Mondberge - Ein Afrika-Thriller
fuhr er seinen Computer hoch, hatte aber noch kaum seine Mails durchgesehen, als schon das Telefon klingelte. Der leitende Ermittlungsbeamte rief an und bat ihn, nach Potsdam rauszukommen. Er müsse sich etwas ansehen.
Das Haus von Meyer lag auf einer Halbinsel im Templiner See, umgeben von einem parkähnlichen Gelände. Vor dem Haus stand außer den Fahrzeugen der Polizei auch ein schwarzer Jaguar, an den sich der Generalbundesanwalt eine Zigarette rauchend lehnte.
»Gute Arbeit, Wiese«, sagte er in erstaunlich ruhigem Ton. »Die Verbindung haben Sie schnell herausbekommen.«
»So richtig verstehe ich das allerdings noch nicht«, entgegnete Wiese. »Sie sind offenbar miteinander befreundet. Ist Ihre Tochter mit Hans Meyer zusammen nach Uganda gefahren?«
»Sie täuschen sich in einem Punkt: Ich bin mit Hans nicht befreundet. Nicht mehr. Wir waren ein perfektes Team, doch dann haben sich unsere Wege getrennt.«
»Wann war das?«
»Das ist lange her. Irgendwann in den Siebzigern ...« Er warf seine ausgerauchte Zigarette auf den Boden und trat sie mit dem blank polierten Schuh aus. »Und warum er nun in der gleichen Reisegruppe wie meine Tochter ist – das entzieht sich meiner Kenntnis.« Er lächelte gequält. »Gehen wir rein?« Er machte zwei Schritte auf die Tür zu, vor der ein uniformierter Polizist stand.
»Ich gehe da jetzt rein, das ist richtig.« Wiese betrachtete den Mann aufmerksam und beharrlich. »Aber ich kann Sie nicht mitnehmen.«
Der Freiherr sah Wiese kurz an, dann sagte er: »Ach, stellen Sie sich doch nicht so an. Ich habe gedacht, Sie gehören zu denjenigen, die auch mit ungewöhnlichen Methoden arbeiten, um das richtige Ziel zu erreichen.«
»Ja, ich arbeite vielleicht nicht immer mit den gängigen Methoden, doch eines weiß ich genau: Sie sind in diesem Fall befangen und täten gut daran, sich aus den Untersuchungen so weit wie möglich rauszuhalten.«
»Ist das ihr letztes Wort?«
Die beiden Männer fixierten sich, bis von Schellenburg nickte. »Ich gebe zu bedenken, dass Sie die Konsequenzen Ihrer Handlungen stets im Kopf haben sollten. Und ich glaube, dass Sie sich des schmalen Grats, über den Sie wandeln, nicht bewusst sind.«
»Ich bin mir sehr wohl bewusst, dass Sie in Ihrer Funktion Einfluss auf meinen beruflichen Werdegang nehmen können – so ... oder so. Sie entschuldigen mich?«
Wiese wandte sich von dem Generalbundesanwalt ab und schritt auf die Haustür zu. Hinter sich hörte er den Freiherrn »Verdamm-te Scheiße« murmeln, dann trat er in die großzügige Diele des Hauses ein.
Nicht nur das Äußere, auch das Innere des Hauses zeugte von dem Reichtum, den Hans Meyer angehäuft hatte. Er wohnte hier laut der Meldebehörde allein, und die Fläche, die ihm zur Verfügung stand, wirkte völlig überdimensioniert. Der leitende Kriminalbeamte des BKA, der sich als Werner Breuer vorstellte, begrüßte Wiese in der Diele, führte ihn dann direkt in den Keller des Hauses, der eine interessante Überraschung bot: In einem Raum war eine Art Archiv angelegt, dessen Wände allesamt mit Fotografien bedeckt waren.
»Was sind das für Bilder?«, fragte Wiese den Kommissar, während er auf eine Wand zutrat.
»Das ist die Familie von Schellenburg«, antwortete der. »Hans Meyer hat die Familie aus irgendeinem Grund intensiv ausgekundschaftet. Nach bester Privatdetektiv-Manier.«
Wiese studierte die Bilder an der einen Wand. »Warum?«
»Das weiß ich noch nicht. Hier liegen unendlich viele Unterlagen, Fotos, Dokumente und sogar Videos. Wir müssen uns erst einmal einen Überblick darüber verschaffen. Die Sichtung des gesamten Materials kann Wochen dauern.«
»So viel Zeit haben wir nicht.« Wiese schritt langsam an den Fotos entlang. Tatsächlich waren auf den meisten der Generalbundesanwalt, seine Frau und ihre gemeinsame Tochter Andrea zu sehen. Anhand der Qualität der Bilder und der Kleidung, die von verschiedenen Modetrends zeugte, wurde ihm schnell klar, dass Meyer seit vielen Jahren an etwas arbeitete, an einem größeren durchgeplanten Projekt, für das sie den Grund finden mussten.
»Ziehen Sie mehr Leute dazu. Wir müssen so schnell wie möglich herausfinden, was Meyer hier getan und welches Ziel er verfolgt hat. Es würde mich eher wundern, wenn das hier nicht mit der Geiselnahme zu tun hätte. Schaffen Sie das bis heute Abend!«
Werner Breuer sah ihn skeptisch an, dann nickte er. »Okay, ich werde sehen, was ich machen kann.«
Wiese wollte sich gerade
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