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Monde der Finsternis 03 - Mond der Ewigkeit

Monde der Finsternis 03 - Mond der Ewigkeit

Titel: Monde der Finsternis 03 - Mond der Ewigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elke Meyer
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Aufschrei, als sie die geschwollene Schulter sah, über die sich eine tiefe Platzwunde zog. Sie hasste Gewalt, und gegen Kinder erst recht. Williams und Aidans Schicksale ähnelten sich, beide besaßen keine gute Beziehung zu ihren Vätern und beide waren in einen Vampir verwandelt worden.
    „Ich habe Hunger.“ William nahm die Hände vom Gesicht und sah auf. In seinem verschmierten Gesicht zuckte es.
    „Warte, ich bringe dir etwas zu essen.“ Amber dachte an die Obstschale, die auf dem Tisch ihres Zimmers stand. Einen Versuch war es wert. Ohne seine Antwort abzuwarten, lief sie zum Tisch. Sie griff nach dem Apfel, der obenauf lag und rannte zurück.
    Der Junge sah ihr erwartungsvoll entgegen. Amber rieb an der Fibel und trat mit dem Apfel durch den Spiegel in das feuchte Kellergefängnis, das nur von einer Fackel beleuchtet wurde. In einer Ecke lag Stroh, darüber eine Decke. Daneben stand eine hölzerne Schale mit Essen gefüllt, das mit unzähligen Fliegen übersät war. Bei dem Anblick des grauen Breis konnte Amber William verstehen, dass er sich weigerte, es zu essen. Für sein Alter war der Junge zu dünn, und sie fragte sich, wie lange er schon in diesem Keller fristete.
    Williams Augen strahlten, als er das Obst an sich riss und herzhaft hineinbiss. Eine Weile beobachtete Amber, wie er Stück für Stück verschlang. Der Junge war älter als bei ihrer letzten Begegnung. Sie schätzte ihn auf zehn. Würde sie ihn auch als Krieger kennenlernen? Vielleicht sogar erfahren, wie sich seine Wandlung vollzogen hatte? Hatte er Ähnliches danach durchgemacht wie Aidan? Die Stimmungsschwankungen, die Unbeherrschtheit?
    Aidan war nicht mehr derselbe. Der einst liebe- und humorvolle Mann war zynisch und unberechenbar, von seinen Eifersuchtsausbrüchen ganz zu schweigen. Sie musste herausfinden, ob es William ähnlich ergangen war und ob sie das Schicksal beider abwenden könnte.
    „Danke für den Apfel. Wieso kannst du in meine Zeit reisen?“ William wischte sich mit dem Ärmel den Mund ab.
    Amber zuckte mit den Achseln. „Ich weiß es nicht.“
    „Egal, Hauptsache du bist da. Du bist der einzige Mensch, der gut zu mir ist. Außer Myrddin.“
    „Myrddin?“
    „Unser Magier. Und mein bester Freund. Du musst ihn unbedingt kennenlernen. Vielleicht weiß er, wie du das schaffst? Magier wissen doch immer alles.“
    „Vielleicht.“ Der Name klang seltsam vertraut. Sicher hatte Hermit ihn einmal erwähnt. „Wenn er dein Freund ist, warum lässt er zu, dass du eingesperrt und geschlagen wirst?“
    „Vater würde ihn verbrennen, wenn er sich einmischt. Aber er besucht mich manchmal heimlich. Eines Tages werde ich wie mein Vater auch ein Lord sein. Dann wird Myrddin mein Vertrauter. Aber erst muss ich ein Krieger werden.“
    „Bis dahin vergeht noch viel Zeit.“
    William schüttelte den Kopf. „Nein, Vater meint, ich soll schon nach Beltane ins Lager der Krieger ziehen. Dann kann ich beweisen, dass ich der Beste bin und Lord werden kann.“
    Amber schluckte und stöhnte innerlich auf. Und ob er ein Krieger werden würde, ein Krieger der Finsternis. Könnte sie das doch nur verhindern. Die Risiken und Konsequenzen abzuschätzen, die die Geschichte verändern könnten, waren nicht absehbar. Amber verspürte das Gefühl, den Jungen zu beschützen. Er hatte nach dieser unglücklichen Kindheit ein anderes Los verdient. Sie strich ihm über den Schopf und war versucht, ihm von der Zukunft zu erzählen. Doch dann überlegte sie es sich anders. Sie wusste nicht, ob er es verstanden hätte, aber es könnte ihn erschrecken. „Als Lord darf ich mir eine Frau wählen. Vielleicht nehme ich dich.“
    Amber lachte. „Um Gottes willen, such dir lieber ein Mädchen deines Alters.“
    Er legte den Kopf schief und lächelte sie an. „Ich bin schon elf! Na ja, bald. Du bist hübsch und klug. Mein Vater sagt, dass ein Weib nur hübsch sein und viele kräftige Kinder gebären muss. Ich finde Klugheit auch wichtig. Ich werde Myrddin bitten, mir zu zeigen, wie ich durch die Zeit reisen kann. Dann kann ich zu dir kommen.“
    Er sah sie so treuherzig an, dass ihr warm ums Herz wurde, und sie für einen Augenblick vergaß, dass er ihr Feind sein würde.
    „Wer weiß, was die Zukunft bringt“, antwortete sie, „vielleicht werden wir uns wirklich eines Tages wiedersehen. Das steht in den Sternen. Bis dahin hast du die Richtige gefunden.“ Vergiss nicht schon wieder, wer er sein wird, ermahnte sie sich. Das würde sie gewiss nicht, denn

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