Mondberge - Ein Afrika-Thriller
Deutschland nicht erpressen lässt. Wir werden kein Lösegeld zahlen. Ansonsten würden wir Geiselnehmern in aller Welt Tür und Tor öffnen.«
Wiese versuchte ein beschwichtigendes »Herr Minister ...«
»Das ist nun schon die dritte Entführung in diesem Jahr, wir können es uns nicht erlauben, dass es weitere Nachahmer gibt. Sobald die Presse davon Wind bekommt, wird sie sich auf die Geschichte stürzen wie ein Schwarm Geier.«
»Entschuldigen Sie, wenn ich ...«
»Und eine der ersten Fragen wird natürlich sein, ob wir Lösegeld bezahlen. Es darf nicht der Eindruck entstehen, die Bundesrepublik Deutschland sei erpressbar. Die Bundeskanzlerin ist international in wichtige Prozesse eingebunden. Sie wird es nicht gut heißen, wenn hier ein falsches Bild unseres Landes entsteht.«
»Er verlangt kein Geld.«
Einen Moment lang war es still am anderen Ende der Leitung.
»Äh ... was verlangt er denn?«
»Seine Freilassung.«
»Dann haben wir, wie soll ich sagen, das ist dann wohl eine neue Situation. Darauf können wir natürlich auch nicht eingehen, das ist ja klar. Machen Sie weiter. Ich verlasse mich voll und ganz auf Sie. Die Bundeskanzlerin und ich ... also kein Wort an die Medien. Verstehen Sie? Ich verlasse mich auf Sie.«
In der Leitung klickte es, das Gespräch war beendet. Wiese stöhnte. Auf einen hyperaktiven Außenminister konnte er jetzt ziemlich gut verzichten.
Etwas später saß er mit seiner Mitarbeiterin Anja Paffrath zusammen, um das weitere Vorgehen zu besprechen. Sie gingen noch einmal die entführten Personen durch, suchten nach einem Ansatzpunkt für Verhandlungen. Aber ihr größtes Problem war, dass sie bis zu diesem Zeitpunkt kein Lebenszeichen der Geiseln bekommen hatten. Die Kollegen, die nach Uganda unterwegs waren, konnten auch noch keine Informationen liefern, weil sie immer noch auf dem Weg waren.
Der Krisenstab traf sich am Mittag zur Lagebesprechung. Wieder waren alle hochkarätigen Köpfe dabei, einschließlich des stark mitgenommenen Generalbundesanwalts. Sein Anzug war zerknittert, und er hatte tiefe Ringe unter den Augen.
Die Kollegen sahen nicht weniger müde aus. Akten stapelten sich auf dem Tisch, Notizen lagen herum, leere Kaffeetassen zeugten von den Versuchen, aufmerksam zu bleiben. Ständig klingelte irgendwo ein Telefon, Computerbildschirme zeigten die aktuellen Nachrichten. Noch war die Presse ahnungslos.
Wiese trug seine spärlichen Erkenntnisse aus Hamburg vor und spielte eine Passage des Gesprächs mit Kayibanda, das er mit seinem Handy aufgenommen hatte, ab: »Meine Generäle haben das Täubchen unter ihre Fittiche genommen und sorgen dafür, dass sie unversehrt nach Europa zurückkehrt, sobald ich afrikanischen Boden betrete.« Klaus Huber vom Auswärtigen Amt sank tiefer in seinen Stuhl. Beim Generalbundesanwalt machte sich ein nervöses Zittern bemerkbar.
Dann ergriff Huber das Wort: »Da wir mit Kayibanda offenbar keine zielführenden Verhandlungen führen können und der Kontakt zu den Geiselnehmern in Uganda noch nicht hergestellt ist, schlage ich vor, unverzüglich mit der ugandischen Regierung über einen Einsatz der GSG 9 zu ver ...« Mit einer schnellen Augenbewegung erfasste er die Anwesenheit des Botschafters Okot Kiguli, »... zu sprechen.«
»Der Einsatz der Bundespolizei untersteht dem Bundesministerium des Inneren ...«, wandte Wiese ein, ebenfalls mit einem Blick auf den ugandischen Botschafter.
»Mit den Kollegen habe ich bereits gesprochen. Die Spezialeinheit ist jederzeit für den Einsatz bereit«, unterbrach ihn Huber.
»Okay« Wiese wandte sich direkt an den Ugander: »Was bräuchte Ihre Regierung, um einer Kooperation zuzustimmen?«
»Für meine Regierung als souveräne Führung unseres Landes ist es grundsätzlich nicht diskutabel, dass ausländische Polizeieinheiten auf unserem Territorium agieren. Wir haben unsere eigenen Kräfte dafür und setzen selbstverständlich alles daran, diese auch in Ihrem Sinne einzusetzen.«
»Dann werden wir auch ohne die Erlaubnis Ihrer Regierung eingreifen«, sagte nun Johannes Freiherr von Schellenburg entschlossen, der das Wohl seiner Tochter im Sinn hatte. Er wandte sich an Huber: »Wenn wir davon ausgehen, dass die Geiselnehmer von der kongolesischen Seite nach Uganda eingedrungen sind, dann werden sie auch in dieser Richtung wieder verschwunden sein. Sprechen Sie mit der Regierung der Demokratischen Republik Kongo. Man kennt mich dort. Erwirken Sie ein sofortiges Eingreifen von dieser
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