Mond-Elfe
wundervolle Musik weiterspielte.
Ein ehrfurchtsvolles Gemurmel erhob sich, als sie an dem mannigfaltigen Publikum vorüberschritt. Die Leute bewunderten offensichtlich das Kleid. Electra war wirklich dankbar, daß Godiva es für sie gemacht hatte, weil sie andernfalls zu beschämt gewesen wäre, hier überhaupt zu erscheinen. Sie hatte keine Ahnung gehabt, daß es so ein großes Ereignis werden würde!
Dann erblickte sie Prinz Dolph, der am Ende des Gangs am Rande des Pavillons stand. Er trug einen Anzug, und sein Haar war gekämmt. Beides Dinge, die ihm, wie sie wußte, Unbehagen bereiteten. Er war größer als vorher. Als sie sich das erste Mal getroffen hatten, waren sie gleich groß gewesen, obwohl sie zwei Jahre älter war als er. Aber inzwischen war er gewachsen und war nun größer als sie. Obendrein sah er auch ziemlich gut aus. Er schaute sie an, blieb aber absolut bewegungslos stehen, so als sei er in Trance. Ihr Herz schlug ihm entgegen. Sie wußte, daß er sie nicht heiraten wollte, nicht einmal für einen Tag, und es tat ihr leid, daß er ihretwegen das alles erdulden mußte. Aber so mußte es nun einmal sein. Jenseits des Ganges befand sich ein großer Hypnokürbis, der so verankert war, daß sein Guckloch zur anderen Seite wies. Vor ihm stand etwas, das so aussah, wie ein großes, hölzernes Pferd.
Das war das xanthische Sinnbild für den Nachthengst, wurde ihr bewußt – der Herrscher im Reich der Alpträume! Sie war ihm schon früher einmal flüchtig begegnet, als sie das erste Mal aus ihrem langen Schlaf erwacht war, nachdem sie der Prinz geküßt hatte. Der Hengst hatte sie furchtbar erschreckt. Aber nun befand sie sich außerhalb des Kürbisses, wo das Pferd der ›Anderen Farbe‹ keine Macht hatte, und sie war eher neugierig als verängstigt. Was hatte er hier zu suchen?
Aber ein paar weitere Überlegungen gaben ihr die Antwort. Prinz Dolph hatte eine besondere Beziehung zu dem Kürbis. Er konnte sich dort hineinbegeben, wann immer er wollte, und wurde gut behandelt, weil der Nachthengst ihn gern hatte. Natürlich war der Hengst zu Dolphs Hochzeit erschienen. Er war Dolphs Trauzeuge.
König Nabob Naga, Nadas Vater, war hier, um die Zeremonie zu vollziehen. Natürlich hatte auch er ein Interesse!
Naldo setzte sie auf den Platz neben Dolph, dem König gegenüber, und wandte sich ab. Dolph jedoch blieb wie erstarrt. Es war, als sei er in Stein verwandelt worden, was allerdings unmöglich war, da die Gorgonenzauberin, Humfreys Frau, sich nicht länger in Xanth befand und niemand mehr versteinert wurde.
Dreh ihn um .
Das war der Hengst. Electra hatte angenommen, daß er im Kürbis normal sprechen konnte, wenn er wollte, aber diese Stimme kam nicht aus dem Kürbis, sie war eher atmosphärisch – wie eine Traumstimme. Aber das machte nichts, solange man ihn hören konnte.
Electra legte die Hände vorsichtig auf Dolphs Schultern und drehte ihn sanft zu König Nabob herum. Sie hatte gedacht, daß sie diejenige wäre, die bei dieser Zeremonie durcheinander sein würde, aber nun sah sie, daß Dolph noch schlechter dran war als sie. Sie mußte ihm helfen, das ganze durchzustehen. Sie freute sich, das für ihn tun zu können. Wie gern würde sie ihm auch bis ans Ende seines Lebens treu zur Seite stehen, wenn er es nur wollte.
König Nabob sagte etwas. Electra versuchte, ihm aufmerksam zuzuhören, doch sie war zu sehr um Dolph besorgt, der in dem ganzen Trubel wie ein lebender Leichnam wirkte. Er mußte völlig verstört sein! Sie nahm seine Hand und drückte sie beruhigend. Es war ja bald vorüber.
Auf einmal wurde sie in die Wirklichkeit zurückgestoßen. König Nabob hatte sie etwas gefragt. Sie wußte, was sie jetzt zu tun hatte. »Ich will«, antwortete sie.
»… erkläre ich euch zu Mann und Frau. Und jetzt dürft Ihr die Braut küssen.«
Dolph verharrte in seinem tranceähnlichen Zustand. Also mußte Electra ihren Schleier heben und ihm einen Kuß geben. Jetzt endlich begann er sich allmählich zu erholen. Er nahm sie in die Arme und erwiderte ihren Kuß. Sie war erleichtert, denn inzwischen hatte sie sich wirklich Sorgen um ihn gemacht.
Kurz darauf gaben sie einen Empfang, und die Gäste defilierten an ihnen vorüber, um Dolph zu gratulieren. Electra fand das eigentlich abstoßend, aber sie verstand nur zu gut, daß dies zu dem Schauspiel gehörte, wie die ganze Mühe, mit der dem Mann suggeriert werden sollte, daß es wunderbar sei, von einer Frau eingefangen worden zu sein.
Es gab
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