielt ihr ein Paket Taschentücher hin. „Passt schon. Und du bist sicher, dass Aidan Beth umgebracht und deinen Bruder schwer verletzt hat?“
    „Ich habe es in Beths Erinnerungen gesehen. Wie Aidan sie getötet hat. Und dann hat er sich auf Kevin gestürzt. Mein Gott, ich darf gar nicht dran denken, wenn er keine Schutzrune bei sich getragen hätte! Und ich bin schuld. Weil ich nicht mit ihm gegangen bin.“ Amber stützte den Kopf in die Hände. Sie fühlte sich so elend wie damals, als Dad gestorben war.
    Hermit legte ihr seine Hand auf den Arm. „Dich trifft keine Schuld. Das Schicksal hat bestimmt. Ich möchte dir nicht deine Fähigkeiten absprechen, sie sind erstaunlich gereift. Dennoch ist es möglich, dass du dich irrst.“
    Amber schüttelte den Kopf. Sie irrte sich nicht, auch wenn sie viel zu gern selbst daran geglaubt hätte. „Ich geb ja zu, es ist möglich, dass er sich aus irgendwelchen Gründen nicht erinnern kann. Aber ich weiß, was ich gesehen habe. Vielleicht geschah es im Blutrausch und er konnte sich deshalb nicht daran erinnern? Nein, Hermit, ich fühle, er hat es getan. Das Schlimme ist nur, dass ich ihn trotz allem liebe.“
    Sie knetete das Taschentuch zwischen ihren feuchten Händen.
    Hermit rührte in seiner Tasse. „Man kann Gefühle nicht einfach abstellen. Aber du wirst irgendwann drüber hinwegkommen. Wenn Aidan wirklich in die Schattenwelt geht, wird der mentale Kontakt zu dir abbrechen. Dann fällt es dir leichter, ihn zu vergessen.“
    Aber sie konnte ihn nicht vergessen. Niemals! Ihr Herz krampfte sich bei diesem Gedanken zusammen. Der Ausdruck in Aidans Augen, bevor er sie verließ, hatte sich ihr eingebrannt. „Ich werde ihn nie vergessen, egal wo ich mich befinde.“
    Hermit tätschelte ihre eiskalte Hand. Das Feuer im Kamin knisterte und verbreitete eine anheimelnde Atmosphäre, dass es Amber vorkam, sie befände sich nur in einem Albtraum, aus dem sie gleich erwachte. Wenn es da nicht diesen Schmerz gäbe. Sie schwamm in einem Meer der Hoffnungslosigkeit, in dem sie ertrinken würde.
    „Willst du etwa von hier fort?“, hörte sie Hermit leise fragen.
    „Ja, hier erinnert mich alles an Aidan. An Dads Tod und all die schrecklichen Dinge, die geschehen sind. Wenn für mich eine Chance existiert, zu vergessen, dann nur, wenn ich weit, weit weggehe und nie mehr hierher zurückkehre.“
    Am liebsten hätte sie sofort ihre Koffer gepackt, aber dann dachte sie an die Dämonen und an Kevin, mit dem sie tiefe Zuneigung verband. Gleich verwarf sie den Gedanken. Sie war es ihm schuldig, ihn zu beschützen. Und Mom, auch wenn sie ihr den Vater verschwiegen hatte.
    „Du wirst die Erinnerungen immer in deinem Herzen tragen, egal ob du in Timbuktu oder in der Arktis bist.“
    Aber sie vertraute darauf, dass eine neue Umgebung sie ablenken und die Dämonen fernhalten würden.
    „Was willst du zuerst tun?“
    „Nach London zurückgehen, einen Job finden, Abstand gewinnen und nach meinem richtigen Vater suchen. Ich muss wissen, wer und wie er ist.“
    „Du könntest bitter enttäuscht werden. Vielleicht will er nichts mit dir zu tun haben. Überleg dir das.“ Er drückte liebevoll ihre Hand.
    „Das nehme ich in Kauf. Aber ich mag nicht damit leben, nie die Chance genutzt zu haben,

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