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Mondberge - Ein Afrika-Thriller

Mondberge - Ein Afrika-Thriller

Titel: Mondberge - Ein Afrika-Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan Martin Meyer , Andreas Klotz
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hatte. Tom blickte den Schneemassen nach, die sich von ihm weg bewegten. Innerhalb von Sekunden waren Hans und Imarika aus seinem Blickfeld verschwunden. Die Lawine riss sie gnadenlos mit sich in den Abgrund. Ein dumpfes Grollen erfüllte die Luft, wurde von nahen Felsen zurückgeworfen und tauchte die Welt in eine schauerliche Geräuschkulisse. Weiter unten gellten Schreie. Die Lawine stürzte ins Tal, riss dabei alles mit sich, was nicht seit Ewigkeiten fest mit dem Berg verwurzelt war.
    Die drei Zurückgebliebenen starrten entsetzt in den Schnee. Der Wind heulte und pfiff an ihnen vorbei. Keiner sprach ein Wort, bis das Grollen weit unter ihnen verstummte. Tom spürte nichts mehr. Die Welt um ihn herum verschwamm vollends.
    »Jens«, murmelte er leise. Dann wurde alles schwarz, und er verlor das Bewusstsein.
    Der gnadenlose Sturm erreichte seinen Höhepunkt.

39
    Ruwenzori, 18. Juni
    Ihre Suche dauerte nun schon zwei Tage, und doch schien es Hitimana, als hätte sie gerade erst begonnen. Paul war unfassbar wütend geworden, als er die Flucht der Europäer entdeckt hatte. Und er machte die Schuldigen sofort aus: Hitimana, Mugiraneza und Ndabarinzi. Er beorderte die drei Jungen zu sich, beschimpfte sie wüst. Er zog seine Pistole und lud sie durch. Hitimana schloss die Augen. Dann trat Innocent dazwischen und verhinderte in letzter Sekunde eine Strafaktion.
    Die Erschießung war ausgesetzt, doch Paul konnte seine Drohungen jederzeit wahr machen. Ihm standen in seinen Stützpunkten genügend Kindersoldaten zur Verfügung; auf einen mehr oder weniger kam es nicht an. Mit den erwachsenen Soldaten ging Paul sorgsamer um, denn er brauchte erfahrene Männer, auf die er sich verlassen konnte. Die Kinder waren für ihn lediglich Mittel zum Zweck. Einzeln wertlos, nur in der Masse von Bedeutung.
    Einmal hatten sie die Weißen beinahe erwischt. Sie kamen ihnen so nah, dass Hitimana ihren Angstschweiß riechen konnte. Aber dann verloren sich ihre Spuren plötzlich wieder, und Paul tobte vor Wut, schrie seine Leute an und gab ihnen die Schuld daran, dass sie einer List aufgesessen waren.
    Wann immer Hitimana seine Augen schloss, sah er wieder die kalte Wut in Pauls Augen, hörte, wie er seine Waffe entsicherte und spürte einen eisigen Windhauch, der über seine Schultern zu wehen schien.
    Bald schon konnten sie die Spur der Entflohenen wieder aufnehmen. Diese Ausländer hatten nicht den leisesten Schimmer, wie man sich lautlos und ohne Spuren zu hinterlassen, durch den Wald und das Gebirge bewegte. Nun gingen sie schon seit Stunden immer weiter bergauf.
    Vor ihnen lag ein Berg, dessen Gipfel sie nicht erkennen konnten, da dichte Wolken die Sicht versperrten. Der Schnee unter ihren Füßen wurde immer fester, der anfängliche leichte Regen ging in ein Schneegestöber über, das Hitimana so noch nicht erlebt hatte. Er war sich sicher, dass die Berggeister begannen, Einfluss zu nehmen. Sie wollten ihren Aufstieg verhindern. Um jeden Preis.
    Er war froh, dass sein Freund Mugiraneza ebenfalls in der Gruppe war, die nun die Weißen verfolgte. So fühlte er sich nicht ganz allein. Dennoch überkam ihn bei jeder Rast, die sie machten, Heimweh. Er wollte sein Dorf wiedersehen. Er wollte den Blick über die sanften Hügel streifen lassen, den Duft des frischen Kassava seiner Mutter aufnehmen und seinem kleinen Bruder über den Kopf streicheln, wenn er mal wieder etwas ausgefressen hatte und dafür ausgeschimpft worden war. Mugiraneza erinnerte ihn an seinen Bruder. Er war genauso ungeduldig und ungestüm.
    Der Junge ging mit müden Schritten vor ihm. Er war völlig erschöpft. Gerne hätte Hitimana ihm etwas von dem Gepäck abgenommen, aber er trug selber schon fast mehr als er konnte. Plötzlich rutschte der Kleinere vor ihm weg, seine Beine versagten und er schlitterte ein paar Meter den Berg hinab, wobei er Hitimana beinahe mitgerissen hätte. Mit rot unterlaufenen Augen sah er Hitimana an, als dieser ihm aufhalf. Sofort war Innocent bei ihnen, riss Mugiraneza auf die Beine und brüllte ihn an.
    »Willst du etwa schlappmachen, du Weichling?«
    »Nein ...«, stotterte der Kleine.
    »Dann lieg hier nicht in der Gegend herum. Wenn Paul das sieht, bist du der Erste, der hierbleibt. Und ich kann dir garantieren, dass er keine Überlebenden zurücklässt.«
    Innocent stieß Mugiraneza von sich, der sofort weiterging. Dann verschwand Innocent wieder aus Hitimanas Blickfeld. Er eilte seinem Freund nach.
    »Ist alles in Ordnung mit dir?«,

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