Mond-Elfe
deines Aussehens, aber glaube mir, du bist jetzt atemberaubend. Ich gebe dir mein Wort: Wenn die anderen dich sehen, werden sie hingerissen sein. Sie werden dich nicht verspotten. Du bist für heute die Königin. Mach das Beste daraus!«
»Der einzige, den ich beeindrucken möchte, ist Dolph«, erwiderte Electra bedauernd. »Und der…« Sie zuckte die Achseln.
»Dieses Mal werden ihm die Augen aus dem Kopf fallen!« meinte Nada. Bei dieser Vorstellung mußten sie beide lachen.
Es wurde Zeit. »Oh, Nada, ich glaube, mir werden die Knie weich!« rief Electra.
»Und du hast Schmetterlinge im Bauch«, ergänzte Nada.
»Woher weißt du das?«
»Mach den Mund auf und steh still«, kommandierte Nada.
Überrascht tat Electra wie geheißen. Nada klopfte ihr auf den Rücken. Die Schmetterlinge flogen aus ihrem Mund heraus und flatterten im Zimmer umher. Sie waren natürlich von strahlendem Gelb.
Nada öffnete ein Fenster und die Schmetterlinge flogen hinaus. »Jetzt fühlst du dich besser«, stellte sie fest.
Electra nickte. Sie hatte recht.
»Nun mußt du hinausgehen und es hinter dich bringen. Mein Bruder wird dich das Seitenschiff hinunterführen. Geh einfach dorthin, wohin man dich führt, und wenn man dich etwas fragt, dann sag ›ich will‹. Und dann küsse Dolph. Danach mußt du nur noch auf die Leute hören, die ihm gratulieren, dich geheiratet zu haben.«
»Ja, es ist ein richtiges Opfer für ihn.«
»Hör jetzt endlich damit auf!« Nada öffnete die Tür und schob sie hinaus.
Electra sah sich plötzlich einer Zuschauermenge gegenüber. Alle waren da: König Dor, Königin Irene, Dolphs Großvater Bink mit seiner Frau, Chamäleon in zarter Kleidung, König Emeritus Trent mit Königin Emerit Iris, Magier Murphy mit Zauberin Vadne; Grey Murphy mit Ivy; der Zombiemeister mit Millie, dem (ehemaligen) Gespenst, und ihren erwachsenen Kindern Hiatus und Lacuna; Cheiron, Chex und Che Zentaur, und bei Che waren Gwenny Kobold und Jenny Elfe und ihr Kater Sammy, die alle vier Brillen trugen und über diesen Scherz sehr belustigt zu sein schienen; Godiva Kobold mit Gloha neben ihr; Grundy Golem und Rapunzel; Mark Knochen, das wandelnde Gerippe, und Grazi Knochen, seine Freundin mit den hübschen Knochen; selbst Drago Drache rauchte still in einer Ecke vor sich hin, hielt aber sein Feuer gedämpft, weil er ebenfalls ein Freund von Dolph war; und zahllose andere Leute, die Electra in den vergangenen sechs Jahren kennengelernt hatte. Alle waren da und schauten sie an.
Electra spürte, wie sie schwankte. Sie wußte, daß sie kurz davor war, in Ohnmacht zu fallen.
Dann ergriff eine starke Hand ihren Ellbogen. »Nein, das tust du nicht, zauberhafte Braut!«
Es war Nadas schöner Bruder, Naldo Naga, in vollkommen menschlicher Gestalt. Derjenige, der den Weg aus ihrer Sackgasse herausgefunden hatte. Sie war sich nicht sicher, ob sie ihn dafür segnen oder verfluchen sollte, doch seine Anwesenheit war beruhigend. Er wußte bestimmt, was er tat.
»Warum starren sie mich so an?« fragte Electra kaum hörbar.
»Weil sie nicht glauben können, daß du das bist«, erklärte Naldo mit gedämpfter Stimme. »Du hast dich sehr verändert, Electra.«
»Nein«, widersprach sie zweifelnd. Aber irgendwie fühlte sie sich schöner als je zuvor, außer vielleicht in dem einen Augenblick vor Godivas Spiegel, als sie das Kleid zum ersten Mal anprobiert hatte. Sie wußte, daß es eine Illusion gewesen war, aber eine wunderschöne. Sie war froh über den Schleier, der wenigstens ihre Sommersprossen verbarg.
Dann sah sie zwei prächtige Schwäne in einem Meer roter, grüner und blauer Glockenblumen stehen. Die Schwäne begannen zu singen, und die Blumen ließen ihre farbenfrohen Glocken zur Begleitung erklingen. Electra wurde klar, wieviel Sorgfalt Königin Irene auf dieses Arrangement verwendet haben mußte, damit es so fein abgestimmte Töne hervorbringen konnte. Sie spielten den Hochzeitsmarsch.
Es war die schönste Melodie, die Electra sich vorstellen konnte, obwohl sie sie doch nur verhöhnte.
In der Tat war die ganze kunstvolle Zeremonie ein einziger Hohn, weil jedem klar war, daß die Ehe nur einen Tag währen würde. Obgleich Electra das wußte, hatte sie nur die Möglichkeit, sich zu freuen. Wenn sie dies versäumte, würde sie in den verbleibenden Tagen ihres Lebens nicht einmal mehr eine schöne Erinnerung haben. Also gab sie sich einen Ruck, blickte geradeaus und ließ sich von Naldo den Gang hinuntergeleiten, während die
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