Mondberge - Ein Afrika-Thriller
leer.
»Tom, die Geister der Mondberge lenken uns. Seit dem ersten Schritt, den wir in ihre Berge gesetzt haben. Wir alle werden geprüft, jeden Tag aufs Neue. Wir wissen nicht wofür. Aber ich vertraue den Geistern. Am Ende werden wir belohnt werden.«
Andrea übernahm nun für Tom das Sprechen: »Also bist du nur zurückgekehrt, weil du dir selbst etwas davon versprichst?«, fragte sie Peter wütend.
»Nein, ich bin zurückgekehrt, weil ich nicht wusste, dass es Tote geben würde. Ich bin zu euch zurückgekommen, weil ich euch nicht allein lassen wollte. Mir ist klar geworden, dass ich meinem Sohn nie wieder in die Augen schauen könnte, ohne daran zu denken, welchen Preis ihr für seine Ausbildung zahlen musstet. Darum bin ich umgekehrt.«
Die beiden Männer fixierten sich eine Weile, ohne ein Wort zu sprechen. Dann nickte Tom. Andrea blickte zwischen den beiden hin und her.
»Okay«, sagte sie schließlich hart. »Dann lasst uns jetzt diesen Gletscher hinter uns bringen, damit du deinem Sohn bald wieder mit gutem Gewissen gegenübertreten kannst.« Sie wandte sich um und setzte ihren Weg fort. Peter griff Tom unter die Arme, der sich nur ein paar Schritte bewegen konnte, bevor er wieder in den Schnee sank. Andrea war sofort bei ihm, zog ihn gemeinsam mit Peter hoch.
»Ihr müsst miteinander reden«, flehte Tom unter größten Mühen.
Andrea starrte ihn an.
Schweiß rann ihm jetzt die Schläfen herab. Er war weiß wie der ihn umgebende Schnee. Seine Hände zitterten. »Sprich mit deinem Bruder!« Er sackte erneut in die Knie.
Peter sah Andrea skeptisch an. »Was soll das heißen?«, fragte er.
Bevor Andrea etwas antworten konnte, wirbelte er plötzlich herum und lauschte. »Sie kommen«, rief er leise aus. »Wir müssen sofort weiter.«
Sie begannen, die rutschige Fläche hinaufzuhasten, so gut es noch ging. Peter schleppte Tom Meter für Meter hinter sich her. Schon nach zwanzig Schritten hatte Tom das Gefühl, seine Lunge würde zerplatzen. Aber er musste sich zwingen. Er durfte den anderen nicht noch mehr zur Last werden. Andrea griff nach seiner Hand.
»Tom! Schneller!«, rief sie ihm zu. Sie erreichten Hans und Imarika, die stehen geblieben waren und sie fragend ansahen.
»Lauft!«, rief Peter ihnen zu. »Wir nehmen den Weg quer über den Gletscher!« Mit dieser Anweisung wich er von der bisherigen Route, die steil bergauf führte, ab. »Vielleicht können wir uns da irgendwo verstecken. Das ist unsere einzige Chance!«
Die Stimmen hinter ihnen wurden lauter. Plötzlich hallte ein Schuss über den Berg. Eine Kugel zischte an Tom vorbei und bohrte sich ein paar Meter vor ihm in den Schnee, der zu allen Seiten wegspritzte. Peter packte Tom fester am Arm, zog ihn noch energischer hinter sich her. Der pulvrige Schnee wurde immer tiefer, bald war es nicht mehr möglich, zu laufen. Bis an die Waden reichte er, kurz darauf schon bis zu den Knien. Jeder Schritt wurde zu einer Qual. Tom stürzte, rutschte, röchelte. Er bekam keine Luft mehr. Seine Beine gaben immer wieder nach. Hinter ihm sackte auch Hans in den Schnee. Peter blieb stehen.
»Steh auf« wies er Tom an. »Du kannst hier nicht liegen bleiben.«
»Lasst mich hier«, japste Tom.
Andrea war ebenfalls stehen geblieben. Sie kam zurück.
»Wir müssen sie irgendwie aufhalten«, sagte sie zu Peter. Der wandte sich suchend um. Dann schien er eine Idee zu haben.
»Wir klettern die Schneewehe dort vorne hoch.« Er packte Tom und hievte ihn sich auf die Schultern.
»Der Schnee ist zu locker«, rief Andrea. »Wenn wir nicht aufpassen, treten wir eine Lawine los.«
»Genau das ist der Plan. Los jetzt!«
Auch Hans kam wieder auf die Beine, doch er schien große Probleme zu haben, das Gleichgewicht zu halten. Imarika stützte ihn. Peter, Tom und Andrea kletterten die steile Stelle mitten auf dem Gletscher hoch. Die anderen beiden folgten ihnen mit langsam wachsendem Abstand. Andrea erreichte den höchsten Punkt als Erste. Peter war mit Tom im Schlepptau etwas langsamer. Sie rutschten immer wieder weg, erklommen dann jedoch die Steigung und traten dabei auf ein locker sitzendes Schneebrett, das sofort ins Rutschen geriet. Erst war es nur eine kleine Stelle, dann ein paar Quadratmeter. Peter griff im letzten Moment nach einer Felskante zu Andreas Füßen. Der Gletscher schien sich zu bewegen. Tom spürte den Halt unter seinen Füßen schwinden. Aber Peter umklammerte seine Hand eisern. Er zog ihn zu sich heran, bis er ihn in Sicherheit gebracht
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