Mondberge - Ein Afrika-Thriller
ich recht habe ...«
In der Ferne war das charismatische Brusttrommeln der Gorillas zu hören. Riesige Schmetterlinge flatterten durch die Luft. Kein Wort fiel mehr, bis die beiden eine Stunde später an der Forschungsstation ankamen. Harald hatte sich beim Gehen allmählich wieder beruhigt. Als er vor einer der Hütten stand, straffte er den Rücken und wandte sich seinem Chef zu.
»Welchen Weg willst du einschlagen?«, fragte er in diplomatischem Tonfall.
»Ich werde den Kilembe-Trail nehmen. Den neuen Weg südlich des Central Circuit.« Nun sah Georg Harald gerade in die Augen. »Ich werde den Trail in umgekehrter Richtung laufen, dann kann ich unterwegs alle Guides und Träger, die mir entgegenkommen, nach Spuren ausfragen. An der alten Bigata-Hütte biege ich nach links in Richtung Bamwanjara-Pass ab. Es soll dort noch Wege geben, die kein Tourist geht. Von dort aus gehe ich zu den Kachope-Seen, den Kitandara-Seen, über den Scott-Elliot-Pass, den Bujuku runter bis zur Bigo-Hütte, den Bukurungu entlang, an den Portal Peaks vorbei nach Kakaka und dann nach Rwagimba. Von Kisomoro komme ich dann zurück. In vier Wochen müsste das zu schaffen sein.«
Harald blieb erschüttert stehen. »Du hast die gesamte Route schon im Kopf?« Seine Augen verengten sich zu schmalen Schlitzen. »Du hast das von langer Hand geplant?«
»Nein, da täuschst du dich. Die Idee ist mir erst vor ein paar Tagen gekommen. Letzte Woche.«
»Als dein Bruder hier war?«, erkundigte sich Harald. »Der ist doch jetzt im Ruwenzori ...«
»Welche Rolle spielt das?«
»Hat er etwas gesagt, was du vorher nicht wusstest?«
»Nein.«
»Ich glaube dir kein Wort.«
»Das ist dein Problem.«
Harald verschränkte die Arme vor der Brust. »Also ich fasse mal zusammen: Dein Bruder hat etwas gefunden, was darauf hindeutet, dass es dort Berggorillas gibt, und du hast ihn als Vorhut losgeschickt. Dann willst du selbst nachkommen und die Lorbeeren einkassieren.« Georg öffnete den Mund, doch Harald wischte seinen Einwand mit einer unwirschen Handbewegung fort. »Hat jemand die Tiere gesehen?«
»Was reimst du dir nur zusammen!« Georg öffnete die Tür der Station.
»Du hast am letzten Abend, als Hans hier war, mit ihm über Karten gesessen. Ich habe gedacht, es ginge um seine Wanderung.« Harald hielt den Älteren zurück. »In Wahrheit habt ihr die Route ausgeklügelt, nicht wahr?«
Georg drehte sich zu seinem Kollegen um, blickte auf dessen Hand, die seinen Unterarm festhielt und schob sie langsam von sich. »Ich habe zu diesem Zeitpunkt zum ersten Mal gedacht, dass es tatsächlich eine theoretische Chance gibt, dort Berggorillas zu finden. Danach ist die Idee gereift. Mit meinem Bruder hat das nichts zu tun.«
Harald zog die Stirn kraus. »Die Route ... Sie liegt zu weit oben.« Harald beobachtete Georgs Mimik, doch der wiegte nur sachte den Kopf hin und her. »Ab viertausend Metern aufwärts halten sich Berggorillas normalerweise nicht auf. Deine Route ist zu hoch. Du müsstest einen viel weiteren Bogen schlagen.«
»Dazu wird die Zeit nicht reichen. Dort gibt es keine Wege.«
»Doch, auf der anderen Seite ...«
»Ich werde nicht über die kongolesische Grenze gehen.«
»Die Tiere lassen sich von den Grenzen auch nicht aufhalten. Das hat übrigens schon Dian lernen müssen.«
»Und du musst lernen, dich von Dian Fosseys Ideen zu lösen. Sie ist seit über fünfundzwanzig Jahren tot. Es hat sich viel geändert.« Georg öffnete die Tür der Station vollends und trat ein. Harald folgte ihm.
»Warum wehrst du dich so sehr gegen den Gedanken, die Grenze zu überqueren?«
»Da drüben herrscht Bürgerkrieg.«
»Ich würde das Risiko eingehen.«
»Ich gehe allein. Ohne dich. Ende der Diskussion!«
»Du weißt mehr, als du sagst. Hans hat dir doch irgendwas gesteckt.« Harald hielt seinen Chef noch einmal fest. »Verdammt nochmal, was hast du herausbekommen?«
Georg versuchte, sich zu lösen, doch Harald ließ nicht locker.
»Ich habe dich mit Unterlagen gesehen ...« Er erntete einen erstaunten Blick. »Hans hat eine Mappe mit Dokumenten zurückgelassen. Was steht da drin?«
»Persönliche Dinge, nichts, was mit unserer Arbeit zu tun hat.«
Harald schaute seinen Vorgesetzten lange an. Dann schloss er kurz die Augen und atmete tief durch. »Damals, als Stefan verschwand ...«, setzte er an. »Er hat auch Unterlagen zurückgelassen.«
Georgs Augen verengten sich zu schmalen Schlitzen. Er hörte jetzt aufmerksam zu.
»Stefan hat
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