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Mondberge - Ein Afrika-Thriller

Mondberge - Ein Afrika-Thriller

Titel: Mondberge - Ein Afrika-Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan Martin Meyer , Andreas Klotz
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Sporttasche mit den Lauf- und Schwimmsachen, gab seiner Frau einen Kuss auf die Wange und verließ das Schlafzimmer.
    Um 04:22 Uhr saß er am Steuer seines Dienstwagens. Während er sich in den trägen Nachtverkehr einreihte, bearbeitete er seine Gesichtshaut mit dem Akkurasierer und studierte die wenigen Details, die ihm Anja Paffrath, seine Referentin und die heutige Beamtin vom Dienst, übermittelt hatte. Auf dem Smartphone, das in einer Halterung am Armaturenbrett klemmte, konnten die wenigen Zahlen im Listenlayout bequem angezeigt werden. Im Grunde genommen besagten sie allerdings nur, dass eine Gruppe deutscher Wanderer im Ruwenzori-Gebirge entführt worden war oder genauer: dass die deutsche Botschaft in Kampala dem Auswärtigen Amt dies mitgeteilt hatte.
    Um 04:41 Uhr stand Wiese vor der Sicherheitstür des Amts, wischte sich einen Fleck vom rechten Schuh und korrigierte mit einem Griff den Sitz seiner Krawatte. Dann zückte er die Magnetkarte und betrat das alte Gebäude. Drinnen wartete Anja Paffrath bereits auf ihn, die den Anruf aus Kampala entgegengenommen hatte.
    »Was machen wir nun mit der GSG 9?« fragte sie unvermittelt.
    »Die lassen wir schlafen. Was vermutlich für uns alle besser gewesen wäre. Bei der Faktenlage. Würde mich nicht wundern, wenn sich das wieder mal als typisch afrikanischer Fehlalarm entpuppt.«
    »Bei einem S8 nicht reagieren?«, fragte die Referentin irritiert.
    Wiese sah die knapp Dreißigjährige wohlwollend an. »Natürlich nicht.« In diesem Moment hätten die beiden gut als Vater und Tochter durchgehen können.
    »Aber wer hat den Fall überhaupt als S8 eingestuft?«
    »Das ist nicht ganz klar«, erwiderte die junge Frau.
    »Vielleicht weiß der Botschafter in Kampala mehr. Er wartet auf Ihren Rückruf.«
    »Wie spät ist es dort jetzt? Zehn vor sechs,« beantwortete er sich die Frage selbst. »Uganda ist uns eine Stunde voraus.« Das war schon fast der Beginn seines regulären Arbeitstages. »Okay, verbinden Sie mich bitte mit ihm.«
    Gemeinsam eilten Anja Paffrath und Sven Wiese zu ihren Büros im Keller des Gebäudes, dessen Spitzname »das Mutterschiff« ein von oben lancierter Euphemismus war, um seine nicht immer ruhmreiche Geschichte zu übertünchen – zumindest lauteten so die Gerüchte, die hartnäckig kursierten. Dicke Stahltüren zeugten von der früheren Funktion dieser Räume, in denen ab 1938 Wertpapiere der Reichsbank aufbewahrt worden waren, bevor das DDR-Finanzministerium, dann das Zentralkomitee der SED und schließlich die Volkskammer das Gebäude bezogen hatten. Eine Geschichte, die auf heutige Beamte nicht eben anheimelnd wirkte.
    Die Uhr zeigte 04:55, als Wiese seinen Schreibtisch in einem der ehemaligen Tresorräume erreichte, wo ihn seine Mitarbeiterin nach Kampala durchstellte. Vom Botschafter erfuhr er, dass die ugandischen Behörden noch nicht persönlich mit dem Touristenführer gesprochen hatten, der die Geiselnahme gemeldet hatte. Angeblich hielt sich der Mann hunderte Kilometer von der Hauptstadt entfernt mitten im unbewohnten Gebirge auf. Das ugandische Militär habe die Meldung etwa um 03:30 Uhr Ortszeit an die Behörden übermittelt. Wiese wollte das unergiebige Gespräch schon beenden, als ihm die unstimmige Formalie wieder einfiel.
    »Darf ich fragen, was Sie bei dieser Faktenlage zu einem S8 veranlasst?«, frage er den Botschafter. Einen kurzen Moment war es still im Hörer.
    »Diese Einschätzung kommt doch von Ihrer Seite«, rief der Botschafter verwundert. »Ich denke, dazu äußere ich mich lieber nicht.«
    Zehn Minuten später saß Wiese im großen Konferenzsaal, wo der Krisenstab eingerichtet wurde. Anja Paffrath hatte dem Fall bereits einen Namen gegeben: Mondberge. Für gewöhnlich war Wiese die Bezeichnung der Fälle völlig egal, solange man sie nur eindeutig zuordnen konnte. Bei diesem Namen blickte er jedoch erstaunt auf und sah seine Mitarbeiterin fragend an.
    »So wird der Ruwenzori genannt«, meinte sie.
    »Ich weiß,« sagte Wiese. »Aber woher wissen Sie das?«
    »Ich werde meine Hochzeitsreise nach Uganda machen«, sagte sie leise und lief dabei leicht rot an.
    »Sie haben mir gar nicht gesagt, dass Sie heiraten werden«, sagte Wiese erstaunt. »Haben Sie sich das gut überlegt?« Bevor sie reagieren konnte, wandte er sich den letzten Teilnehmern des Krisenstabs zu, die gerade den Konferenzraum betraten. Bis auf die Vertreter des Kanzleramts waren alle anwesend. Und bis auf die eigenen Leute vom Auswärtigen

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