Monde der Finsternis 03 - Mond der Ewigkeit
und fasste seine Hand, die so kalt war wie die eines Toten. Es kostete sie Mühe, ihm nicht zu zeigen, wie sehr sie das erschreckte. Wieder spitzte er die Lippen, aber heraus kam nur ein Röcheln.
„Hermit, was willst du mir sagen?“
Ein Stöhnen war die Antwort, bevor er wisperte: „Gefahr ... das ... Schattentor ... bald ...“
„Du meinst, jemand will es wieder öffnen?“
Er nickte, dann fielen ihm die Augen zu. Sie lagen tief in den Höhlen, und die Lider waren bläulich verfärbt. Amber lief es eiskalt den Rücken hinunter bei der Vorstellung, Revenant könnte zurückkehren.
„Wie kann das sein?“
„Jemand ... Ritual ... du musst ... verhindern ...“
„Wer ist es?“ Sie presste seine Hand und forschte in seiner Miene, die regungslos blieb. „Hermit, weißt du, wer das Schattentor öffnen will? Du musst es mir sagen.“ Nur wenn sie mehr darüber wusste, konnte sie vielleicht noch etwas abwenden.
„Nein ...nein “
Amber spürte Hermits wachsende Erregung und sorgte sich um ihn. „Schon gut, Hermit. Nicht aufregen“, beruhigte sie ihn, aber ein Zittern durchlief seinen Körper. Sie summte ein Lied, um ihn zu beruhigen. Es zeigte tatsächlich Wirkung, denn Hermits Atemzüge wurden gleichmäßiger.
Als die Ambulanzsirene erklang, atmete sie auf.
Sie entspannte erst ein wenig, als sich der Alte eine halbe Stunde später im Notarztwagen auf dem Weg zum Krankenhaus befand. Am liebsten wäre sie mitgefahren, aber weil sie nicht mit ihm verwandt war, lehnte der Notarzt ihre Begleitung ab. Doch er gestand ihr zu, sich jederzeit telefonisch nach Hermits Befinden erkundigen zu dürfen.
Eine Stunde später legte Amber den Hörer auf. Der alte Druide hatte einen Herzinfarkt. Nach den Angaben des Notarztes musste er bereits seit längerer Zeit Probleme mit dem Herz haben. Wenn sie doch nur etwas geahnt hätte. Amber quälte sich mit Selbstvorwürfen, fragte sich, ob sie nicht aufmerksam genug gewesen war, Vorzeichen zu erkennen. Ihre schwierige Beziehung zu Aidan und die Nachforschungen nach ihrem leiblichen Vater hatten sie beschäftigt, sodass für andere Dinge kein Platz vorhanden war. Nicht auszudenken, wenn Hermit sterben würde. Sie konnte und wollte sich das nicht vorstellen. Nicht Hermit, der rüstige Naturbursche, der nicht einmal je eine Erkältung gehabt hatte.
Amber begab sich auf den Heimweg und hing ihren trüben Gedanken nach. Nur Aidan konnte ihr jetzt Trost spenden. Sie rannte zu ihrem Mini, den sie oben an der Hauptstraße geparkt hatte. Atemlos setzte sie sich in den Wagen und brauste zum Schloss. Immer wieder kreisten ihre Gedanken um Hermit, der blass und kalt in seinem Sessel gesessen hatte. Sie konnte noch immer nicht fassen, was geschehen war. Hoffentlich kam er schnell wieder auf die Beine.
4
A idan suchte den Turm auf, als er spürte, dass die Starre nahte. Das Kribbeln, das in den Fingerspitzen begonnen hatte, breitete sich schnell über seinen Körper aus. Seine Haut bekam jedes Mal einen wächsernen Teint und seine Muskeln wurden hart wie Stein. Mittlerweile hatte er sich an diese Geißel gewöhnt, aber seine Scheu vor Amber nie abgelegt. Am Anfang seines Vampirdaseins hatte ihn die einsetzende Starre überrascht. Zwar begann sie jeden Morgen, wenn die Sonne am Horizont aufstieg, aber nicht zur selben Zeit. Es dauerte nicht lange, bis es ihm gelang, die körperlichen Zeichen zu deuten. Meistens schlief Amber noch, wenn es geschah. Sie kehrte erst gegen Mitternacht aus dem Theater zurück. Obwohl der Blutdurst wuchs, wartete er im Schloss auf sie, damit sie in seinen Armen einschlafen konnte.
Sie verbrachten immer weniger Zeit miteinander und er spürte, wie sie sich entfremdeten. Langsam, dass sie es kaum bemerkten, von Tag zu Tag ein Stückchen mehr.
Er rannte die steinerne Treppe hinauf, die zu dem Raum führte, in dem Revenant einst während der Blutrituale Menschen geopfert hatte. In der Nische hinter einem zerschlissenen Vorhang verbrachte er meistens die Zeit in der Starre. Durch die Kraft des Blutes war es ihm lange Zeit gelungen, sich Revenants Ruf in die Schattenwelt zu entziehen. Doch es war ein Trugschluss, zu glauben, er könnte dem Vampirlord für immer entrinnen. Früher genügte ihm das Blut eines Hasen, heute mussten mindestens ein Dutzend Nager oder größere Tiere dafür herhalten. Er spürte, dass ihm tierisches Blut nicht mehr genügte, sondern er nach menschlichem verlangte. Mit jedem Schluck schnürten sich Revenants Fesseln enger. Manchmal
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