Monde der Finsternis 03 - Mond der Ewigkeit
sah mit feuchten Augen zu ihm auf. Aidan war es ihm schuldig, den Wunsch zu erfüllen. Doch was wäre, wenn er nicht rechtzeitig mit Amber zurückkehrte und Hermit nur noch als Toten antraf? Daran durfte er nicht denken.
„Du wirst rechtzeitig zurückkehren, ich weiß es, Aidan“, sprach ihm der Alte Mut zu.
Sein Atem rasselte, als er in den Sessel zurücksank. Aidan hörte, wie Hermits Herz unregelmäßig schlug und wusste, dass ihm nicht viel Zeit verblieb, um Amber zu holen.
„Du kannst dich auf mich verlassen.“ Er drückte die Hand des Alten, bevor er das Haus verließ.
Mit dem Wagen würde er ein oder zwei Tage nach Glastonbury brauchen. Er musste sich seiner vampirischen Schnelligkeit bedienen. Leider hatte er sich über solch weite Entfernungen noch nicht transloziert. Aidan konzentrierte sich auf seine Kräfte, bis er in einen Zustand der Bewusstseinserweiterung fiel, die es ihm ermöglichte, seine Fähigkeiten zu kontrollieren. Er musste Ambers Gegenwart spüren, um ihren Aufenthaltsort zu bestimmen. Sein Körper fühlte sich schwerelos an. In seinem Kopf kreisten Bilder von Amber und Ruinen, immer schneller und schneller, bis sein Geist im Rausch der Geschwindigkeit versank.
14
N och immer kein Rückruf von Aidan! Es war zum Verrücktwerden. Wo steckte er nur? Wenn sie doch nur in Gealach sein könnte. Seufzend klappte Amber das Handy zu.
Die Spitze der Fibel, die noch immer in ihrer Hosentasche steckte, drückte sich schmerzhaft in ihren Bauch, als sie sich auf die Seite drehte, um das Handy auf den Nachttisch zurückzulegen. Irgendetwas stimmte nicht, das spürte sie. Sicher wäre es das Beste, sofort nach Hause zu fahren, denn diese Ungewissheit würde sie nicht zur Ruhe kommen lassen. Sie ärgerte sich über ihr Versprechen, heute Abend ein Fest zu besuchen. Weil Charles versprochen hatte, sie morgen zu einem Großonkel zu bringen, der damals ebenfalls das Festival besuchte, ließ sie sich überreden. Sie konnte die beiden, die sich bei der Recherche sehr viel Mühe gaben, nicht vor den Kopf stoßen. Sie nahm sich vor, Charles zu bitten, sie nach dem Fest zum Bahnhof zu bringen.
Der Regen trommelte unaufhörlich gegen das Fenster. Bei diesem Sauwetter verspürte sie keine Lust, auszugehen, auch wenn die Feier in einer Scheune stattfand. Lieber wäre sie auf dem Zimmer geblieben.
Die beiden würden sie in einer guten halben Stunde abholen. Es war Zeit, sich frisch zu machen und umzuziehen.
„Amber!“, rief eine Kinderstimme.
Sie fuhr herum und fingerte die Fibel aus der Hosentasche. Dann lief sie zur Kleiderkammer, deren Tür angelehnt war. Kein Zweifel, die Stimme kam von dort.
„Amber!“
Die Stimme wurde eindringlicher. In der fensterlosen Kleiderkammer war es stockdunkel. Das Regenwasser gluckerte in der Dachrinne. Zuerst wollte Amber das Licht einschalten, als das Bild eines Jungen im Spiegel erschien.
„Da bist du ja.“
William MacFarlane kniete auf dem Steinboden und hielt ein aus Holz geschnitztes Pferd in der Hand. Sein Haar war zerzaust und sein Gesicht von Tränen und Staub verschmiert. Er wirkte zerbrechlich und traurig, dass Amber Mitleid mit ihm empfand.
„Hat dein Vater dich wieder eingesperrt?“
Vor ein paar Wochen hatte sie schon einmal Zwiesprache mit dem Jungen gehalten im Schloss in Gealach. Sie wusste, wie sehr William unter der Härte seines Vaters litt und wie entbehrungsreich sein Leben war. Gewesen war, verbesserte sie sich, denn William MacFarlane war tot und zu einem Vampir mutiert. Kaum zu glauben, dass es sich bei dem Jungen und Revenant um ein- und dieselbe Person handelte.
William nickte und wischte sich eine Träne aus dem Augenwinkel.
„Was hast du denn angestellt?“ Neugierig trat Amber näher an den Spiegel. Sie war begierig, mehr über Williams Leben zu erfahren, wie es zu seiner Wandlung in einen Vampir gekommen war.
„Er wollte, dass ich den Hasen mit der Axt töte. Aber ich kann das nicht. Ich will keine Tiere töten.“
Der Junge schlug die Hände vors Gesicht. Sein Körper wurde von unzähligen Schluchzern geschüttelt. Und aus diesem Kind würde einst ein Vampirlord werden, der skrupellos mordete. Sein Schicksal erschütterte sie. Dieser Junge war hilflos und liebenswert. Lass dich nicht blenden, vergiss nie, wen du vor dir hast, ermahnte sie sich.
„Dann hat er mich mit dem Stock verprügelt und eingeschlossen. Hier.“
Er zog das verschmutzte Leinenhemd an einer Schulter hinunter. Nur mühsam unterdrückte sie einen
Weitere Kostenlose Bücher