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Mondberge - Ein Afrika-Thriller

Mondberge - Ein Afrika-Thriller

Titel: Mondberge - Ein Afrika-Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan Martin Meyer , Andreas Klotz
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zurückverfolgen sollte.
    »Oh, Herr Wiese, ich wende mich mit ein paar Bitten in eigener Sache an Sie. Ich glaube, Sie sind genau der Richtige dafür. Waren Sie jemals in Ruanda?«
    »Nein, aber ich vermute, das wissen Sie bereits.« Wiese hatte die unangenehme Ahnung, dass der Mann am anderen Ende der Leitung genau über ihn informiert war. Er blickte kurz auf das Display seines Telefons. Eine Handynummer. Saß der Mann nicht in Untersuchungshaft?
    »Da haben Sie vollkommen recht. Sie sollten einmal dorthin fahren. Die Sonnenuntergänge in Ruanda sind etwas Besonderes. Ostafrika ist die Wiege der Menschheit. Von dort kommen wir alle. Sie, ich, Ihre Frau und Ihre Kinder, wir alle haben unseren Ursprung dort, von wo aus die Quellen des Nils noch heute für überbordende Fruchtbarkeit im gesamten Nordosten Afrikas sorgen. Sie müssten nur ein einziges Mal die wunderschönen Virunga-Vulkane erklimmen und schon würden Sie mir zustimmen. Wissen Sie, von dort oben, von der Spitze des Karisimbi können Sie die traumhaften Hügel Ruandas im Osten sehen und brauchen sich nur einmal umzudrehen, um auch die weiten Landschaften Zaires im Westen zu sehen. Als ich zuletzt am Rand des Kraters stand, wissen Sie, was ich damals gesagt habe?«
    Wiese wechselte den Telefonhörer aus einer Hand in die andere. Er schwitzte leicht. »Nein, wie sollte ich das wissen? Aber hören Sie, wir ...« Er sah zu seinen Kollegen herüber, die ihn fragend anblickten. Er wandte sich ab.
    »Es war ein wunderschöner Tag im Dezember vor ein paar Jahren. Ich hatte den Berg allein bestiegen, weil ich einfach mal wieder die Ruhe spüren und die reine Luft atmen wollte.«
    »Herr ...« Wiese hörte hinter sich, wie die anderen das Gespräch wieder aufnahmen. »Ich ...«
    »Ich stand bei Sonnenaufgang am Kraterrand und war vollkommen ergriffen von der Welt um mich herum. Die Weite, die Freiheit, die Schönheit. Ich wünschte, jeder Mensch hätte einmal die Gelegenheit, diesen Moment zu erleben. Wollen Sie mir versprechen, dass Sie eines Tages dort oben stehen und an meine Worte denken werden?«
    »Herr Kayibanda, ich weiß nicht, wie ich Ihnen weiterhelfen kann. Wir haben hier ...« Er wurde allmählich ungeduldig. Er trat wieder an den großen Tisch zurück.
    »Versprechen Sie es mir nur einfach. Sie werden es nicht bereuen, denn das Erlebnis wird Ihnen ewig in Erinnerung bleiben.«
    »Ich habe zu tun …« Wieder wechselte der Hörer die Hand. Woher hatte der Mann überhaupt seine Durchwahl?
    »Herr Wiese, es ist doch ganz einfach: Versprechen Sie mir nur, dass Sie eines Tages auf den Karisimbi steigen werden. Mehr nicht.«
    »Ja, ich verspreche es Ihnen.« Resigniert setzte sich Wiese auf den Stuhl. Er sah seine Kollegin an, die neben ihm stand, und verdrehte die Augen.
    »Ich wusste doch, dass man mit Ihnen ein vernünftiges Gespräch führen kann.«
    »Herr Kayibanda – was wollen Sie?« Wiese klopfte mit den Fingerknöcheln nervös auf die Tischplatte.
    »Ich wollte nur dieses Versprechen von Ihnen hören. Und ich schließe aus Ihrer Reaktion, dass Sie noch nicht so weit gekommen sind, wie ich das von Ihnen gedacht hatte. Das ist sehr bedauerlich.«
    »Was meinen Sie damit?« Ein Schweißtropfen suchte sich den Weg an Wieses Wirbelsäule entlang.
    »Das werden Sie schon noch verstehen. Sprechen Sie mit Ihren Leuten und denken Sie dann später einfach mal an mich. Ich denke, ich kann Ihnen bei Ihren aktuellen Problemen weiterhelfen.«
    »Was soll das heißen?«
    »Ich werde Ihnen ein Angebot machen können. Aber das hat Zeit. Wissen Sie, hier in der Untersuchungshaft habe ich Zeit. Sehr viel Zeit.«
    »Wissen Sie irgendetwas über die Geiselnahme?« Er schnappte sich einen Notizblock und einen Stift.
    »Geiselnahme, so eine vorbelastete und wertende Formulierung ... Nein, so ein Wort würde ich niemals benutzen, um zu beschreiben, womit Sie sich beschäftigen. Ich würde es eher eine besondere Form der Gastfreundschaft und Aufmerksamkeit gegenüber Fremden nennen.«
    »Was haben Sie damit zu tun?« Wieses Stimme wurde schärfer. Kayibanda konnte sich sicher sein, seine ganze Aufmerksamkeit gewonnen zu haben.
    »Melden Sie sich bei mir, wenn Sie mehr wissen möchten.«
    Es klickte in der Leitung. Das Gespräch war beendet.
    Ratlos und wütend blickte Wiese vor sich auf den Tisch. Die Hand mit dem Kugelschreiber schwebte drohend über dem leeren Block. Jemand, der Insiderkenntnisse zur Geiselnahme hatte, hatte ihn angerufen, vielleicht war es sogar

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